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23. Urteil des Kassationshofes vom 16. Juli 1973 i.S. X und Konsorten gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich. | |
Regeste |
Art. 3 Abs. 3 ANAG und Art. 13 Abs. 4 ANAV; Anstellung von Ausländern ohne Arbeitsbewilligung. |
2. Als Arbeitgeber im Sinne des ANAG und der ANAV gilt schon, wer einen Ausländer faktisch in seinem Betrieb unter eigener Verantwortung und Aufsicht beschäftigt, seine Dienste also tatsächlich entgegennimmt (Erw. 1-3). |
3. Fall mittlerer Beamter, die befugt sind, Arbeitskräfte selbständig und ohne Bewilligung oder nachträgliche Genehmigung von oben zu beschäftigen (Erw. 4). |
Art. 18 StGB; Vorsatz (Erw. 6). | |
Sachverhalt | |
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B.- Nachdem Y. und sein Sohn Z. am 13. Oktober 1972 vom Bezirksgericht Zürich wegen Erleichterung des rechtswidrigen Verweilens von Ausländern im Inland bzw. wegen Gehilfenschaft dazu gemäss Art. 23 Abs. 1 alinea 5 ANAG verurteilt worden waren, verfällte der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich am 19. Oktober 1972 X. und Konsorten wegen Übertretung von Art. 3 Abs. 3 ANAG und Art. 13 Abs. 4 ANAV in Bussen von je Fr. 50.-.
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Von den Gebüssten gegen diese Verurteilung eingereichte kantonale Nichtigkeitsbeschwerden wurden vom Obergericht des Kantons Zürich am 9. April 1973 abgewiesen.
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C.- X. und die übrigen gebüssten Gartenmeister und Friedhofverwalter führen in getrennten, inhaltlich gleichen Eingaben Nichtigkeitsbeschwerden mit dem Antrag, es seien die sie betreffenden Urteile des Obergerichtes aufzuheben und die Sache zu ihrer Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich hat sich mit dem Antrag auf Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerden vernehmen lassen.
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Die von den Beschwerdeführern eingereichten staatsrechtlichen Beschwerden wurden vom Kassationshof am 6. Juli 1973 abgewiesen, soweit darauf einzutreten war.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
1. Die Beschwerdeführer machen geltend, die Annahme der Vorinstanz, dass zwischen Y. und dem Gartenbauamt keine ![]() | 7 |
Wie der Kassationshof schon in seinem Urteil zu den staatsrechtlichen Beschwerden ausgeführt hat, kommt es für die Beurteilung der vorliegenden Sache nicht entscheidend darauf an, welche rechtlichen Beziehungen zwischen dem städtischen Gartenbauamt und Y. bestanden, sondern ob die Beschwerdeführer bzw. das genannte Amt als Arbeitgeber der türkischen Arbeiter im Sinne der fremdenpolizeilichen Vorschriften anzusehen seien. Massgebend ist somit die fremdenpolizeiliche Beziehung zwischen den kontrollpflichtigen Ausländern und den Beschwerdeführern bzw. jenem städtischen Amt. Deren Beurteilung aber richtet sich ausschliesslich nach den Bestimmungen des ANAG und der ANAV. Wenn nun diese Erlasse die Erwerbstätigkeit des Ausländers in der Schweiz im Sinne einer strikten Unterstellung unter die behördliche Kontrolle und die Bewilligungspflicht regeln, so geschieht. das zum Schutz der geistigen und wirtschaftlichen Interessen des Landes, namentlich zur Abwehr der Überfremdung und zur Pflege des Arbeitsmarktes (Art. 8 Abs. 1 ANAV; MOSER, Die Rechtsstellung des Ausländers in der Schweiz, ZSR 1967 N.F. S. 414/5). Danach aber ist es im Falle der unselbständigen Erwerbstätigkeit ohne Belang, aufgrund welchen zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses zwischen dem Ausländer und dem in der Schweiz ansässigen Arbeitgeber die Tätigkeit ausgeübt wird. Massgebend ist einzig, dass der Ausländer faktisch während einer gewissen Dauer Dienstleistungen gegenüber einer in der Schweiz ansässigen Person erbringt (s. auch HOFMANN, Die Erwerbstätigkeit im Sinne des schweizerischen Fremdenpolizeirechts, SJZ 1955, S. 235). Entsprechend muss als Arbeitgeber im Sinne des ANAG und der ANAV schon gelten, wer tatsächlich solche Dienste entgegenimmt. Da das Gesetz nicht verlangt, dass die Tätigkeit wirklich gegen Entgelt ausgeübt werde, ist es auch im Fall einer entgeltlichen Tätigkeit in diesem Zusammenhang unerheblich, von woher dem Ausländer die Vergütung zufliesst (BGE 79 IV 40), wer ihm den Lohn auszahlt (Entscheid des EJPD vom 18.7.1966 i.S. Christen). Wo dies gemäss entsprechender Abrede ![]() ![]() | 8 |
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Auch hier befassen sich die Beschwerdeführer mit dem Begriff des Regieauftrags, was - wie bereits ausgeführt - für die Beurteilung der Sache belanglos ist. Im übrigen unterschieben sie dem Obergericht zu Unrecht, es habe anerkannt, dass die schriftlichen Aufträge vermittels Bestellscheinen erteilt worden seien. Soweit in den von den Beschwerdeführern angezogenen Erwägungen des Obergerichtes überhaupt von Bestellscheinen die Rede ist, findet sich der Hinweis darauf in einer daselbst angeführten Erklärung der Beschwerdeführer, die im angefochtenen Entscheid aber ausdrücklich verworfen wird mit der Begründung, es könne mit ihr die Feststellung des erstinstanzlichen Richters nicht "abgetan" werden, wonach die Beschwerdeführer die Hilfskräfte, ohne eine Bewilligung oder eine nachträgliche Genehmigung seitens der vorgesetzten Stelle einholen zu müssen, selbst rekrutiert und direkt beschäftigt hatten. Es ist daher mutwillig zu behaupten, die Vorinstanz habe die Auftragserteilung in Form von Bestellscheinen anerkannt. Zudem wurde schon im Urteil zur staatsrechtlichen Beschwerde festgehalten, dass solche Bestellscheine zum Teil überhaupt nicht, zum Teil erst nachträglich ausgestellt worden sind. Praktisch dienten diese Scheine als nachträgliche Rechnungsbelege. Schliesslich ist nicht einzusehen, warum eine Gartenbaufirma nicht als Vermittler von Arbeitskräften sollte auftreten ![]() | 10 |
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Ob die Beschwerdeführer befugt waren, selbständig Arbeitskräfte einzustellen, ist Tatfrage. Die Gründe, auf welche die Vorinstanz ihre diesbezügliche Annahme stützt, gehören der Beweiswürdigung an, die den Kassationshof bindet und mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht bemängelt werden kann (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Soweit aber die Beschwerdeführer Einwände rechtlicher Natur erheben, sind sie erneut deswegen unbehelflich, weil ihre Argumentation auch hier wiederum vom angeblichen Vorliegen von Regieaufträgen ausgeht und völlig ausser acht lässt, dass nach den verbindlichen Annahmen der Vorinstanz sich der Beitrag der Firma Y. in dem Zurverfügungstellen der türkischen Hilfskräfte erschöpfte und diese während der Dauer, während welcher sie für das Gartenbauamt arbeiteten, der ausschliesslichen Aufsicht und Weisungsgewalt der Beschwerdeführer oder ihrer Stellvertreter unterstanden und Werkzeug und Material der Stadt verwendeten. Da aber - wie schon dargetan ![]() | 12 |
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Wie schon im Urteil zur staatsrechtlichen Beschwerde ausgeführt wurde, setzt der Stellenantritt im Sinne von Art. 3 Abs. 3 ANAG kein dienstvertragliches Verhältnis im Sinne von Art. 319 ff. OR voraus. Arbeitgeber ist schon, wer einen Ausländer faktisch in seinem Betrieb unter eigener Verantwortung und Aufsicht beschäftigt (s. Entscheid des EJPD vom 18.7.1966 i.S. Christen). Das aber ist im vorliegenden Fall nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz geschehen, in dem die ![]() | 14 |
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Die Beschwerdeführer anerkennen selber, dass Y. nicht als ![]() | 16 |
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Das Obergericht hat die Annahme des erstinstanzlichen Richters, wonach die Beschwerdeführer positiv gewusst hätten, dass keine Arbeitsbewilligungen bestanden, als aktenwidrig bezeichnet. Es hat dagegen ausdrücklich angenommen, dass den Beschwerdeführern die fremdenpolizeilichen Beschränkungen bei der Beschäftigung ausländischer Aushilfsarbeiter bekannt gewesen seien oder zumindest hätten bekannt sein müssen; das erhelle im übrigen aus der Tatsache, dass einige der Beschwerdeführer bei der Firma Y. nachgefragt hatten, ob die Türken ![]() | 18 |
Die Feststellung der Nachfrage bei Y. ist tatsächlicher Natur und bindet den Kassationshof (Art. 277 bis Abs. 1 BStP). Was dagegen die Annahme betrifft, die Beschwerdeführer hätten um die fremdenpolizeilichen Beschränkungen gewusst oder zumindest um sie wissen müssen, so ist nicht klar, wie diese Alternative, die teils eine tatsächliche Annahme, teils eine rechtliche Würdigung enthält, zu verstehen ist. Denkbar wäre, dass der erste Teil mit der positiven Feststellung, dass die Beschwerdeführer um die fremdenpolizeilichen Beschränkungen wussten, auf diejenigen Beschwerdeführer Bezug hat, die sich tatsächlich bei Y. nach den Arbeitsbewilligungen erkundigten, während die zweite Annahme die übrigen Beschwerdeführer beträfe, denen damit zur Last gelegt würde, dass auch sie bei pflichtgemässer Vorsicht sich über die fremdenpolizeilichen Verhältnisse ihrer ausländischen Hilfskräfte hätten Gedanken machen müssen. Indessen kann der betreffende Satz namentlich wegen des im zweiten Teil enthaltenen Wortes "zumindest" auch dahin verstanden werden, dass die Vorinstanz für alle Beschwerdeführer in gleicher Weise als Minimum blosse Fahrlässigkeit angenommen hat. Wie es sich damit wirklich verhält, lässt sich der knappen Begründung des angefochtenen Urteils nicht mit Sicherheit entnehmen. Zu dieser Unklarheit tritt noch die Möglichkeit eines offensichtlichen Versehens, indem das Obergericht einerseits feststellt, einige Beschwerdeführer - in Wirklichkeit waren es deren drei - hätten sich bei Y. nach den Arbeitsbewilligungen erkundigt, und anderseits diesen Umstand zum Anlass nimmt, um bezüglich aller Beschwerdeführer anzunehmen, sie hätten sich damals de facto als Arbeitgeber der Türken betrachtet. Angesichts dessen und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Vorinstanz sonst nichts unter dem Titel der objektiven Umstände und der persönlichen Verhältnisse gemäss Art. 18 Abs. 3 StGB anführt, ist eine zuverlässige Überprüfung des angefochtenen Urteils nicht möglich. Die Sache ist deshalb an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die Verschuldensfrage kläre. Dabei wird sie beachten müssen, dass zur Annahme einer Übertretung von Art. 3 Abs.3 ANAG und 13 Abs. 4 ANAV nicht schon genügt, dass die Beschwerdeführer ![]() | 19 |
Demnach erkennt der Kassationshof:
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