BGE 93 IV 7 | |||
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3. Urteil des Kassationshofes vom 23. Februar 1967 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg. | |
Regeste |
Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. |
2. Hat ein Jugendlicher sich teils vor und teils nach Erreichung des achtzehnten Altersjahrs strafbar gemacht, so ist Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB sinngemäss anzuwenden. Deshalb muss für die Jugendverfehlung die Strafdrohung für Jugendliche (Einschliessung), nicht diejenige für Erwachsene gemäss den besonderen Bestimmungen des StGB massgebend sein. Damit ist die spätere Tat die schwerste Tat (Erw. 2 a). | |
Sachverhalt | |
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Am 29. Februar 1964 meldete er der Versicherungsgesellschaft UTO AG sowie dem Polizeiposten von Schwarzsee wahrheitswidrig, es seien ihm ein Paar Ski gestohlen worden. Auf Grund dieser Anzeige überwies ihm die Versicherungsgesellschaft einen Betrag von Fr. 350.--.
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Am 17. März 1965, also kurz nachdem er das neunzehnte Altersjahr zurückgelegt hatte, erstattete er seiner Versicherungsgesellschaft und der Polizei wahrheitswidrig Anzeige über einen weiteren Ski-Diebstahl. Es gelang ihm jedoch nicht, die Auszahlung der Versicherungssumme von Fr. 400.-- zu erwirken. Der betrügerischen Angaben überführt, beeilte er sich, der Versicherungsgesellschaft den 1964 zu Unrecht bezogenen Betrag von Fr. 350.-- nebst Fr. 52.50 Spesen zu ersetzen.
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B.- Der Strafkassationshof des Kantonsgerichtes von Freiburg erkannte mit Urteil vom 16. Mai 1966 X. der Unzucht mit einem Kinde sowie des Betruges und des (vollendeten) Betrugsversuches schuldig und verurteilte ihn, in Abänderung eines Urteils des Kriminalgerichtes des Sensebezirkes, zu einer auf eine Probezeit von 2 Jahren bedingt aufgeschobenen Gefängnisstrafe von 4 Monaten.
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C.- X. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kassationsgerichtes sei wegen Verletzung der Art. 89 ff., 95 StGB aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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2. Die Vorinstanz geht davon aus, dass auf die vom Beschwerdeführer vor dem 18. Altersjahr verübten Taten die Art. 89 und 95 StGB und auf den im Alter zwischen 18 und 20 Jahren begangenen Betrugsversuch Art. 100 StGB anzuwenden seien. Daran knüpft sie die Erwägung, X. habe seither die Rekrutenschule absolviert und sich verheiratet; die im Verlaufe der Untersuchung und der Verhandlungen über ihn eingezogenen Führungsberichte rechtfertigten es, von der Anordnung einer Massnahme im Sinne der Art. 91 und 92 StGB abzusehen, es bleibe daher lediglich die Verfällung zu einer Strafe nach Art. 95 StGB. Angezeigt sei eine Gefängnisstrafe von vier Monaten unter Zubilligung des bedingten Strafvollzuges nach Art. 96 und 41 StGB auf eine Probezeit von zwei Jahren.
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a) Das ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden. Da er weder sittlich verwahrlost noch sittlich verdorben oder gefährdet ist, durch seine Taten keinen hohen Grad der Gefährlichkeit offenbart hat und keiner besonderen Behandlung bedarf, hat die Vorinstanz mit Recht für die vor dem achtzehnten Altersjahr begangenen Verfehlungen nicht auf eine Massnahme, sondern auf eine Strafe erkannt (Art. 95 Abs. 1 StGB). Diese Strafe war mit derjenigen für die nach dem achtzehnten Altersjahr verübte Tat in Anlehnung an Art. 68 StGB zu einer einheitlichen Strafe zu verbinden (BGE 92 IV 84). Hat jemand mehrere Freiheitsstrafen verwirkt, so verurteilt ihn der Richter gemäss Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu der Strafe der schwersten Tat und erhöht deren Dauer angemessen; er kann jedoch das höchste Mass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen und ist an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. Wie der Kassationshof wiederholt entschieden hat, kann schwerste Tat im Sinne des Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB nur die mit der schwersten Strafe bedrohte, nicht die nach den Umständen des konkreten Falles verschuldensmässig am schwersten wiegende Tat sein. Die gegenteilige Auffassung hätte die widersinnige Folge, dass immer dann eine Milderung statt eine Verschärfung des Strafrahmens einträte, wenn die obere Grenze des Rahmens der konkret schwereren Tat um mehr als ein Drittel unter der oberen Grenze des Rahmens der konkret leichteren Tat bleibt (nicht veröffentlichte Urteile des Kassationshofes vom 9. Februar 1952 i.S. Zurkirchen, vom 13. Juni 1952 i.S. Bachofen).
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Für die von X. vor dem achtzehnten Altersjahr begangene Unzucht mit einem Kinde reicht der Strafrahmen bis auf 20 Jahre Zuchthaus (Art. 191 Ziff. 1 Abs. 1 und 35 Ziff. 1 StGB), während auf dem nachher verübten Betrugsversuch nur Zuchthaus bis zu fünf Jahren steht (Art. 148 Abs. 1 StGB). Darnach wäre also das Unzuchtsdelikt des Jugendlichen die schwerste Tat. Für die Jugendlichen gelten indessen die Strafdrohungen der besonderen Bestimmungen des Strafgesetzbuches nicht, sondern, soweit es um Bestrafung geht, ausschliesslich Art. 95 StGB, der Einschliessung von einem Jahr als Höchststrafe vorsieht. Da somit die Unzucht mit einem Kinde lediglich mit Einschliessung zu bestrafen ist, ist der eine Erwachsenenstrafe bis zu fünf Jahren Zuchthaus nach sich ziehende Betrugsversuch im vorliegenden Fall die schwerste Handlung im Sinne von Art. 68 Ziff. 1 StGB. Würde gleichwohl von der Einschliessung als Einsatzstrafe, nach der die Gesamtstrafe gemäss Art. 68 StGB zu bestimmen ist, ausgegangen, wäre das Ergebnis wiederum widersinnig. Es kann nicht der Wille des Gesetzes sein, dass beim Zusammentreffen von Jugendverfehlung und Erwachsenendelikt die Einsatzstrafe nachjener bestimmt werde, mit der Folge, dass die nach Art. 68 StGB auszufällende einheitliche Strafe nur im Rahmen der Einschliessungsstrafe verschärft werden könnte, gleichviel wie oft und wie verschuldensmässig schwer der Täter sich im Erwachsenenalter erneut verfehlt hat. Damit würde der Täter, der sowohl vor wie nach dem achtzehnten Altersjahr delinquiert, gegenüber demjenigen privilegiert, der lediglich nachher straffällig wird und den die volle Strenge des Gesetzes trifft. In sinngemässer Anwendung von Art. 68 StGB muss deshalb in solchen Fällen zur Bestimmung der mit der schwersten Strafe bedrohten Tat für das Jugenddelikt die Strafdrohung für Jugendliche, nicht diejenige für Erwachsene gemäss den besonderen Bestimmungen des Strafgesetzbuchs massgebend sein. Dann aber ist die spätere Tat die schwerste Tat (ebenso SCHWANDER, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, 2. Auflage, S. 289). Für diese ist, wie die Vorinstanz das getan hat, eine Strafe festzusetzen und zu verschärfen für das Jugenddelikt.
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b) Diese Auffassung steht nicht im Widerspruch zu BGE 92 IV 122. Nach jenem Entscheid zu Art. 98 StGB beurteilt sich die Frage, ob die Straftat eines Jugendlichen als Verbrechen, Vergehen oder Übertretung zu würdigen ist und wann sie verjährt, nach den Bestimmungen des allgemeinen Strafrechts und nicht des Jugendstrafrechts. Art. 98 knüpft an die allgemeinen Verjährungsfristen des Art. 70 StGB an, in dem die Verjährungsfristen abgestuft sind nach der Strafe, mit der die Tat bedroht ist. Angedroht aber ist nicht die Strafe, mit der ein bestimmter Täter für eine Handlung belegt werden muss, sondern diejenige, welche das Gesetz in der Strafbestimmung für eine Tat der betreffenden Art in Aussicht stellt. In der Strafdrohung kommt die objektive Schwere der Tat zum Ausdruck, die deshalb für die Verjährung massgebend sein muss. Objektiv ist eine Tat gleich schwer, ob sie von einem Erwachsenen oder einem Jugendlichen begangen wird. Deshalb ist bei strafbaren Handlungen Jugendlicher für die Verjährung nicht auf die Person des Täters, sondern auf die Schwere der Tat abzustellen.
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Bei der Bestimmung der mit der schwersten Strafe bedrohten Tat im Sinne von Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB werden zwar ebenfalls die Strafdrohungen verglichen, jedoch nur zur Feststellung des Strafrahmens. Ist dieser bestimmt, wird die Strafe für die schwerste Tat gemäss Art. 63 zugemessen und wegen der konkurrierenden Taten gemäss Art. 68 (und wieder Art. 63) geschärft. Während es bei Art. 68 um die Strafzumessung bei Real- und Idealkonkurrenz, somit im wesentlichen um das Verschulden geht, legt Art. 70 für die Verjährung die Strafdrohungen zugrunde ohne Rücksicht auf Verschulden und Person des Täters. Die unterschiedliche Behandlung der Strafdrohungen ergibt sich somit zwangsläufig aus den verschiedenen Zwecken der Art. 68 und 70 StGB.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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