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Informationen zum Dokument  BGE 96 IV 86  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
21. Entscheid der Anklagekammer vom 19. August 1970 i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen Nomura.
 
 
Regeste
 
1. Art. 11, 127 ff. und 214 BStP. Aufgaben der Anklagekammer im Bundesstrafverfahren.  
 
Sachverhalt
 
BGE 96 IV, 86 (86)A.- Die Bundesanwaltschaft setzte den in Düsseldorf wohnenden japanischen Staatsangehörigen Mitsuo Nomura, gegen den sie ein Ermittlungsverfahren wegen wirtschaftlichen Nachrichtendienstes führt, in Sicherungshaft. Nachdem der Beschuldigte bei ihr Fr. 100'000.-- als Sicherheit hinterlegt hatte, hob sie die Haft am 28. Juli 1970 auf. Der Verteidiger beantragte hierauf, den hinterlegten Barbetrag durch eine Bürgschaft des Schweizerischen Bankvereins in gleicher Höhe ersetzen zu BGE 96 IV, 86 (87)dürfen. Die Bundesanwaltschaft war unter Vorbehalt der Zustimmung der Anklagekammer einverstanden, worauf der Schweizerische Bankverein am 4. August sich schriftlich als Bürge verpflichtete.
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B.- Mit Eingabe vom 7. August legt die Bundesanwaltschaft der Anklagekammer des Bundesgerichtes diese Bürgschaftserklärung "angesichts der sehr weit gefassten Bestimmung des Art. 54 Abs. 2 letzter Satz zur allfällig als notwendig erachteten Genehmigung vor".
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Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
 
Die Bestimmungen über die Ermittlungen der gerichtlichen Polizei (Art. 100-107 BStP) räumen der Anklagekammer keinerlei Befugnisse ein. Die Ermittlungen werden vom Bundesanwalt geleitet (Art. 15, 104 Abs. 1 BStP), der dabei unter der Aufsicht und Leitung des Bundesrates steht (Art. 14 Abs. 1 BStP). Die Anklagekammer ist nicht befugt, dem Bundesanwalt Weisungen zu erteilen. Ihre Aufgaben im Bundesstrafverfahren erschöpfen sich in der Aufsicht über die Voruntersuchung, im Entscheid von Beschwerden gegen den Untersuchungsrichter und in der Beschlussfassung über die Zulassung oder Nichtzulassung der Anklage (Art. 11, 214, 127 ff. BStP). Verhaftungen und Haftentlassungen sind der Anklagekammer denn auch nur dann mitzuteilen, wenn sie während der Voruntersuchung verfügt werden (Art. 51 Abs. 1 BStP). Auch kann sich der Beschuldigte gegen die Abweisung seines Haftentlassungsgesuches nur dann bei der Anklagekammer beschweren, wenn sie durch den Untersuchungsrichter erfolgt (Art. 52 Abs. 2 BStP).
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Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BStP, wonach die Sicherheitsleistung durch Bürgschaft der Genehmigung durch die Anklagekammer unterliegt, kann daher nicht den Sinn haben, die Anklagekammer sei auch dann anzugehen, wenn der Bundesanwalt im Ermittlungsverfahren den Beschuldigten gegen Bürgschaft in Freiheit lassen oder aus der Haft entlassen oder eine in Geld oder Wertgegenständen hinterlegte Sicherheit gegen Bürgschaft freigeben will. In der Pflicht zur Einholung der Zustimmung der Anklagekammer läge eine Unterwerfung des Bundesanwaltes unter deren Aufsicht. Es ist nicht zu ersehen, inwiefern das Gesetz diese beschränkte Aufsicht durch die Anklagekammer BGE 96 IV, 86 (88)für nötig erachten könnte, wo es sie im übrigen allgemein und im besonderen in Haftsachen ablehnt. Es wäre namentlich nicht zu verstehen, weshalb es der Anklagekammer nicht auch das Recht einräumt, dem Bundesanwalt auf Beschwerde des Beschuldigten hin die Annahme einer Bürgschaft vorzuschreiben oder die Haftentlassung - mit oder ohne Bestellung einer Sicherheit - anzuordnen.
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Dass Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BStP nach seinem Wortlaut nicht ausdrücklich bloss dann gelten will, wenn die Sicherheitsleistung durch Bürgschaft vom Untersuchungsrichter angenommen wird, führt zu keinem anderen Schluss. Nach dem ersten Satze des Art. 54 Abs. 2 BStP bestimmt "der Richter" den Betrag und die Art der Sicherheit. Diese Norm ist also nicht direkt auch auf das Ermittlungsverfahren der gerichtlichen Polizei zugeschnitten, denn in diesem Verfahren gibt es keinen Richter. Es war deshalb überflüssig, im zweiten Satze des Art. 54 Abs. 2 auszudrücken, dass er im Ermittlungsverfahren nicht anwendbar sei. Seine Geltung in diesem Verfahren würde einen Analogieschluss erfordern. Ein solcher ist jedoch nicht am Platze, da die Anklagekammer die Tätigkeit, welche die Bundesanwaltschaft im Ermittlungsverfahren entfaltet, nicht zu beaufsichtigen hat.
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Auch aus Art. 45 Ziff. 1 BStP, wonach der Bundesanwalt und die nach kantonalem Recht zuständigen Beamten der gerichtlichen Polizei "die Vorschriften dieses Gesetzes zu befolgen haben", wenn sie einen Haftbefehl erlassen, kann die Geltung des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 für das Ermittlungsverfahren nicht abgeleitet werden. Art. 45 Ziff. 1 BStP bestimmt nur, was die Organe der gerichtlichen Polizei in Haftangelegenheiten tun oder nicht tun dürfen, unterwirft sie dagegen nicht der Aufsicht der Anklagekammer. Das gleiche ist in bezug auf das Recht zur Beschlagnahme und zur Durchsuchung (Art. 73 Abs. 1 BStP) zu sagen. Aus dem zweiten Satze dieser Bestimmung kann nicht abgeleitet werden, das in Art. 69 Abs. 3 BStP vorgesehene Recht der Anklagekammer, über Einsprachen gegen die Durchsuchung von Papieren zu entscheiden, gelte auch im Ermittlungsverfahren.
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Im gleichen Sinne hat die Anklagekammer bereits am 1. April 1942 i.S. Rüttimann über eine Beschwerde wegen Verweigerung der Akteneinsicht (Art. 124 BStP) entschieden (vgl. ferner STÄMPFLI, Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege, BGE 96 IV, 86 (89)Anm. zu Art. 52 und 214; Geschäftsbericht des Bundesrates 1941 S. 178, 1945 S. 243).
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Demnach erkennt die Anklagekammer:
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Auf das Gesuch der Bundesanwaltschaft wird nicht eingetreten.
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