BGE 94 IV 44 | |||
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12. Entscheid der Anklagekammer vom 1. Februar 1968 i.S. Verhöramt des Kantons Zug gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. | |
Regeste |
Art. 264 BStP, Art. 351 StGB. |
2. Ebensowenig darf die vorläufige Vereinigung der Untersuchung in der Hand einer Behörde leichthin als Anerkennung der Zuständigkeit ausgelegt werden. |
3. Eine Abweichung von den gesetzlichen Gerichtsstandsbestimmungen ist nur von Fall zu Fall möglich. | |
Sachverhalt | |
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a) am 13./14. Juni 1967 in Zollikon (ZH) einen Diebstahl an Gebrauchsgegenständen, die Tusulin in seinem Auto zurückgelassen hatte;
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b) am 17./18. Juni 1967 in Küsnacht (ZH) einen ähnlichen Diebstahl zum Nachteil von Polla;
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c) am 21./22. Juni 1967 in Baar (ZH) einen Einbruchdiebstahl zum Nachteil der Garage Herzog;
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d) am 3./4. Juli 1967 in Bäch (SZ) einen Einbruchdiebstahl zum Nachteil der Garage Knecht;
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e) am 16. Juli 1967 in Walchwil (ZG) einen Einbruchdiebstahl zum Nachteil der Zugersee-Garage;
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f) am 16. Juli 1967 in Altdorf einen Autodiebstahl;
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g) am 12./13. August 1967 in Affoltern a.A. (ZH) einen Einbruchdiebstahl zum Nachteil der Albis-Garage;
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h) am 13. August 1967 in Zürich eine Widerhandlung gegen Verkehrsvorschriften;
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i) am 13./14. August 1967 in Goldau (SZ) einen Einbruchdiebstahl zum Nachteil der Garage Odermatt;
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k) am 19. August 1967 in Lauerz (SZ) einen Benzindiebstahl;
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l) an einem unbekannten Tage im Sommer 1967 auf einem Camping-Platz im Tessin einen Diebstahl an Gebrauchsgegenständen.
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Nörenberg hat zudem Ende Juli oder anfangs August 1967 in Italien je einen Fahrzeug- und Versicherungsausweis gefälscht.
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B.- Am 6. September 1967 wurde Nörenberg dem Verhöramt des Kantons Zug zugeführt, das ihn insbesondere wegen der in diesem Kanton begangenen Einbruchdiebstähle in Untersuchung zog. Als das Verhöramt erfuhr, dass der in Zollikon verübte Diebstahl den zürcherischen Behörden bereits am 14. Juni 1967 angezeigt wurde, ersuchte es die Bezirksanwaltschaft Zürich, die Strafverfolgung gestützt auf Art. 350 Ziff. 1 Abs. 2 StGB zu übernehmen. Die Bezirksanwaltschaft ging auf das Begehren jedoch nicht ein, da Nörenberg den Diebstahl in Zollikon bestreite, der Schwerpunkt seiner strafbaren Tätigkeit in der Innerschweiz liege und das Verfahren in Zug schon weit fortgeschritten sei. Das Verhöramt wandte sich daraufhin an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, die die Zuständigkeit der zürcherischen Behörden ebenfalls verneinte. Anfangs Januar 1968 vernahm das Verhöramt, dass der in Küsnacht begangene Diebstahl der Zürcher Kantonspolizei am 20. Juni 1967 angezeigt wurde. Es gelangte alsdann mit einem weitern Begehren an die zürcherischen Behörden, die an ihrer Weigerung, die Strafverfolgung zu übernehmen, aber festhielten.
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C.- Mit Eingabe vom 19. Januar 1968 ersucht das Verhöramt die Anklagekammer des Bundesgerichts, die Behörden des Kantons Zürich mit der weitern Verfolgung und Beurteilung Nörenbergs zu beauftragen.
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D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt, das Gesuch abzuweisen.
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Die Anklagekammer zieht in Erwägung: | |
Es ist unbestritten, dass der gesetzliche Gerichtsstand zur Verfolgung Nörenbergs sich im Kanton Zürich befindet. Streitig ist bloss, ob ausnahmsweise aus Zweckmässigkeitsgründen von der gesetzlichen Ordnung abzuweichen sei. Die Gesuchsgegnerin hält eine Abweichung für geboten, weil das Verhöramt des Kantons Zug die Untersuchung bereits so gut wie abgeschlossen habe und eine Abtretung des Verfahrens im heutigen Zeitpunkt zu einer erheblichen Verzögerung führen würde, die besonders im Hinblick darauf, dass der Angeschuldigte sich seit dem 21. August 1967 in Haft befinde, nicht verantwortet werden könne.
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Dem ist vorweg entgegenzuhalten, dass ein Kanton, der sich um die Abklärung der Zuständigkeit bemüht, bei der Festsetzung des Gerichtsstandes nicht benachteiligt werden darf. Solange die Frage der Zuständigkeit offen oder, wie hier, sogar streitig ist, bleibt jeder Kanton verpflichtet, die sein Gebiet betreffenden Tatsachen soweit zu erforschen, als es der Entscheid über den Gerichtsstand erfordert (BGE 81 IV 73 Erw. 4). Auch darf die vorläufige Vereinigung der Untersuchung in der Hand einer Behörde nicht leichthin als Anerkennung der Zuständigkeit ausgelegt werden; selbst wenn die Behörde bei der Ermittlung der Tatsachen, die für die Festlegung des Gerichtsstandes von Bedeutung sind, verhältnismässig viel Zeit beansprucht oder im Interesse der raschen Abwicklung des Strafverfahrens darüber hinausgeht, darf ihr das nicht zum Nachteil gereichen (BGE 73 IV 144, BGE 86 IV 132 Nr. 33). Würde anders entschieden, so könnte ein Kanton die Möglichkeit, die weitere Verfolgung und Beurteilung zu übernehmen, gerade dadurch beeinflussen, dass er entgegen seiner Pflicht, bei der Ermittlung des Gerichtsstandes mitzuwirken, untätig bleibt. Dies müsste sich nicht nur auf die Abklärung künftiger Fälle, sondern auch auf die Zusammenarbeit der Behörden ungünstig auswirken.
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Dass der Kanton Zürich in Fällen wie dem vorliegenden Gegenrecht halten will, hilft darüber nicht hinweg. Das gilt umsomehr, als eine Abweichung von den gesetzlichen Gerichtsstandsbestimmungen nur von Fall zu Fall möglich ist (vgl. PANCHAUD, Schweiz. Juristische Kartothek, Karte 899 S. 10 Ziff. 3). Ebensowenig hilft der Gesuchsgegnerin, dass die Anklagekammer des Bundesgerichts eine Änderung des Gerichtsstandes zu vermeiden pflegt, wenn das Untersuchungsverfahren, wie hier, nahezu abgeschlossen ist (BGE 71 IV 62). Die Gesuchstellerin hat die zürcherischen Behörden schon mit Schreiben vom 13. November 1967 darauf aufmerksam gemacht, dass der gesetzliche Gerichtsstand sich im Kanton Zürich befindet. Dass Nörenberg den Diebstahl in Zollikon bestritt, stand dem nicht entgegen. Der Angeschuldigte trug bei seiner Verhaftung verschiedene Gegenstände auf sich, die aus dem Wagen Tusulins stammten. Das war nach den Akten Grund genug, ihn auch deswegen in Untersuchung zu ziehen, was die zürcherischen Behörden hätte veranlassen sollen, die Tat bei der Anwendung des Art. 350 Ziff. 1 StGB zu berücksichtigen. Der Umstand, dass das Verhöramt die Untersuchung fortsetzte und noch zweimal an den Kanton Zürich gelangte, bevor es die Anklagekammer anrief, kann seinem Gesuch ebenfalls nicht schaden, zumal es ihm weiterhin besonders darum ging, eine sichere Grundlage zur Festsetzung des Gerichtsstandes zu schaffen. Der Einwand der Bezirksanwaltschaft sodann, das Schwergewicht der strafbaren Tätigkeit Nörenbergs befinde sich in der Innerschweiz, war von vorneherein nicht geeignet, die Zuständigkeit der Zuger Behörden zu begründen. Der Gerichtsstand bestimmt sich nach Kantonen, nicht nach Landesgegenden. Schliesslich lässt sich auch nicht sagen, dass die Aburteilung Nörenbergs erheblich verzögert werde, wenn der Kanton Zürich zuständig erklärt wird. Gewiss müssen die Geschädigten noch in Gegenwart des Angeschuldigten als Zeugen einvernommen werden (vgl. § 10 Abs. 2 und 14 Abs. 1 zürch. StPO). Die zürcherischen Behörden können sich dabei jedoch weitgehend auf die Untersuchungsergebnisse des Zuger Verfahrens stützen, in dem die meisten Fälle bereits abgeklärt wurden; sie brauchen die Untersuchung also keineswegs von vorne aufzunehmen.
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Liegen somit keine triftigen Gründe vor, die ein Abweichen von der gesetzlichen Ordnung rechtfertigen würden, so muss das Gesuch des Verhöramtes gutgeheissen werden.
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Demnach erkennt die Anklagekammer:
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