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Informationen zum Dokument  BGE 98 IV 252  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
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51. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. Dezember 1972 i.S. Müller gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
 
 
Regeste
 
Art. 148 Abs. 1 StGB, Betrug.  
 
Sachverhalt
 
BGE 98 IV, 252 (252)A.- Zur Zeit des Baus der Abwasserreinigungsanlage (ARA) Neubrück der Einwohnergemeinde Bern übte Müller als Bauführer die örtliche Bauleitung aus. Nachdem 1966 die ARA-Baukommission beschlossen hatte, für den Auftrag, die Innenwände und Böden der Ölfang- und Schlammeindickerbecken mit einem Schutzanstrich zu versehen, ein beschränktes Submissionsverfahren durchzuführen, holte Müller entsprechende Offerten ein. Nachdem er sich zunächst von der Firma Winkler ein Angebot hatte vorlegen lassen, wandte er sich an den ihm bekannten Wenger, von dem er erfahren hatte, dass sich die Firma Meynadier in Zürich beklagt hatte, in den letzten Jahren von der Stadt Bern keine Aufträge mehr erhalten zu haben. Er ersuchte Wenger, "unter der Hand" an den Leiter der Berner Filiale der Firma Meynadier zu gelangen, der ein guter Bekannter Wengers war, und diesen zur Offertstellung zu veranlassen. Müller bemerkte dabei, dass im Falle eines Zustandekommens des Geschäftes für ihn "etwas herausschauen" müsse. Als er kurz darauf von Wenger erfuhr, dass der Kostenansatz pro Quadratmeter der Firma Meynadier mit Fr. 8.80 wesentlich unter den Ansätzen der Firma Winkler lag, liess BGE 98 IV, 252 (253)er den Leiter der Berner Filiale der Firma Meynadier durch Wenger auffordern, den Quadratmeterpreis um je Fr. 3.- zu erhöhen, weil er damit immer noch tiefer als derjenige der Firma Winkler liege. Gleichzeitig machte Müller den Wenger darauf aufmerksam, dass der aus der Offerterhöhung sich ergebende Mehrerlös dann ihm, Müller, zufliessen solle. In der Sitzung der ARA-Baukommission vom 30. März 1966 befürwortete Müller die zuvor von der Firma Meynadier eingereichte Offerte mit dem um Fr. 3.- pro Quadratmeter erhöhten Kostenansatz. Im Juni 1966 wurde der Auftrag auf der Grundlage dieses Angebots der genannten Firma zugesprochen. Nach Beendigung der Arbeiten stellte die Firma Meynadier Rechnung, welche u.a. durch Müller visiert wurde. Nach Bezahlung der Rechnung ersuchte dieser den Wenger, die Firma Meynadier zu veranlassen, ihm den Mehrerlös auszurichten. Da die Direktion der genannten Firma Verdacht schöpfte, weigerte sie sich, die Summe an Müller auszuzahlen. Auf Rat ihres Anwalts erstattete sie der Einwohnergemeinde Bern einen Betrag von Fr. 13'792.80 zurück.
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B.- Mit Urteil vom 13. Oktober 1971 sprach das Strafamtsgericht Bern Müller des Betruges schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt aufgeschobenen Gefängnisstrafe von acht Monaten, abzüglich drei Tage Untersuchungshaft.
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Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte diesen Entscheid.
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C.- Müller führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung zurückzuweisen. Er bestreitet u.a. den Vermögensschaden.
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Aus den Erwägungen:
 
Das Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens bestreitet der Beschwerdeführer mit der Begründung, dass die Stadt Bern gestützt auf den mit der Firma Meynadier abgeschlossenen Vertrag genau die erwartete Gegenleistung erhalten habe, und zwar erst noch zu einem nicht nur angemessenen, sondern auch zu einem niedrigen Preis. Das ergebe sich aus einem Vergleich mit der Offerte der Firma Kaspar Winkler. Die Stadt Bern verfüge übrigens im Stab ihrer Tiefbaudirektion über genügend Fachleute, die dies hätten erkennen können und auch erkannt hätten. Darin liege aber ein wesentlicher und ausschlaggebender BGE 98 IV, 252 (254)Unterschied zu dem in BGE 72 IV 126 beurteilten Tatbestand, der deshalb von der Vorinstanz zu Unrecht als Präjudiz herangezogen worden sei. Im übrigen stelle sich die Frage, ob nicht jene Praxis, der zufolge eine Schädigung schon vorliege, wenn Leistung und Gegenleistung in einem für den Getäuschten ungünstigeren Wertverhältnis stehen, als sie nach dem vorgespiegelten Sachverhalt stehen müssten, einer Überprüfung bedürfe.
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Dem Beschwerdeführer ist insoweit beizupflichten, als im vorliegenden Fall nicht gesagt werden kann, die Stadt Bern habe von der Firma Meynadier eine Leistung erhalten, die nach objektiver Schätzung den bezahlten Preis nicht wert gewesen wäre. Das scheint auch die Vorinstanz mit ihrer Erwägung nicht gemeint zu haben, wenn sie ausführte, die Stadt Bern habe sich mit dem Vertragsabschluss geschädigt, indem sie eine übersetzte Verpflichtung eingegangen sei, die der Gegenleistung der Firma Meynadier nicht entsprochen habe. Nach dem Zusammenhang mit den übrigen Urteilsgründen, namentlich soweit diese auf BGE 72 IV 130 Bezug nehmen, ist jene Feststellung vielmehr dahin zu deuten, dass die Stadt Bern für ihre Leistung nicht den Gegenwert erhalten hat, den sie nach ihrer berechtigten Erwartung nach dem Vertrag erhalten sollte. Indessen trifft auch diese Begründung nicht das Richtige. Wie der Beschwerdeführer mit Fug geltend macht, kann der genannte Entscheid in seinen auf den damaligen Sachverhalt bezogenen Aussagen nicht unmittelbar als Präjudiz für den vorliegenden Fall gelten. Damals verhielt es sich so, dass dem Käufer eines Buches vom Verkäufer vorgespiegelt wurde, ein Teil des Preises würde für wohltätige Zwecke verwendet werden und es würde nur der restliche Teil als Entgelt für das Buch dienen. Es war damit der Käufer um den Teil seiner Zahlung geprellt worden, die er als Spende hatte leisten wollen. Hier liegen jedoch die Verhältnisse gerade umgekehrt, indem der Stadt Bern vorgespiegelt wurde, der von ihr zu leistende Betrag sei insgesamt als Gegenleistung für die Anstrichsarbeiten der Firma Meynadier bestimmt, während in Wahrheit ein Teil davon zur Deckung einer "Provision" dienen sollte, welche der Beschwerdeführer unter der Hand und ohne Wissen der Leitung jener Firma in die Offerte hatte einbeziehen lassen. Dieser Unterschied scheint der Vorinstanz entgangen zu sein. Damit ist indessen nicht gesagt, dass ihr Entscheid auch im BGE 98 IV, 252 (255)Ergebnis nicht standhalte. Geht man nämlich den in BGE 72 IV 130 ausgesprochenen Überlegungen auf den Grund, so ergibt sich, dass das Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens letztlich deswegen bejaht wurde, weil die vom Getäuschten erbrachte Leistung, zu deren Erbringung er sich nach der vertraglichen Abrede bereit erklärt hatte, nicht für den darin vorgespiegelten, sondern für einen anderen Zweck verwendet wurde, für welchen jener jedoch nicht bereit gewesen wäre, die vermögenswerte Leistung zu erbringen. Dieser Grundgedanke trifft nun aber in seiner vollen Bedeutung auch hier zu. Wegen der Machenschaft des Beschwerdeführers war der Stadt Bern eine Offerte eingereicht worden, deren Kostenansatz nur zum Teil Entgelt für die Anstrichsarbeiten der Firma Meynadier darstellte, zum Teil eine verkappte "Provision" für den Beschwerdeführer war. Indem sie die Offerte annahm und den darin genannten Preis bezahlte, hat deshalb die Getäuschte im Umfang des Zuschlags von Fr. 3.- pro m2 eine Leistung erbracht, die zur vertraglichen Gegenleistung keine Beziehung hatte und die sie bei Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht erbracht hätte. Insoweit wurde sie zu einer Ausgabe veranlasst, der überhaupt kein Gegenwert gegenüberstand und die deshalb in ihrer Wirkung als Vermögensschaden im Sinne des Art. 148 StGB anzusprechen ist.
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