BGE 99 IV 50 | |||
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11. Urteil des Kassationshofes vom 16. Februar 1973 i.S. Schweizerische Nationalbank gegen T. | |
Regeste |
1. Art. 268 Ziff. 2 BStP. Letztinstanzlicher Einstellungsbeschluss (Erw. 1). | |
Sachverhalt | |
A.- T. ist verantwortlicher Leiter der B. AG in Bern. Im Jahre 1971 verwendete er für seine Firma zu Reklamezwecken einen ca. 11 x 21 cm grossen Halbkarton, dessen eine Seite mit dem Abbild einer schweizerischen 20-Franken-Note bedruckt war, welche mit Ausnahme der Nennwertangabe, die in einem Kreis mit der Aufschrift "15%" bestand, die konkreten und abstrakten Bildelemente der genannten Banknote in vergrössertem Format genau wiedergab und auch die Aufschrift "Schweizerische Nationalbank" in den drei Landessprachen trug. T. verwendete diese Reklamenote, obschon der Graphikerin auf ihre Anfrage hin am 28. September 1971 vom Rechtskonsulenten der Schweizerischen Nationalbank erklärt worden war, dass die genannte Bank die Bewilligung zur Verwendung der Nachbildung ihrer 20-Franken-Note nicht erteile und sich im Fall der Verwendung der Reklamenote in ihren Urheberrechten verletzt sehen werde.
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B.- Am 3. Januar 1972 stellte die Schweizerische Nationalbank gegen T. und ev. weitere Verantwortliche Strafantrag gemäss Art. 50 Abs. 1 Ziff. 1 des Bundesgesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst vom 7. Dezember 1922 (URG) mit dem gleichzeitigen Begehren um Sicherstellung und Zerstörung des hergestellten Reklamematerials und der zur Reproduktion verwendeten Mittel (Art. 54 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a und c URG).
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Der Gerichtspräsident VI von Bern stellte die Strafuntersuchung am 17. November 1972 ein, weil die Schweizerische Nationalbank durch die öffentliche Preisgabe der Banknote mit universeller Verbreitung auf ihr Urheberrecht verzichtet habe; die Note sei dadurch Gemeingut geworden. Selbst wenn aber anzunehmen wäre, dass in der Herausgabe der Note kein solcher Verzicht liege, wäre dieser dennoch deswegen anzunehmen, weil die genannte Bank seit Jahren die Wiedergabe von Banknoten durch verschiedene Banken zu Reklamezwecken namentlich im Fernsehen geduldet habe.
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C.- Die Schweizerische Nationalbank führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Einstellungsbeschluss des Gerichtspräsidenten VI von Bern sei aufzuheben und das Strafverfahren gegen T. und eventuell weitere Verantwortliche wieder aufzunehmen.
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T. hat sich mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde vernehmen lassen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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Die Übertretungen des URG sind nur auf Antrag zu verfolgen (Art. 47 Abs. 1 URG). Befugt hiezu ist jeder, der durch die zu verfolgende Handlung oder Unterlassung verletzt worden ist (Art. 47 Abs. 2 URG). Da im vorliegenden Fall die Schweizerische Nationalbank das Recht auf Wiedergabe der Entwürfe der Banknotenbilder von den Entwerfern erworben hat, steht ihr ein ausschliessliches Recht im Sinne von Art. 12 Ziff. 1 URG zu, das sich nach Art. 13 dieses Gesetzes auch auf die veränderte Wiedergabe erstreckt. Durch die unbefugte Nachbildung und Verwendung des Banknotenbildes seitens eines Dritten kann daher die Bank in jenem Exklusivrecht verletzt werden (s. auch TROLLER, Immaterialgüterrecht, II S. 889/890 aa). Wo das zutrifft, ist sie zum Strafantrag befugt, ohne dass sie ein besonderes Interesse hiefür nachweisen muss. Voraussetzung ist bloss, dass sie im betreffenden Zeitpunkt das Recht noch besitzt, mit anderen Worten, dass dieses nicht wegen Ablaufs der gesetzlichen Schutzfristen (Art. 36 ff. URG) untergegangen ist. Letzteres hat hier auch der vorinstanzliche Richter nicht angenommen. Dagegen hat er der Beschwerdeführerin entgegengehalten, sie habe durch konkludentes Verhalten, nämlich durch das Dulden der Wiedergabe des Banknotenbildes durch andere Banken zu Reklamezwecken im Fernsehen auf ihr Urheberrecht verzichtet.
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Diese Auffassung übersieht, dass das URG, im Unterschied zum Patentgesetz (Art. 17 PatG), ausser dem Ablauf der Schutzfristen keinen Untergangsgrund kennt und insbesondere an die Untätigkeit des Berechtigten gegenüber einer Verletzung seines Urheberrechtes nicht die Folge eines Rechtsverlustes knüpft (vgl.BGE 73 II 190E. 5 a). Die Rechtsprechung zum immateriellen Güterrecht hat ihrerseits einzig den Klageanspruch dem allgemeinen Rechtsgrundsatz des Art. 2 Abs. 2 ZGB unterstellt und auch unter diesem Gesichtspunkt eine Verwirkung jenes Anspruchs für den Regelfall nur angenommen, wo die Rechtsverletzung während längerer Zeit unwidersprochen angedauert hat, ein wertvoller Besitzesstand des Verletzers geschaffen wurde, der Berechtigte Kenntnis der Verletzung seines Rechtes gehabt hat oder bei gebotener Sorgfalt hätte haben können und der Verletzer guten Glaubens gewesen ist (BGE 73 II 192,BGE 76 II 394i. f., BGE 85 II 130 /131, BGE 94 II 42, BGE 95 II 362; TROLLER, op.cit. S. 864/868). Bezüglich des Urheberrechts hat zudem das Bundesgericht betont, dass hier bei Annahme einer Verwirkung grössere Zurückhaltung geboten sei, als beim Persönlichkeits- und Wettbewerbsrecht (BGE 85 II 130; TROLLER, a.a.O.). Zudem gilt für das Urheberrecht, was schon für das Markenrecht festgestellt wurde, dass nämlich Dritte sich nicht darauf berufen können, dass der Inhaber des Rechtes deren Gebrauch durch andere duldete; dieser verwirkt damit nicht das Recht, Verletzungshandlungen Dritter zu verfolgen (BGE 73 II 63, BGE 82 II 543, BGE 83 II 219, BGE 93 II 267; ebenso TROLLER, op.cit. S. 864).
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Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so kann nicht gesagt werden, die Antragstellung durch die Beschwerdeführerin sei missbräuchlich. Abgesehen davon, dass der Rechtsberater der Schweizerischen Nationalbank der Graphikerin, von der der Entwurf der Nachbildung der 20-Frankennote ausgearbeitet wurde, auf ihre Anfrage hin ausdrücklich erklärt hatte, die Verwendung des Notenbildes zu Reklamezwecken werde nicht bewilligt werden und die Nationalbank würde eine solche Verwendung als eine Verletzung ihres Urheberrechtes ansehen, ist die Beschwerdeführerin auch unverzüglich gegen die unbefugte Wiedergabe des Notenbildes durch die B. AG eingeschritten, sobald sie von der Verletzung ihres Urheberrechtes Kenntnis erlangt hat. Danach fehlt es sowohl an den objektiven wie den subjektiven Voraussetzungen, welche die Rechtsprechung für die Annahme einer Verwirkung verlangt. Im übrigen macht die Beschwerdeführerin glaubwürdig geltend, dass sie auch sonst in jedem Fall unbefugter Verwendung von Banknoten zu Reklamezwecken, von der sie Kenntnis erhalten habe, unter Androhung gerichtlicher Folgen auf ihr Urheberrecht hingewiesen und die Einstellung der betreffenden Reklameaktion verlangt habe. Was aber den Umstand betrifft, dass andere Banken während Jahren im Fernsehen Banknoten wiedergegeben haben, so ist er schon deswegen unbehelflich, weil nach der angeführten Rechtsprechung die Rechtsverletzung durch andere vom Verletzer nicht angerufen werden kann. Zudem wäre auch nicht zu übersehen, dass nach der glaubwürdigen Darstellung der Beschwerdeführerin es sich bei der im angefochtenen Entscheid angerufenen Wiedergabe des Banknotenbildes durch die Schweizer Banken um eine von der Nationalbank ausnahmsweise und unter ausdrücklichem Hinweis auf ihr Urheberrecht im Jahre 1970 der schweizerischen Bankiervereinigung bewilligte Aufklärungsaktion gehandelt hat. Dieser Umstand ist dem vorinstanzlichen Richter, der seinen Entscheid einzig aufgrund des Strafantrags und eines Polizeirapports gefällt hatte, offensichtlich nicht bekannt gewesen. Danach aber handelte es sich bei dieser Aktion überhaupt nicht um eine unbefugte Verletzung des Urheberrechtes, welche von der Beschwerdeführerin widerspruchslos hingenommen worden wäre. Der Einwand des Beschwerdegegners schliesslich, dass die Nationalbank nur Wiedergaben zu Reklamezwecken nicht zulasse, andere Wiedergaben aber offenbar zu dulden scheine, ist eine durch nichts belegte und daher unbehelfliche Behauptung.
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3. Dem vorinstanzlichen Richter kann schliesslich auch insoweit nicht gefolgt werden, als er der Meinung ist, die bildliche Darstellung auf der 20-Franken-Note sei mit deren Herausgabe "mit universeller Verbreitung" zum Gemeingut geworden. Er verkennt, dass auch ein urheberrechtlich geschütztes Werk in einer Vielzahl von Exemplaren in Verkehr gebracht werden kann, ohne dass dadurch der Berechtigte seines Exklusivrechtes auf Wiedergabe verlustig ginge. Das folgt dem Grundsatz nach schon aus Art. 4 Abs. 1 URG, der den Schutz ausser dem Originalwerk jeder Wiedergabe zuerkennt. Sodann spricht der Wortlaut verschiedener Gesetzesbestimmungen, die von den Exemplaren des Werkes oder den Werkexemplaren reden (s. Art. 8, Art. 12 Ziff. 2 und 4, Art. 42 Ziff. 1 lit. b und d sowie Ziff. 2 und 3, Art. 43 und 52, Art. 54 Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2 und 3, Art. 58 und 61), dafür, dass die Wiedergabe eines Werkes nicht bloss auf ein Exemplar beschränkt ist (TROLLER, op.cit., Seite 781 spricht von der "Vervielfältigung"). In die gleiche Richtung weist auch der Umstand, dass der in der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst verwendete Begriff der Veröffentlichung eines Werkes verlangt, dass dieses der Allgemeinheit in einer seiner Art entsprechenden Zahl von Ausfertigungen zur Verfügung gestellt werde (BGE 96 II 414). Dass bei einer für eine Banknote bestimmten bildlichen Darstellung die Veröffentlichung regelmässig in einer Vielzahl von Exemplaren zu geschehen pflegt, liegt auf der Hand. Die darin vom vorinstanzlichen Richter gesehene "universelle Verbreitung" lag somit in der Natur der Sache begründet und könnte keinesfalls als "Verzicht" der Schweizerischen Nationalbank auf ihr gesetzliches geschütztes Exklusivrecht der Wiedergabe des Notenbildes ausgelegt werden.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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