BGE 94 IV 49 | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
13. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. Juli 1968 i.S. Füchslin und Beglinger gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau. | |
Regeste |
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1, 68 Ziff. 2, 363 Abs. 4 StGB. | |
Aus den Erwägungen: | |
Die Nichtigkeitsbeschwerde von Füchslin richtet sich einzig gegen die Weigerung des Obergerichts, dem Verurteilten für die Zusatzstrafe von sechs Monaten Gefängnis den bedingten Aufschub zu gewähren.
| 1 |
a) Die Vorinstanz begründet die Weigerung vor allem damit, dass die neue Strafe zusammen mit einer frühern Zusatzstrafe von vier Monaten Gefängnis (Urteil des Bezirksgerichtes Uster vom 14. Februar 1968) und der Grundstrafe von acht Monaten Gefängnis (Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 7. Januar 1965) eine Gesamtstrafe von 18 Monaten ergebe, folglich schon von Gesetzes wegen nicht bedingt aufgeschoben werden dürfe. Der Beschwerdeführer hält dem insbesondere entgegen, dass die Grundstrafe vom 7. Januar 1965 im Strafregister bereits gelöscht worden sei und daher bei der Anwendung des Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB nicht mehr herangezogen werden könne, da sonst eine erneute Verurteilung mit bedingtem Strafvollzug aus rein formalen Gründen verunmöglicht würde.
| 2 |
Wie der Kassationshof in BGE 76 IV 75 entschieden hat, kann der VOIlzug einer Zusatzstrafe nicht bedingt aufgeschoben werden, wenn diese Strafe und die Grundstrafe zusammen ein Jahr übersteigen. Dass im vorliegenden Fall die Löschung der Grundstrafe bereits angeordnet war, als die zweite Zusatzstrafe ausgefällt wurde, rechtfertigt keine Ausnahme. Selbst wenn die Löschung zu Recht erfolgte, wurde das Urteil über die Grundstrafe dadurch nicht aufgehoben. Eine solche Massnahme bewirkt bloss, dass das Urteil gewissen Behörden nicht mehr mitgeteilt und die darin ausgesprochene Freiheitsstrafe nicht mehr vollzogen werden darf. Für Untersuchungsämter und Strafgerichte bleibt der Strafregistereintrag dagegen auch nachher noch von Bedeutung, da er ihnen unter Hinweis auf die Löschung weiterhin mitzuteilen ist, wenn die Person, über welche sie Auskunft verlangen, sich strafrechtlich zu verantworten hat (Art. 363 Abs. 4 StGB). Diese Mitteilung aber hat ihren Sinn gerade darin, dass die Strafgerichte bei einer neuen Aburteilung eines Angeschuldigten auch gelöschte Strafen berücksichtigen (BGE 69 IV 202 Erw. 4, BGE 71 IV 31).
| 3 |
Das ist kein Formalismus, sondern entspricht dem Sinn und Zweck des Gesetzes, insbesondere von Art. 68 Ziff. 2 StGB. Diese Bestimmung will das Gleichgewicht mit der Gesamtstrafe ermöglichen, welche bei gleichzeitiger Beurteilung aller Straftaten auszufällen gewesen wäre; sie will den Täter durch die Aufteilung der Strafverfolgung in mehrere Verfahren also weder benachteiligen noch besserstellen (BGE 69 IV 58, BGE 80 IV 225). Die Besserstellung lässt sich hier freilich insofern nicht vermeiden, als es unter der Voraussetzung, dass die Löschung der Grundstrafe zu Recht erfolgte (BGE 76 IV 10), nicht nur dabei bleibt, sondern auch beim bedingten Aufschub der ersten Zusatzstrafe sein Bewenden hat, bei gleichzeitiger Beurteilung dagegen alle Straftaten mit unbedingter Strafe hätten gesühnt werden müssen. Umso stossender wäre es, wenn das Obergericht die Grundstrafe wegen der Löschung hätte ignorieren müssen, als es über den bedingten Aufschub der zweiten Zusatzstrafe zu entscheiden hatte. Eine solche Auslegung des Gesetzes hat der Kassationshof denn auch schon für den Fall, dass eine Grund- oder Zusatzstrafe gnadenweise erlassen worden ist, als irrtümlich verworfen (BGE 80 IV 10).
| 4 |
5 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |