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4. Urteil des Kassationshofes vom 21. März 1975 i.S. Rebmann gegen Generalprokurator des Kantons Bern. | |
Regeste |
Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB. | |
Sachverhalt | |
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2. a) Am 5. September 1969 wurde in Mailand zum Nachteil der Società Ittica Elbana ein Personenwagen Alfa Romeo im Werte von Fr. 10'000.-- bis 11'000.-- gestohlen und durch einen Unbekannten in die Schweiz verbracht. Am 8. September 1969 wurde das Fahrzeug verzollt und in der Folge durch einen unbekannten Dritten Rebmann telefonisch angeboten. Rebmann verwies den Dritten an Grossniklaus und erklärte diesem, mit der Herkunft des Wagens stimme etwas nicht, aber die Gefahr der Entdeckung sei gering. Rebmann hatte weder den Anbieter noch das Fahrzeug gesehen, ![]() | 2 |
b) Am 21. Oktober 1969 wurde in Mailand zum Nachteil des Maveri ein Personenwagen Porsche gestohlen und durch Pirovano in die Schweiz verbracht und von Rebmann verzollt. Durch Vermittlung Hofers wurde der Wagen von Pirovano zuerst Acklin angeboten. Dieser wollte ihn jedoch nicht kaufen und wies Hofer und Acklin an Rebmann. In Rothenbühler fand Rebmann einen Interessenten. Rothenbühler unterschrieb bei Rebmann einen Kaufvertrag und drückte den ursprünglich eingesetzten Preis von Fr. 15'500.-- auf Fr. 10'000.-- herab. Diesen Betrag händigte er Pirovano aus, als er mit diesem im gekauften Wagen sass, während Rebmann draussen wartete. Rebmann hatte Verdacht geschöpft, die Sache mit dem Porsche sei "faul" und deshalb Rothenbühler gewarnt. Rebmann erhielt keine Entschädigung.
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c) Am 29. Dezember 1969 wurde in Mailand ein weiterer Porsche gestohlen, durch Pirovano in die Schweiz verbracht und am 8. Januar 1970 durch Frau Wiedmer verzollt. Pirovano brachte das Fahrzeug nach Zürich zu Hofer, der bei der Vermittlung des Wagens durch Rebmann an Grossniklaus half. Rebmann wusste, dass er mit einem auf unrechtmässige Weise erlangten Auto handelte. Er erhielt keine Vermittlungsentschädigung.
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B.- Mit Urteil vom 3. Juli 1974 wurde Rebmann vom Strafamtsgericht Bern der wiederholten Hehlerei schuldig erklärt und zu vier Monaten Gefängnis bedingt verurteilt.
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Mit Entscheid vom gleichen Tag verzichtete das Strafamtsgericht darauf, den dem Angeschuldigten im Urteil vom 16. Mai 1968 gewährten bedingten Vollzug für die zehntägige Gefängnisstrafe zu widerrufen; dagegen verwarnte es den Verurteilten.
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Auf Appellation Rebmanns und der Staatsanwaltschaft hin setzte das Obergericht des Kantons Bern am 11. Oktober 1974 die bedingte Gefängnisstrafe wegen Hehlerei auf drei Monate herab. Gleichzeitig ordnete es den Vollzug der am 16. Mai 1968 ausgesprochenen Gefängnisstrafe von zehn Tagen an.
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C.- Rebmann führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, von der Anordnung des Vollzuges sei abzusehen.
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Die in Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB stehende Wendung "in leichten Fällen" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Seine Anwendung lässt im konkreten Fall dem Sachrichter einen Spielraum, der sich von der Betätigung des Ermessens nicht scharf trennen lässt. In Überprüfung solcher Entscheide legt sich der Kassationshof eine gewisse Zurückhaltung auf (BGE 98 Ib 467 E. 3a, 481 E. 3a, 509 E. 2; BGE 97 I 535 E. 3a).
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Der Kassationshof hat bereits in BGE 98 IV 251 E. 3c zur Frage Stellung bezogen, wann ein während der Probezeit begangenes neues Verbrechen oder Vergehen im Sinne von Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB als "leicht" zu gelten hat. Art und Dauer der erneut ausgesprochenen Freiheitsstrafe bieten wohl einen wichtigen Anhaltspunkt für die Bewertung der Tat durch den kantonalen Sachrichter. Sie können aber für den Kassationshof, der die Tat selbständig bewerten muss, schon deshalb nicht einziges Kriterium sein, weil die Gerichte nicht immer nach gleich strengen Massstäben die Strafe zumessen. Letztlich muss auch der Kassationshof auf Grund aller objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalles prüfen, ob der neuen Tat ein leichtes oder ein nicht mehr leicht zu nehmendes Verschulden zugrunde liege und ob allenfalls aussergewöhnliche Umstände in Betracht gezogen werden müssen. Ergänzend sei klargestellt, dass nicht jeder Fall, der nicht das breite Feld durchschnittlicher Taten übersteigt und in diesem Sinne nicht als "schwer" angesehen werden kann, als "leicht" im Sinne des Art. 41 Ziff. 3 StGB gelten kann, wie der Kassationshof schon im nicht veröffentlichten Teil des Urteils vom 15. Mai 1972 i.S. Stierli erkannt hat.
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Nach diesen Grundsätzen erscheint die von der Vorinstanz vorgenommene schematische Grenzziehung bei einem Monat Gefängnis für sich allein genommen als ein zu starres Kriterium ![]() | 12 |
Hätte die Vorinstanz den Vollzug der seinerzeit bedingt ausgesprochenen Gefängnisstrafe ausschliesslich mit der Begründung angeordnet, eine Gefängnisstrafe von drei Monaten könne zum vorneherein nicht oder nur bei Vorliegen ausserordentlicher Umstände als "leichter Fall" angesehen werden, so hätte sie den unbestimmten Rechtsbegriff nicht nach Sinn und Zweck der Vorschrift ausgelegt.
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Sie hat indes zusätzlich geprüft, ob nach den objektiven und subjektiven Umständen ein leichter Fall vorliege.
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Schwerer wiegt der von der Vorinstanz erhobene Vorwurf eines zwielichtigen Charakters, weil der Beschwerdeführer die Interessenten einerseits vor dem Kauf der gestohlenen Fahrzeuge gewarnt, sie anderseits aber wieder beschwichtigt habe.
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Zwar trifft der im angefochtenen Urteil verwendete Ausdruck "im Zwielicht" die Sache nicht genau. Dass Hehler untereinander sich über Verdachtselemente und das grössere oder geringere Risiko, entdeckt zu werden, äussern, liegt im Rahmen der Hehlerei und lässt die Tat noch nicht als besonders verwerflich ![]() | 17 |
Bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte wiegt die dreimalige Hehlerei objektiv und subjektiv nicht mehr leicht. Ohne Bundesrecht zu verletzen, konnte die Vorinstanz daher einen "leichten Fall" im Sinne des Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB verneinen. Dass die Hehlerei das Mittelmass nicht überschritten hat und in diesem Sinne nicht als schwer angesehen werden kann, macht sie noch nicht zu einem "leichten Fall" im Sinne der genannten Bestimmung. Hat man es aber nicht mehr mit einem "leichten Fall" zu tun, erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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