![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
14. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. April 1973 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden gegen Caluori. | |
Regeste |
Bedingter Strafvollzug. |
2. Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB. Es steht nichts entgegen, in die Prognose bezüglich des Widerrufs des bedingten Strafvollzugs die Wirkung einer zweiten, zu vollziehenden Strafe einzubeziehen. | |
![]() | |
![]() | 1 |
b) Die Staatsanwaltschaft rügt den "krassen Widerspruch" zwischen diesen beiden Entscheiden und beantragt, auch die Vorstrafe von 1970 vollziehbar zu erklären.
| 2 |
Zur Entscheidung steht damit, ob der Richter in einem solchen Fall beide Male im gleichen Sinn zu entscheiden hat. Auf den ersten Blick ruft die Frage einer bejahenden Antwort, zumal die Entscheide über die Gewährung des bedingten Strafvollzugs (Art. 41 Ziff. 1 StGB) und über seinen Widerruf (Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB) nach den gleichen Kriterien zu treffen sind (BGE 98 IV 76). Voraussetzung ist indessen weiter, dass die Grundlagen für die Voraussage über das künftige Verhalten des Verurteilten dieselben sind. Die Vorinstanz hat bei der Stellung der Prognose nach Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 nicht, wie bei jener nach Art. 41 Ziff. 1, auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Entscheides abgestellt, sondern die Wirkung der nachher zu vollziehenden neuen Strafe von 45 Tagen Gefängnis mitberücksichtigt. Das ist sachlich gerechtfertigt.
| 3 |
In BGE 83 IV 65 wurde freilich erklärt, dass der Täter die Voraussetzungen des bedingten Strafvollzugs bereits nach Art. 41 Ziff. 1 erfüllen müsse, d.h. dass die Wirkung von gleichzeitig erteilten Weisungen für den Entscheid darüber, ob der bedingte Strafvollzug zu gewähren sei oder nicht, unbeachtet bleiben müsse. An dieser Auffassung kann aber nach erneuter Prüfung nicht festgehalten werden. Weisungen und Schutzaufsicht sind gerade dort erforderlich, wo ohne sie eine erhöhte Möglichkeit erneuter Straffälligkeit bestände, mit andern Worten, wo die Prognose allein nach Ziff. 1 keine günstige wäre (vgl. SCHULTZ, ZBJV 1965 S. 12). Wenn zudem der Gesetzgeber in der Novelle vom 18. März 1971 unter den möglichen Weisungen solche über die Berufsausübung, den Aufenthalt, die ärztliche Betreuung, den Verzicht auf alkoholische Getränke usw. erwähnt hat, so ist das offensichtlich aus dem Gedanken heraus geschehen, dass Vorleben und Charakter in gewissen Fällen nur dann eine günstige Prognose ![]() | 4 |
Ist dem aber so, steht auch nichts entgegen, in einem Fall wie dem vorliegenden die Wirkung der zweiten, zu vollziehenden Strafe auf den Täter in die Prognose bezüglich des Widerrufs der ersten Strafe einzubeziehen, wie das in BGE 98 IV 76 geschehen ist und wie es die Vorinstanz im Fall Caluori getan hat. Es ist in der Tat nicht ersichtlich, inwiefern dies Sinn und Zweck des bedingten Strafvollzugs zuwiderlaufen sollte.
| 5 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |