BGE 101 IV 89 | |||
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24. Urteil des Kassationshofes vom 7. März 1975 i.S. Kretzschmar gegen Baupolizei des Kantons Basel-Stadt. | |
Regeste |
BB vom 25. Juni 1971 über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes, Art. 9 Abs. 1. | |
Sachverhalt | |
A.- Gemäss dem Bundesratsbeschluss vom 30. Juni 1971/26. Januar 1972 über die Regionen mit überforderter Baukapazität unterstand die Stadt Basel ab 2. Juli 1971 dem Bundesbeschluss vom 25. Juni 1971 über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes (BauB) und der zugehörigen Verordnung vom 30. Juni 1971 (BauV). Art. 1 Abs. 2 BauB stellte ein Abbruchverbot und eine befristete Ausführungssperre für Bauvorhaben geringerer Dringlichkeit auf. Der preisgünstige Wohnungsbau, unter anderem, war von Abbruchverbot und Ausführungssperre ausgenommen (Art. 3 Abs. 1 lit. b, 5 Abs. 1 lit. a BauB). Zuständig für die Bewilligung von Ausnahmen war teils der Eidg. Beauftragte für die Stabilisierung des Baumarktes (Baubeauftragter), beraten von einem kantonalen Sachverständigengremium gemäss Art. 17 Abs. 2 BauV, teils (insbesondere bei preisgünstigem Wohnungsbau) das Sachverständigengremium, dessen Entscheid an den Baubeauftragten weitergezogen werden konnte (Verordnung vom 26. Juli 1971 über die Zuständigkeit und das Beschwerdeverfahren bei Bewilligungen im Zusammenhang mit den Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes, Art. 2, 3 und 5). Gesuche zuhanden beider Bewilligungsinstanzen wurden von der baselstädtischen Staatlichen Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten (Schlichtungsstelle) entgegengenommen und behandelt.
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B.- Am 2. Februar 1972 stellte Architekt Klaus Kretzschmar namens des Baukonsortiums Markgräflerstrasse bei der Schlichtungsstelle ein Gesuch um Bewilligung des Abbruchs der Wohnhäuser Markgräflerstrasse 80 und 82. Es sah bei einem Landpreis von Fr. 1'773.--/m2 Wohnungsbau vor.
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Am 28. April 1972 offerierte Kretzschmar das Land der Pensionskasse der CIBA-GEIGY zu Fr. 2'140.--/m2.
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Das Sachverständigengremium lehnte das Bauvorhaben am 19. Mai 1972 wegen des hohen Landpreises von Fr. 1'773.--/m2 unter dem Gesichtspunkt des preisgünstigen Wohnungsbaus ab, und am 6. Juni 1972 überwies die Schlichtungsstelle das Gesuch dem Baubeauftragten mit dem Antrag auf Abweisung in sonstiger Hinsicht.
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Am 20. Juni 1972 teilte Kretzschmar dem Baubeauftragten mit, der Landpreis betrage ohne "Landnebenkosten" und "Mietzinsausfälle usw." Fr. 1'630.--/m2 und sei damit 10% höher als der Richtpreis für die fragliche Bauzone von Fr. 1'500.--/m2, was angesichts der auf den betreffenden Parzellen möglichen maximalen Ausnutzung "annehmbar" sei.
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Der Baubeauftragte schrieb am 21. Juni 1972 der Schlichtungsstelle, der Landpreis liege, wie aus einer nachträglichen Eingabe des Architekten hervorgehe, nur etwa 10% über dem normalen; ferner betrage der Landwert nur wenig über ein Drittel der Anlagekosten, was für Basel nicht aussergewöhnlich sei. Er hätte nichts dagegen, wenn das Vorhaben als preisgünstiger Wohnungsbau gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. b BauB bewilligt würde, wofür der Kanton zuständig sei. Für eine Bewilligung in eigener Kompetenz sehe er keine Möglichkeit.
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Aufgrund dieser Empfehlung hiess das Sachverständigengremium am 13. Juli 1972 das Abbruchgesuch nach Art. 3 Abs. 1 lit. b BauB gut, mit der Feststellung, dass der Neubau nicht unter die Ausführungssperre falle. Am 14. Juli 1972 eröffnete die Schlichtungsstelle den Entscheid. Am 18. Juli 1972 begann Kretzschmar mit dem Abbruch.
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Das Sachverständigengremium erhielt am 23. Oktober 1972 vom Verkauf Kenntnis und beschloss, eine Verzeigung Kretzschmars wegen Verletzung des BauB zu veranlassen.
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C.- Das Polizeigericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte Kretzschmar am 14. März 1974 wegen Widerhandlung gegen den BauB zu einer Busse von Fr. 70'000.--.
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Das Appellationsgericht bestätigte dieses Urteil am 23. Oktober 1974.
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D.- Kretzschmar führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung. Die Baupolizei Basel-Stadt beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
Gemäss Art. 8 BauB kann der Bundesrat Bauherren und ihre Beauftragten verpflichten, die im Rahmen des BauB erforderlichen Angaben zu machen. Von dieser Befugnis hat er Gebrauch gemacht in Art. 14 Abs. 1 BauV, der vorschreibt, dass Bauherren oder ihre Beauftragten in Regionen mit überforderter Baukapazität der zuständigen Behörde den Baubeschrieb vorzulegen und den Verwendungszweck sowie die Erstellungskosten des Baues zu melden haben. Nach Art. 9 Abs. 1 Al. 3 BauB ist strafbar, wer, um eine Ausnahmebewilligung für sich oder einen andern zu erlangen, unrichtige oder unvollständige Angaben macht.
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Der Beschwerdeführer hat die Einräumung einer Ausnahme vom Abbruchverbot und von der Ausführungssperre, also eine Ausnahmebewilligung im allgemeinen Sinn der Art. 3 und 5 BauB, verlangt und erhalten. Hierbei hat er unrichtige oder zumindest unvollständige Angaben gemacht und ist dadurch nach Art. 9 Abs. 1 Al. 3 BauB strafbar geworden, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt. Der Abbruch und die Erstellung des Neubaus sind nicht nach den Angaben im Gesuch erfolgt. Insbesondere waren die Landkosten bedeutend höher als die angegebenen Fr. 1'773.--/m2. Dem Beschwerdeführer blieb die Bedeutung des Landpreises für den Ausgang des Bewilligungsverfahrens nicht verborgen. Das Sachverständigengremium lehnte sein Gesuch am 19. Mai 1972 wegen des hohen Landpreises von Fr. 1'773.--/m2 ab. In seinem Schreiben vom 20. Juni 1972 an den Baubeauftragten suchte der Beschwerdeführer die ablehnende Haltung des Sachverständigengremiums zu entkräften und die Bedenken hinsichtlich des Landpreises zu zerstreuen. Er gab unter Bezugnahme auf das Gesuch vom 2. Februar 1972 den Landpreis erneut mit Fr. 1'773.--/m2 bzw. Fr. 1'630.--/m2 an und bezeichnete ihn als annehmbar, weil er nur 10% über dem Durchschnittswert liege. Dabei hatte er der Pensionskasse der CIBA-GEIGY das Land schon am 28. April 1972 zu Fr. 2'140.--/m2, also nicht nur 10%, sondern 42% über dem Durchschnittswert angeboten. Als er an den Baubeauftragten gelangte, wusste der Beschwerdeführer also, dass der Landpreis erheblich über dem im Gesuch angegebenen und im Brief wiederholten Preis liegen würde. Er wäre daher verpflichtet gewesen, die von ihm mit Sicherheit vorausgesehene Überschreitung des Preises der Behörde mitzuteilen. Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP; BGE 98 IV 66, 259 E. 4), hat er die Angabe des falschen Landpreises beabsichtigt, zumindest aber bewusst in Kauf genommen. Er ist deshalb zu Recht im Rahmen der Strafdrohung für vorsätzliches Widerhandeln gegen den BauB bestraft worden.
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Unter diesen Umständen kann, weil sich am Ergebnis nichts ändern würde, offen bleiben, ob der Beschwerdeführer ausserdem unbefugterweise mit dem Abbruch begonnen hat (Art. 9 Abs. 1 Al. 1 BauB).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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