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8. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. März 1973 i.S. Kumschick gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern. | |
Regeste |
Art. 20 Tierseuchengesetz, Art. 17.7 Tierseuchenverordnung. | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 15. September 1971 verurteilte das Amtsgericht Willisau Kumschick wegen Nichtführens und Nichtablieferns der genannten Kontrolle zu einer Busse von Fr. 50.-. Eine vom Gebüssten gegen diesen Entscheid eingereichte kantonale Kassationsbeschwerde wies das Obergericht des Kantons Luzern am 25. Februar 1972 ab. Es stellte dabei fest, dass Gegenstand der Anklage das Nichtführen der Viehhandelskontrolle bilde und dass das von der ersten Instanz zusätzlich einbezogene Nichtabliefern derselben im Nichtführen der Kontrolle aufgehe, nachdem eine solche nicht habe abgeliefert werden können, weil sie nicht geführt worden sei.
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Auf staatsrechtliche Beschwerde Kumschicks hob das Bundesgericht am 19. September 1972 den obergerichtlichen Entscheid auf, weil dem Beschwerdeführer nicht Gelegenheit gegeben worden war, zu einer im kantonalen Kassationsverfahren eingeholten Vernehmlassung des Eidg. Veterinäramtes Stellung zu beziehen.
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Mit Urteil vom 8. Januar 1973 wies das Obergericht die kantonale Kassationsbeschwerde erneut ab, nachdem es Kumschick im Sinne des bundesgerichtlichen Entscheides rechtliches Gehör gewährt und dieser neue Beweisbegehren gestellt hatte.
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C.- Kumschick führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes vom 8. Januar 1973 und der Entscheid des Amtsgerichtes Willisau vom 15. September 1971 seien aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen, eventuell seien die Akten zu neuer Beurteilung an die zuständige kantonale Instanz zurückzuweisen.
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern hat sich mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde vernehmen lassen.
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Der Kassationshof weist die Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden kann.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Der Beschwerdeführer macht geltend, seine Verurteilung beruhe auf keiner gesetzlichen Grundlage. Es gebe keine Gesetzesvorschrift und keine Verordnungsbestimmung, welche ![]() | 8 |
a) Art. 20 TSG ermächtigt den Bundesrat, gegen die Verschleppung von Seuchen bei der Berufsausübung, insbesondere beim gewerbsmässigen Viehhandel seuchenpolizeiliche Vorschriften zu erlassen. In Ausführung dieser Delegationsvorschrift hat der Bundesrat die Bestimmungen des Art. 17 TSV ![]() | 9 |
b) Mit der Rüge sodann, die Viehhandelskontrolle sei seuchenpolizeilich bedeutungslos und das Formular diene nur fiskalischen Zwecken, bestreitet Kumschick die Gesetzmässigkeit des Art. 17.7 TSV. Wie bereits ausgeführt, kann nach Art. 20 TSG der Bundesrat gegen die Verschleppung von Seuchen bei der Berufsausübung, insbesondere beim gewerbsmässigen Viehhandel seuchenpolizeiliche Vorschriften erlassen. Zu prüfen ist deshalb, ob Art. 17.7 TSV sich im Rahmen dieser Delegationsnorm halte. Hiebei steht dem Richter nicht das Recht zu, sein eigenes Ermessen an die Stelle jenes des Bundesrates zu setzen. Vielmehr hat er sich auf die Beantwortung der Frage zu beschränken, ob sich der Bundesrat mit dem Erlass des Art. 17.7 TSV eines Mittels bedient habe, das objektiv dem von Art. 20 TSG verfolgten Zweck dient, d.h. ob die Führung einer Viehhandelskontrolle auf amtlichem Formular, in welchem neben den Daten des Ankaufs und des Verkaufs gehandelter Tiere die Tiergattung und Stückzahl sowie die Namen der Verkäufer und Käufer einzutragen sind, der Verschleppung von Tierseuchen überhaupt entgegenzuwirken vermag (s. BGE 98 IV 135). Diese Frage ist entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ![]() | 10 |
c) Der Einwand, das kantonale Veterinäramt habe das vom EVA aufgestellte Formular so ausgestaltet, dass es nicht ausgefüllt werden könne, geht fehl. Das Formular selber entspricht durchaus dem Musterbeispiel des EVA (s. FRITSCHI/NABHOLZ/RIEDI, op.cit. Anhang S. 367). Dagegen trifft es zu, dass am Fusse dieses Formulars vom kantonalen Veterinäramt die Weisung aufgenommen wurde, es seien bei Veräusserung eines zugekauften Tieres "die erforderlichen Eintragungen des betreffenden Tieres auf der rechten Seite (Verkauf) zu vermerken, und zwar auf jener Linie, auf welcher sich das in Frage kommende Tier im Eingang (Ankauf) befindet". Diese Weisung stimmt in der Tat mit dem Musterbeispiel nicht überein, indem nach den dortigen Eintragungen beim Kauf einer ganzen Anzahl von Schweinen nur der Zuwachs in seiner Gesamtheit unter "Ankauf" eingetragen werden muss, während bei der Veräusserung dieses Zuwachses an verschiedene Käufer die Abgänge selbstverständlich nicht auf der gleichen Linie und nach Einzeltieren zu verzeichnen sind, wenn sie wieder in Herden verkauft wurden. Insoweit geht also die Weisung über das Musterformular des EVA hinaus. Im vorliegenden Fall hat aber das Obergericht in seinem letzten Entscheid dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt, dass es sich nicht an die Weisung gehalten habe. Es hat ihm vorgeworfen, überhaupt nichts in ![]() | 11 |
d) Der Umstand schliesslich, dass der im vorliegenden Fall angewendete Art. 48 TSG einzig die Strafdrohung regelt, für den Tatbestand aber auf Verwaltungsvorschriften im gleichen Gesetz oder in Ausführungserlassen verweist, ist im Verwaltungsstrafrecht eine häufige Erscheinung und rechtlich nicht zu beanstanden (SCHWANDER, Das Schweiz. StGB, 2. Auflage, S. 14 betr. die Blankettstrafgesetze). Was aber den von Kumschick angezogenen BGE 88 IV 139 anbelangt, so ging es dabei nicht um die Frage, ob neben Art. 232 StGB für die Anwendung von Art. 48 TSG Raum sei, sondern umgekehrt, ob neben den Spezialvorschriften der Tierseuchenpolizei das StGB zur Anwendung komme auf Handlungen, die keine seuchenpolizeilichen Tatbestände betreffen, jedoch im Zusammenhang mit Massnahmen zur Bekämpfung von Tierseuchen begangen wurden (z.B. ungetreue Geschäftsführung). Ausser jedem Zweifel stand damals, dass jedenfalls Handlungen, durch welche die Bekämpfung von Tierseuchen in ihrem Erfolg gefährdet oder beeinträchtigt werden, unter die Sondergesetzgebung der Tierseuchenpolizei fallen. Gegen die Anwendung von Art. 17.7 TSV in Verbindung mit Art. 48 TSG ist deshalb aus BGE 88 IV 139 nichts abzuleiten.
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