![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
29. Urteil des Kassationshofes vom 30. November 1970 i.S. Leibundgut gegen Generalprokurator des Kantons Bern. | |
Regeste |
Art. 169 StGB. |
Dabei sind vom Bruttoeinkommen die auf die Pfändungsperiode entfallenden Gewinnungskosten abzuziehen, und zwar auch dann, wenn diese erst später bezahlt werden. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
2 | |
Gegen die Verurteilung appellierte Leibundgut an das Obergericht des Kantons Bern. In der Hauptverhandlung schloss sich der Generalprokurator seinem Antrag auf Freispruch an. Die II. Strafkammer des Obergerichts bestätigte am 30. Januar 1970 den Schuldspruch und setzte die Strafe auf drei Monate Gefängnis herab.
| 3 |
C.- Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, das Urteil des bernischen Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
| 4 |
D.- Der Generalprokurator des Kantons Bern hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
| 5 |
Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
6 | |
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts sind unter Sachen im Sinne dieser Bestimmung auch Rechte und andere Forderungen zu verstehen (BGE 87 IV 118 lit. a), namentlich der Anspruch auf Lohn und anderes Arbeitseinkommen, gleichgültig, ob der Verdienst aus unselbständiger oder selbständiger Erwerbstätigkeit stammt (BGE 84 IV 155). Art. 169 StGB erfasst auch den gepfändeten Anspruch auf Lohn, der noch nicht verdient ist, und ebenso den gepfändeten künftigen Verdienst aus selbständiger Arbeit (BGE 82 IV 187, BGE 84 IV 155, BGE 85 III 38, BGE 86 III 15, 53, BGE 91 IV 69).
| 7 |
2. Das Einkommen aus selbständiger Berufstätigkeit ist insoweit pfändbar, als es nach Abzug der notwendigen Auslagen (Gestehungs- oder Gewinnungskosten) den Notbedarf des Schuldners übersteigt (BGE 86 III 16). Zu diesem Zweck hat das Betreibungsamt auf Grund des durchschnittlichen Ertrages und Aufwandes das zu erwartende durchschnittliche Reineinkommen einerseits und das Existenzminimum anderseits festzustellen und gestützt darauf einen bestimmten Betrag zu bestimmen, der monatlich abzuliefern ist, sofern nicht auf künftige monatliche Abrechnung hin ein veränderlicher Betrag, ![]() | 8 |
9 | |
Dieses Vorgehen ist bei der Verdienstpfändung eines selbständigerwerbenden Schuldners, insbesondere eines solchen mit unregelmässigen Einnahmen und Auslagen, unzutreffend. Wäre der Schuldner bei der Pfändung eines festen Monatsbetrages nur ablieferungspflichtig, wenn sein Verdienst in den einzelnen Monaten das Existenzminimum übersteigt, käme man zum unbefriedigenden Ergebnis, dass der Schuldner die Höhe der abzuliefernden Beträge weitgehend selber bestimmen könnte, indem er in den Monaten, in denen er den Verdienst absichtlich unter den Notbedarf sinken lässt, nichts zu bezahlen hätte, in andern dagegen, in denen er für ein übermässig hohes Einkommen sorgt, trotzdem nur die festgesetzte Quote abliefern müsste. Die Annahme der Vorinstanz, dass der jeweilige tatsächliche Monatsverdienst massgebend sei, hätte ausserdem die unbillige Folge, dass ein Schuldner, der regelmässig das Existenzminimum übersteigende Einnahmen erzielt, aber die Geschäftsunkosten (z.B. Miete, Lieferantenrechnungen) in grösseren ![]() | 10 |
Entscheidend ist jedoch nicht das Bruttoeinkommen, sondern der Nettoverdienst, der allein von der Einkommenspfändung erfasst wird. Gewinnungskosten, ohne die ein pfändbares Einkommen überhaupt nicht erzielt werden könnte, sind daher vom Bruttoeinkommen abzuziehen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist die Berücksichtigung von Gewinnungskosten nicht davon abhängig zu machen, ob sie vom Schuldner tatsächlich bezahlt wurden oder nicht. Aufwendungen, die ein selbständigerwerbender Schuldner zur Erzielung seines Verdienstes notwendig machen muss, behalten ihren Charaker als Gewinnungskosten auch dann, wenn deren Zahlung erst in einem späteren Zeitpunkt fällig oder aus einem andern Grunde hinausgeschoben wird. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten und ausgewiesenen Auslagen für die Anschaffung von Futtermitteln im Betrage von Fr. 4'663.05 sind somit vom Bruttoeinkommen in Abzug zu bringen, vorausgesetzt, dass der Bedarf an Futtermitteln während der Pfändungsdauer nicht geringer war. Das wird auch von der Vorinstanz nicht angenommen, die davon ausgeht, dass die Anschaffung erforderlich gewesen sei.
| 11 |
Das durchschnittliche Reineinkommen des Beschwerdeführers lag unter diesen Umständen während der ganzen Pfändungsperiode bei weitem unter dem festgestellten Existenzminimum. Es fehlte daher an einem pfändbaren Verdienst, so ![]() | 12 |
Demnach erkennt der Kassationshof:
| 13 |
14 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |