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52. Urteil des Kassationshofes vom 20. Juni 1975 i.S. Keller gegen Statthalteramt Horgen | |
Regeste |
Art. 1 Abs. 8 VRV. |
Eine durch ein Fabrikgelände führende Strasse, die nur von denjenigen befahren werden darf, die von der Fabrikinhaberin eine besondere Bewilligung besitzen, und die für Dritte äusserlich als Fabrikausfahrt in Erscheinung tritt, bildet beim Zusammentreffen mit der Hauptstrasse keine Verzweigung. | |
Sachverhalt | |
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B.- Frau Keller wurde mit Strafverfügung vom 24. Mai 1974 vom Statthalteramt Horgen wegen Nichtgewährens des Rechtsvortritts gemäss Art. 36 Abs. 2 SVG mit Fr. 40.-- gebüsst. Sie verlangte gerichtliche Beurteilung.
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Am 19. September 1974 sprach sie der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Horgen von der Anklage frei, weil ihr das Vortrittsrecht zugestanden sei.
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C.- Frau Keller führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Sie beantragt Freisprechung von Schuld und Strafe.
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D.- Das Statthalteramt des Bezirkes Horgen beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Wie der Kassationshof schon Wiederholt entschieden hat (BGE 95 IV 95, BGE 91 IV 41), stellt das Gesetz damit nicht auf die Eigentumsverhältnisse an einem Verkehrsweg ab, sondern auf die Bedeutung, die dieser für den allgemeinen Fahrverkehr hat. Auch eine dem allgemeinen Verkehr offen stehende Privatstrasse kann von erheblicher Bedeutung sein und daher beim Zusammentreffen mit einer anderen Strasse eine Verzweigung im Sinne des Art. 1 Abs. 8 VRV bilden. Umgekehrt schliesst das Merkmal des öffentlichen Eigentums nicht aus, dass ein Verkehrsweg für den allgemeinen Verkehr bedeutungslos ist (BGE 84 IV 34, BGE 86 IV 189, BGE 91 IV 41). In Weiterverfolgung dieses Gedankens hat die Rechtsprechung die Einmündung eines unbedeutenden Seitensträsschens in eine grosse Durchgangsstrasse nicht als Verzweigung angesehen (BGE 84 IV 32, BGE 92 IV 27) und eine solche auch verneint, wo eine mit einem absoluten Fahrverbot belegte Strasse mit einer dem öffentlichen Verkehr geöffneten zusammentraf (BGE 91 IV 144, BGE 100 IV 85).
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Das Obergericht stellt sich auf den Standpunkt, die letzten 15 m des Pilgerwegs stünden dem allgemeinen Verkehr zur uneingeschränkten Benützung offen. Zudem sei auf dem anschliessenden Teilstück der öffentliche Fahrverkehr nicht absolut verboten, sondern bloss auf die bewilligten Fahrten eingeschränkt. Der Pilgerweg diene somit dem Fahrverkehr und sei daher auf der für diesen bestimmten Fläche Fahrbahn im Sinne des Art. 1 Abs. 4 VRV. Im übrigen sei der Pilgerweg nicht eine Sackgasse, sondern bilde die Verbindung zur Wiesenstrasse. Seine Einmündung in die Schoorenstrasse könne daher nicht einer Ausfahrt gleichgestellt werden.
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Die Frage, ob die Einmündung bis auf eine Tiefe von 15 m als öffentliche Fahrbahn anzusehen ist, kann offen bleiben. Entscheidend ist, dass es sich dabei nur um eine kurze Endstrecke des bedeutend längeren Teils des Pilgerweges handelt, auf welchem der Verkehr nur mit einer Bewilligung der Firma Lindt & Sprüngli gestattet ist. Eine natürliche Betrachtung der Dinge legt es daher nahe, die verhältnismässig kurze Einmündungsstrecke zusammen mit jener in privater Verfügung stehenden, weit längeren Strecke des Pilgerwegs als eine Einheit zu erfassen und sie das rechtliche Schicksal der letzteren teilen zu lassen.
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Hievon ausgehend, liegt der Schluss nahe, dass es sich bei der Einmündung des Pilgerwegs in die Schoorenstrasse um eine ![]() | 14 |
Ferner spielt das äussere Erscheinungsbild als Fabrikausfahrt eine Rolle. Soweit er auf Ausfahrten Bezug hat, will Art. 1 Abs. 8 VRV vermeiden, dass der auf öffentlicher Strasse verkehrende Führer an solchen Stellen stets mit den Vortritt beanspruchenden Fahrern rechnen muss. Müsste er das tun, würde nicht nur die Flüssigkeit, sondern auch die Sicherheit des Verkehrs darunter leiden; es wäre nämlich im konkreten Fall für den nicht ortskundigen Führer insbesondere ausserhalb der Zeiten, in welchen eine Fabrik die Arbeit beginnt oder beendet, häufig schwer abzuschätzen, ob es sich um eine Verzweigung oder eine Fabrikausfahrt handelt, wenn nicht auf das äussere Erscheinungsbild abgestellt werden dürfte. Da ![]() | 15 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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