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24. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. Oktober 1973 i.S. Irving gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. | |
Regeste |
1. Art. 3 und 7 StGB. Abgrenzung zwischen Ausland- und Inlandtat (Erw. 1). | |
Sachverhalt | |
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Gleichzeitig liess sie beim Schweizerischen Bankverein in Zürich unter Vorweisung einer auf Hanne Rosenkranz lautenden, echten bundesdeutschen Identitätskarte, die sie der zweiten Frau ihres geschiedenen Mannes entwendet hatte, Wertschriftendepots eröffnen, auf die sie vom Konto bei der Schweizerischen Kreditanstalt abgehobene Beträge einzahlte. Auch ![]() | 2 |
Sie überbrachte in der Folge insgesamt ca. Fr. 698'200.-- ihrem Ehemann nach Ibiza, während Fr. 123'040.-- in Form von zwei Checks des Schweizerischen Bankvereins an ihren geschiedenen Mann Dieter Rosenkranz gingen. Frau Irving benutzte die auf Hanne Rosenkranz lautende Ausweiskarte auch in Zürcher Hotels.
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B.- Am 16. Juni 1972 wurde Frau Irving in den Vereinigten Staaten wegen dieser Handlungen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Sie verbüsste zwei Monate in Amerika und stellte sich dann den schweizerischen Strafbehörden.
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C.- Am 8. März 1973 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich Frau Irving wegen fortgesetzten Betruges im Betrage von Fr. 2'549,617.--, fortgesetzter Urkundenfälschung und Gebrauchs einer gefälschten Urkunde im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 und 2 sowie wegen fortgesetzten Missbrauchs einer echten Ausweisschrift gemäss Art. 252 Ziff. 1 StGB zu 24 Monaten Gefängnis, abzüglich vier Tage Untersuchungshaft und zwei Monate in den USA verbüsste Strafe.
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Eine kantonale Kassationsbeschwerde wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 2. Juli 1973 abgewiesen, soweit sie das obergerichtliche Strafurteil zum Gegenstand hatte.
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D.- Frau Irving führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin rügt u.a. eine Verletzung der Art..3 und 252 StGB.
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Das Obergericht hat sich mit dem Antrag auf Abweisung vernehmen lassen. Die Staatsanwaltschaft hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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a) Nach Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ist diesem Gesetz unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen verübt, und Art. 7 StGB bestimmt, dass ein Verbrechen oder Vergehen da als verübt gilt, wo der Täter es ausführt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist. Aus dieser der Ubiquitätstheorie entsprechenden gesetzlichen Umschreibung des Begehungsortes, die entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ohne Einschränkung auch im Rahmen des Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB gilt (LOGOZ, N 2 zu Art. 3; THORMANN/v. OVERBECK, N 3 zu Art. 3), können sich freilich Gerichtsstände an verschiedenen Orten ergeben mit der Folge, dass ein Täter, dem gegenüber die Schweiz ihre Strafhoheit in Anspruch nimmt, bereits im Ausland wegen der gleichen Straftat beurteilt und bestraft worden ist. Das wurde jedoch vom Gesetzgeber in Kauf genommen und er hat - von dem in Art. 3 Ziff. 2 StGB geregelten Fall abgesehen - das ausländische Strafverfahren einzig ![]() | 11 |
b) Was ihren Tatbeitrag anbelangt, steht ausser Frage, dass er sich objektiv in der Schweiz verwirklicht hat. Anknüpfungspunkt für die schweizerische Strafhoheit ist er nach dem Gesagten sicherlich dann, wenn er als Teil der Tatbegehung im Sinne von Ausführung oder Erfolg erscheint. Angesichts der Tatsachen, dass die Täuschungshandlungen Clifford Irvings ausschliesslich in den USA begangen wurden, dass dieser dort auch die ertrogenen Checks von der McGraw-Hill Inc. erhalten hatte und damit die Tatbestandsmerkmale des Betrugs im Sinne des schweizerischen Rechtes bereits erfüllt waren, bevor die Beschwerdeführerin - abgesehen von ihrer vorgängigen Zustimmung zum deliktischen Plan - aktiv sich einschaltete, könnte man versucht sein, jene Voraussetzung zu verneinen. Indessen ist nicht zu übersehen, dass die Vollendung der Tat in Amerika eine teilweise Begehung in der Schweiz nicht ausschliesst. Von der Vollendung ist die Beendigung der Tat zu unterscheiden. Letztere tritt ein, wenn nach Erfüllung aller objektiven Tatbestandsmerkmale die Umstände verwirklicht sind, die der Täter nach der betreffenden Strafnorm beabsichtigt haben muss, oder wenn bei frühzeitiger Vollendung das dieser nachfolgende Verhalten zur weiteren Beeinträchtigung des verletzten Rechtsgutes beiträgt. Entsprechend ist denn auch im Zwischenstadium zwischen Vollendung und Beendigung ![]() | 12 |
Durch die Einlösung der Checks in der Schweiz, die Gutschrift des Gegenwertes in Schweizerfranken auf unter falschem Namen angelegten Bankdepots in Zürich sowie die schliessliche Verschiebung eines Teils der Gelder aus der Schweiz ins Ausland ist die Beeinträchtigung des verletzten Rechtsgutes verschärft und der erstrebte Vorteil, nämlich die beabsichtigte Bereicherung in nicht unerheblichem Masse gesichert worden. Die Handlungen der Beschwerdeführerin in Zürich sind der Beitrag einer Mittäterin, durch den der deliktische Erfolg zu einem nicht unerheblichen Teil in der Schweiz verwirklicht worden ist, zumal die Handlungen der Frau Irving von Anfang an massgeblicher Bestandteil des von ihrem Mann ausgeheckten und von ihr nach reiflicher Überlegung gebilligten deliktischen Gesamtplans bildeten.
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Die Beschwerde ist daher in diesem Punkt abzuweisen.
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Eine ausländische Identitätskarte ist in der Tat ein fremdenpolizeiliches Ausweispapier gemäss Art. 23 Abs. 1 al. 2 ANAG, aber auch eine Ausweisschrift im Sinne des Art. 252 Ziff. 1 Abs. 4 StGB. Die erstere Vorschrift stellt unter Strafe, wer wissentlich echte, aber nicht ihm zustehende Ausweispapiere verwendet, die zweite, wer in der Absicht, sich oder einem anderen das Fortkommen zu erleichtern, echte nicht für ihn bestimmte Ausweisschriften zur Täuschung missbraucht.
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Man kann diese Bestimmungen dahin auslegen, dass der Gebrauch echter, aber fremder Ausweisschriften nach Art. 23 ANAG schlechthin und aus irgendwelchen Motiven verpönt sei, während Art. 252 StGB ihn nur mit Strafe bedrohe, wenn ![]() | 17 |
Die Frage, ob Art. 23 ANAG durch Art. 252 StGB, soweit sich die beiden Tatbestände decken, im allgemeinen ausser Kraft gesetzt wurde, braucht indessen nicht beantwortet zu werden. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin die deutsche Identitätskarte nicht zu fremdenpolizeilichen Zwecken verwendet, sondern um sich das Fortkommen zu erleichtern. Das aber rechtfertigte in jedem Fall die Anwendung von Art. 252 Ziff. 1 Abs. 4 StGB.
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