BGE 100 IV 1 | |||
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1. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 8. März 1974 i.S. Greber gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern. | |
Regeste |
1. Begriff von Mittäterschaft und Anstiftung (Erw. 4). | |
4. Der Beschwerdeführer wurde vom Obergericht sowohl wegen Mittäterschaft zu Falschbeurkundung als auch wegen Anstiftung hierzu verurteilt. | |
a) Zu Unrecht bestreitet der Beschwerdeführer seine Mittäterschaft. Die unwahre Rückdatierung der Quittung erfolgte durch ihn, insoweit er das unrichtige Datum auf das Schriftstück setzte und es zur Unterschrift Frau Aeberhard gab. Er war damit an der Erstellung der unwahren Urkunde massgeblich beteiligt. Dies umso mehr, als er den Inhalt der Urkunde von sich aus, ohne vorherige Absprache mit Frau Aeberhard niederschrieb, und als er es war, der die Initiative zur Tat ergriff, um dann die Urkunde zu seinem Vorteil in dem gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahren zu verwenden. Durch Unterzeichnung vollendete Frau Aeberhard die unwahre Verurkundung und wurde deshalb mit Recht ebenfalls als Mittäterin verurteilt.
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Die Vorinstanz stellt in tatsächlicher Hinsicht fest, dass Frau Aeberhard sich erst auf die Bitte oder die Aufforderung des Angeklagten hin zur Tat entschloss. Diese Feststellung der Vorinstanz bindet den Kassationshof.
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Zur Anstiftung genügt es aber, dass jemand den Täter durch blosses Überreden (SCHWANDER, Nr. 260) oder Bitten (HAFTER, Allg. Teil S. 226; SCHULTZ, Allg. Teil I S. 232) zur Tat bewegt. Nicht nötig ist, dass er einen grössern Widerstand überwinde. Anstiftung wäre nur dann ausgeschlossen, wenn Frau Aeberhard auch ohne Aufforderung, schon auf die blosse Mitteilung des Sachverhalts hin, zur Tat entschlossen gewesen wäre (BGE 72 IV 100, BGE 93 IV 57 oben). Das war nach dem Gesagten nicht der Fall.
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Da nach neuer Praxis des Kassationshofes (BGE 96 IV 66 E. 1) schon der Schuldspruch den Angeklagten beschwert, nicht erst die ausgesprochene Rechtsfolge, ist die aufgeworfene Frage unabhängig davon zu prüfen, ob die zusätzliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Anstiftung das Strafmass beeinflusst hat. Der Unterschied, dass in BGE 96 IV 66 von Strafe schlechtweg abgesehen wurde, hier aber die Verurteilung zu einer Strafe wegen Mittäterschaft auf alle Fälle bestehen bleibt, ist unerheblich. Wird jemand durch den Schuldspruch als solchen in seinen rechtlich geschützten Interessen belastet, dann wird er es auch dann, wenn im Urteil ein Schuldspruch zuviel erscheint. Diese Praxis dient auch der einheitlichen und richtigen Rechtsanwendung, Sinn und Zweck der Nichtigkeitsbeschwerde (vgl. BGE 70 IV 123 E. 3).
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b) Die vorherrschende Lehre in der Schweiz lässt die Teilnahme (einschliesslich Anstiftung) in der Täterschaft, die Gehilfenschaft in der Anstiftung aufgehen (THORMANN/VON OVERBECK, vor Art. 24 N. 11, Bd. 1 S. 120; GERMANN, Das Verbrechen, S. 87 und 197 N. 5; SCHWANDER, Nr. 256 Ziff. 3 und Nr. 317; PIOTET, JdT 1959 IV S. 131 f.; BAUR, Die Anstiftung, Diss. Fribourg 1962, S. 72 ff. Im gleichen Sinn RStrS 1969 Nr. 56 BS = BJM 1969, 30).
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Gleicher Ansicht sind Lehre und Rechtsprechung in Deutschland und Österreich, die in Hinsicht auf die Teilnahme eine analoge Regelung wie die Schweiz haben (z.B. VON LISZT, Lehrbuch, 21./22. Aufl. 1919, § 52 IV S. 219 und § 56 II S. 230 mit Verweis u.a. auf RGSt 47 S. 372, 48 S. 206; R. VON HIPPEL, Deutsches Strafrecht, Bd. 2, 1930, S. 465; FRANK, Kommentar, 18. Aufl. 1931, vor § 47 N. VII S. 112 und § 73 N. VII 1b S. 231, mit Verweis auf RGSt 62 S. 74; SCHÖNKE/SCHRÖDER, vor § 47 N. I 20, mit Verweis auf RGSt 70 S. 296; JESCHECK, Lehrbuch, 2. Aufl., § 64 V 2 S. 528 und § 69 II 2a S. 561, mit Verweis auf BGH 4 S. 247; Leipziger Kommentar, 9. Aufl. 1970, vor § 47 N. 33 (Busch); RITTLER, Strafrecht, Bd. 1 S. 256).
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c) Nach Art. 24 StGB untersteht der Anstifter der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet. Diese für den Angestifteten bestimmte Strafe gilt das Unrecht ab, das der Täter begeht. Letztlich ist der Vorsatz des Anstifters wie derjenige des Täters auf die Herbeiführung des deliktischen Erfolges gerichtet, gleichgültig ob man den Anstifter als intellektuellen Urheber des Delikts oder als einen akzessorischen Teilnehmer der Tat eines andern ansieht (HAFTER, Allg. Teil S. 227 und 228 oben). Zum Erfolg trägt der Anstifter bei, indem er eine weitere Kraft für das verbrecherische Unternehmen gewinnt. Damit nimmt er an der Beschliessung, Planung und Vorbereitung der Tat wesentlichen Anteil und stellt sich so mit dem Mittäter schuldmässig auf eine Stufe. Auch wenn der Anstifter mit dem Angestifteten an der Verwirklichung der Tat weiter zusammenwirken will, geht sein Beitrag tatbestandsmässig nicht über denjenigen eines andern Mittäters hinaus, der an der Beschliessung und Ausführung des Deliktes in leitender Weise beteiligt ist. Den Täter trift die ganze, ungemilderte Strafdrohung, weil er für die Tat voll verantwortlich ist. In der Täterschaft geht jede Beteiligung auf, mag sie noch so bedeutungsvoll sein. Denn diese kann nicht weiter gehen, als wenn der Täter die ganze Tat allein vollbracht hätte. Eine Strafschärfung für Teilnahme einer grösseren Anzahl von Personen (vgl. Art. 1l2 ital. CP), ist unserer Rechtsordnung nur bei der Bandenmässigkeit, den Rottendelikten und andern besondern Tatbeständen bekannt. Im übrigen kann die besondere Intensität der verbrecherischen Tätigkeit, wie sie im Zusammenschluss mehrerer zum Ausdruck kommen kann, nur im ordentlichen Strafrahmen berücksichtigt werden. Schliesslich wird der gesetzliche Tatbestand nur einmal erfüllt,.auch wenn sich zwei Personen zu seiner Verwirklichung zusammenschliessen, wobei die Art der Rollenverteilung sekundärer Natur ist. Es wäre künstlich und für die Feststellung des vom einzelnen Beteiligten verübten Tatanteils oft mit grossen Schwierigkeiten verbunden, würde die Handlungsweise jedes einzelnen isoliert und als eigenständiges Delikt betrachtet. Deshalb wird der Beitrag jedes einzelnen, der im Rahmen des gemeinsamen Planes liegt, jedem andern Teilnehmer zugerechnet. Nur in der Gesamtschau kann die Bedeutung jedes Beitrages objektiv und subjektiv richtig gewertet werden. Diese ganzheitliche Betrachtung ist deshalb mit der individualisierenden Zumessung von Strafen und Massnahmen, wie sie der subjektive Täterbegriff und Art. 26 StGB fordern, vollauf vereinbar.
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d) Da Art. 24 StGB den Anstifter mit der für den Haupttäter vorgesehenen Strafte belegt, lässt das Gesetz für die Korruptionstheorie (SCHULTZ, Allg. Teil I S. 233; TRECHSEL, op.cit. S. 12 ff., 32 ff.; teilweise auch BGE 73 IV 240, BGE 81 IV 40) keinen Raum, soweit sie eine besondere Verurteilung wegen der Gefahr sozialer Desintegration des Angestifteten fordert. Eine. solche Verurteilung hätte die Gefährdung der moralischen Integrität des Angestifteten zum Gegenstand, also ein anderes Rechtsgut, das nicht durch die Strafdrohung für die Haupttat geschützt wird. Eine selbständige Verurteilung deswegen, dass der Anstifter den Angestifteten korrumpiert und ihn dadurch der Schande, Bestrafung und sozialen Desintegration aussetzt, bedürfte somit einer besondern Strafdrohung. Sie kann nicht aus der Strafe der Haupttat abgeleitet werden. Der besondern Intensität des verbrecherischen Willens, die aus der Anstiftung sprechen mag, kann im Rahmen der für den Täter vorgesehenen Strafdrohung genügend Rechnung getragen werden.
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