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57. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. Dezember 1972 i.S. Dürst gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden. | |
Regeste |
Art. 91 Abs. 1 SVG; Fahren in angetrunkenem Zustand. |
2. Krankheit, Übermüdung oder bestimmte Heilmittel können die Alkoholverträglichkeit herabsetzen, so dass ein Blutalkoholgehalt ab 0,5 Gewichtspromille etwa eine Angetrunkenheit im Sinne des Gesetzes zu bewirken vermag. | |
Sachverhalt | |
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Am 6. Juni 1971 wurde er erneut gemäss Art. 91 Abs. 1 SVG rückfällig. An diesem Morgen fuhr er mit seinem Wagen von Ascona nach Kesswil (TG). Um ca. 20.00 Uhr trat er die Rückfahrt über Buchs nach Chur an, nachdem er tagsüber mehrmals alkoholische Getränke zu sich genommen hatte. Den letzten Alkoholgenuss gab er zunächst für 16.00 Uhr an; später behauptete er, bis kurz vor 20.00 Uhr mit Freunden Alkohol und hernach um 22.00 Uhr nochmals einen Gin-Tonic getrunken zu haben.
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Da Dürst auf der Reise nach Chur im Zick-Zack und zeitweise sogar über die Mittellinie hinaus fuhr und weil er dabei trotz Gegenverkehrs das Vollicht eingeschaltet hatte, erstatteten hinter ihm herfahrende Automobilisten in Chur Anzeige. Die Polizei veranlasste um 24.00 Uhr eine Blutprobe. die für diesen Zeitpunkt bei Dürst noch einen Alkoholgehalt von 0,65 Gewichtspromille ergab.
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B.- Am 17. August 1972 wurde Dürst vom Kreisgerichtsausschuss Chur des vorsätzlichen Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand sowie der Verletzung von Verkehrsregeln schuldig erklärt und zu einer Gefängnisstrafe von 3 Monaten sowie einer Busse von Fr. 200.-- verurteilt. Eine von Dürst gegen dieses Urteil erhobene Berufung wurde ![]() | 4 |
C.- Dürst führt Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Freisprechung... an die kantonale Instanz zurückzuweisen.
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Die Staatsanwaltschaft hat sich mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde vernehmen lassen.
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D.- Der Kassationshof wies die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Motorfahrzeugführer dann ohne jeden weitern Beweis als angetrunken im Sinne von Art. 91 Abs. 1 SVG zu betrachten, wenn der Alkoholgehalt in seinem Blut im Zeitpunkt der kritischen Fahrt 0,8 Gewichtspromille oder mehr betragen hat. Doch wurde von jeher betont, dass dieser Satz keine absolute Grenze nach unten darstelle; vielmehr könne auch schon ein Alkoholgehalt im Blut etwa von 0,5 Gewichtspromille an bei gleichzeitig wirksamen, weitern Umständen (wie Krankheit, Übermüdung oder Beeinträchtigung durch beruhigende Medikamente) Folgen zeitigen, wie sie bei gesunden, ausgeruhten Menschen erst bei höheren Alkoholkonzentrationen auftreten (BGE 90 IV 167 und 226/7). Wie das Bundesgericht in BGE 90 IV 162 E. 3 ausführte, können nämlich Krankheit, Übermüdung oder bestimmte Heilmittel die Alkoholverträglichkeit vermindern. In solchem Zustand ist ein Mensch - zufolge seines geschwächten Allgemeinbefindens - schon bei einem Alkoholspiegel ab 0,5 Gewichtspromille "angetrunken" im Sinne von Art. 91 Abs. 1 SVG (vgl. BUSSY/RUSCONI, Circulation routière, 1972, S. 327 N. 2.3 c). Nach diesen Grundsätzen ist auch der vorliegende Beschwerdefall zu beurteilen, ohne dass bereits zu der ![]() | 9 |
b) Ursprünglich hatte der Beschwerdeführer erklärt, er habe nach 16.00 Uhr keinerlei alkoholische Getränke mehr zu sich genommen. Da die ihm um 24.00 Uhr entnommene Blutprobe einen Alkoholgehalt im Blut von 0,65 Gewichtspromille ergeben hat, errechnete die Vorinstanz für den auf ca. 20.00 Uhr fallenden Beginn der Rückfahrt des Beschwerdeführers Richtung Chur einen Alkoholpegel von 1,05 Gewichtspromille in dessen Blut. Dabei legte sie ihrer Rechnung den für Dürst günstigeren Abbausatz von 0,1 Gewichtspromille pro Stunde zugrunde, während nach der allgemein herrschenden Auffassung der stündliche Alkoholabbau im Blute eines Menschen mit 0,15 Promille angesetzt wird (GRISEL, L'analyse du sang, in Journal des Tribunaux, 106e année, IV, S. 140 Ziff. 3; GERCHOW/SCHNEBLE, Alkohol im Strassenverkehr, S. 22). Würde letzterer Wert zugrunde gelegt, so hätte der Alkoholgehalt im Blute des Beschwerdeführers zu Beginn der kritischen Fahrt um ca. 20.00 Uhr mithin nicht bloss 1,05, sondern 1,25 Gewichtspromille betragen. Nach der ursprünglichen Darstellung des Sachverhalts durch Dürst könnte also - wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat - in jedem dieser beiden Fälle schon aufgrund des Alkoholspiegels an dessen Angetrunkenheit nicht gezweifelt werden, ungeachtet einer weiteren Einwirkung durch Übermüdung oder Unwohlsein.
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c) Wollte man aber von der nachträglichen Schilderung des Beschwerdeführers ausgehen, wonach dieser kurz vor Beginn der Fahrt um ca. 20.00 Uhr Alkohol und um 22.00 Uhr zudem noch einen Gin-Tonic zu sich genommen haben will, und würde man gestützt hierauf die Alkoholkonzentration beim Beschwerdeführer auf der kritischen Fahrt mit diesem auf "maximal 0,7 Gewichtspromille" annehmen, so müsste auch aufgrund dieser Darstellung des Sachverhalts die Angetrunkenheit des Beschwerdeführers bejaht werden, wie es die Vorinstanz subsidiär mit Fug getan hat.
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Der Kantonsgerichtsausschuss geht nämlich - für den Kassationshof bindend (Art. 277 bis Abs. 1 BStP) - davon aus, dass der Beschwerdeführer in der Nacht vor der langen und anstrengenden Fahrt von Ascona nach Kesswil und zurück bis nach Chur lediglich 2 Stunden geschlafen hatte; zudem habe dieser noch "Tabletten" zu sich genommen. Dürst habe sich ![]() | 12 |
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