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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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46. Urteil des Kassationshofes vom 6. September 1973 i.S. Müller gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Uri. | |
Regeste |
Aufstellen eines Spielautomaten in einer Wirtschaft. |
2. Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Veruntreuung des Gewinnanteils des Inhabers des Aufstellplatzes durch den Aufsteller? (verneint) (Erw. 2 b). | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 3. Oktober 1972 sprach das Landgericht Uri Müller der Veruntreuung nach Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig, hielt ihm jedoch Rechtsirrtum zugute (Art. 20 StGB) und nahm deswegen von einer Strafe Umgang.
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Auf Berufung Müllers und Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft Uri bestätigte das Obergericht dieses Kantons den erstinstanzlichen Schuldspruch, verneinte jedoch einen Rechtsirrtum und verurteilte Müller zu einer bedingt aufgeschobenen Gefängnisstrafe von 14 Tagen.
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C.- Müller führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Uri hat sich mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde vernehmen lassen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: | |
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2. Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit der Wirtin wohl einen schriftlichen Vertrag über den Geldspielautomaten habe abschliessen wollen. Tatsächlich aber sei es wegen der Weigerung der Wirtsleute nicht zur Unterzeichnung dieses Vertrags gekommen. Müller habe aber trotzdem den Apparat über die Probefrist eines Monats ![]() | 7 |
Demgegenüber stellt sich Müller auf den Standpunkt, dass keine rechtsverbindliche vertragliche Abmachung bestanden habe, sondern bloss ein Versprechen auf Zusehen hin, das abhängig gewesen sei vom Zustandekommen eines schriftlichen Vertrags. Ein Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der Wirtin habe aufgrund einer so vagen und unsicheren Abmachung nicht entstehen können. Vor allem aber bleibe offen, weshalb ein Teil der Einnahmen wirtschaftlich zum Vermögen der Wirtin gehört habe. Auch habe das Obergericht ausser acht gelassen, dass die Wirtin den Beschwerdeführer zum Abholen des Apparats aufgefordert und damit ihren Rücktritt von einem allfälligen Vertrag erklärt habe. Von einem Vertrauensverhältnis könne deshalb keine Rede sein.
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a) Die Frage, ob durch das verbindlich festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers und der Wirtin stillschweigend ein Vertrag abgeschlossen worden sei, ist eine zivilrechtliche Vorfrage, die vom Kassationshof zu entscheiden ist. Sie ist mit dem Obergericht zu bejahen. Nachdem nämlich die Wirtin schon bei Aufstellen des Automaten durch den Beschwerdeführer und dann wieder nach Ablauf der Probefrist sich geweigert hatte, den ihr vorgelegten Vertragstext zu unterzeichnen, und überdies ihr Ehemann sich Müller gegenüber in gleichem Sinne geäussert hatte, weil bereits mit einer anderen Firma eine Abmachung bestehe, konnte der Beschwerdeführer nicht ernsthaft mit der Unterzeichnung des Vertrags rechnen. Dennoch hat er den Automaten mehr als ein Jahr lang im "Ochsen" belassen und ![]() | 9 |
b) Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass diese Einnahmen im Ausmass des geschuldeten Gewinnanteils dem Beschwerdeführer im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB anvertraut gewesen sind.
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Vereinbarungen, welche der Aufsteller von Münzautomaten mit dem Inhaber eines Aufstellplatzes schliesst, werden in Fachkreisen als Aufstellverträge bezeichnet. Sie weisen rechtlich im wesentlichen Züge eines Mietgeschäftes aus, zu denen jedoch über eine blosse Raummiete hinausgehende vertragliche Verpflichtungen der Parteien hinzutreten können. Diesfalls erscheinen sie als gemischte Verträge, die neben mietrechtlichen Merkmalen namentlich solche gesellschaftsrechtlicher Art umfassen (BÜRKE, Der Warenautomat im schweizerischen Recht, Diss. St. Gallen 1967, S. 2, 15, 23). Ob in concreto eine blosse Platzmiete gegeben ist oder nicht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.
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In der vorliegenden Sache steht nach dem angefochtenen Urteil einzig fest, dass sich die Wirtin stillschweigend zum "Belassen" des Spielautomaten in ihrem Gasthaus herbeigelassen hatte, während der Beschwerdeführer dafür 50% der jeweiligen Einnahmen aus dem Apparat an sie auszahlen musste. Andere beidseitige Verpflichtungen hat die Vorinstanz nicht festgestellt und sind auch nicht belegt. Tatsächlich hatte sich die Wirtin stets geweigert, einen schriftlichen Vertrag mit einer eingehenderen Regelung ihrer Beziehungen zum Beschwerdeführer zu unterzeichnen. Das lässt den Schluss zu, dass sie ihre Verpflichtungen Müller gegenüber auf ein Minimum beschränken wollte und vorwiegend bloss an einem Entgelt für das Zurverfügungstellen eines Aufstellplatzes interessiert war. Ist dem aber so, dann konnte sie ihrerseits vom Beschwerdeführer auch nur eine ihrer eigenen Leistung entsprechende Gegenleistung ![]() | 12 |
Hatte aber der Beschwerdeführer die von den Spielern in den Automaten eingeworfenen Einsätze in eigenem Interesse erhalten, so kann nicht gesagt werden, sie seien ihm im Ausmass von 50% anvertraut gewesen, damit er sie in diesem Umfang an die Wirtin abliefere. Seine Verpflichtung zur Bezahlung des Entgelts ging über den Rahmen einer bloss schuldrechtlichen Pflicht zur Vertragserfüllung nicht hinaus und schloss keine Treuepflicht im Sinne des Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB in sich. Fehlt es demnach am Tatbestandselement des Anvertrautseins, so wurde Müller zu Unrecht wegen Veruntreuung bestraft. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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