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53. Urteil des Kassationshofes vom 25. April 1975 i.S. Jucker gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich | |
Regeste |
Art. 47 Abs. 5 VRV. | |
Sachverhalt | |
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Als Jucker sich der Verzweigung näherte, um nach links in die Säntisstrasse abzubiegen, überquerte die 79jährige Emma Fetz mit nach rechts abgewandtem Blick ausserhalb des Fussgängerstreifens von rechts nach links die Rosenbergstrasse bis zum "Bödeli". Danach betrat sie die Säntisstrasse, um auch diese zu überqueren. In diesem Augenblick wurde sie von Jucker angefahren. Sie erlitt dabei schwere Verletzungen, denen sie einige Stunden nach dem Unfall erlag.
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Am 17. Dezember 1974 bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich den erstinstanzlichen Entscheid.
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C.- Jucker führt Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt Freisprechung vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Im vorliegenden Fall habe die Vorinstanz zu Unrecht solche Anzeichen für ein Fehlverhalten der Frau Fetz bejaht. Diese habe die beiden Strassen nicht in einem Zuge überquert. Zuerst habe sie die Rosenbergstrasse überschritten und diese Phase mit dem Erreichen des "Bödelis" abgeschlossen. Dieses sei ![]() | 8 |
Mit einem andern Verhalten habe er auch nicht deswegen rechnen müssen, weil die Fussgängerin nur nach rechts geblickt habe. Dass sie dies auf der zweiten Hälfte der Rosenbergstrasse getan habe, sei durchaus vernünftig gewesen, da sie einen allfälligen Verkehr aus jener Richtung habe erwarten müssen. Auf dem Bödeli habe sich dann auch die zuvor verdeckte Sicht nach rechts in die Säntisstrasse geöffnet, sodass ihr Verhalten auch in diesem Zeitpunkt natürlich gewesen sei. Die Dauer, während welcher sie unverwandt nach rechts geblickt habe, sei von der Vorinstanz selber mit 2,7 Sekunden angegeben worden, was nicht aussergewöhnlich lange gewesen sei.
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Sodann könne auch aus dem Umstand, dass er Bremsbereitschaft erstellt habe, nichts für ihn Nachteiliges gefolgert werden. Schliesslich habe die Vorinstanz nicht geprüft, ob er hätte erkennen können, dass es sich bei der Fussgängerin um eine alte Frau gehandelt habe. Er hätte dies tatsächlich nicht tun können, weil die Fussgängerin während der Zeit, da er sie beobachtet habe, nicht nach seiner Seite hin geblickt habe. Ihr Gang aber sei normal gewesen und habe nicht auf ihr hohes Alter schliessen lassen. Auch Zeugen hätten sie nicht als alte Frau erkannt. Er habe deshalb keinen Grund gehabt, seine an sich geringe Geschwindigkeit noch zu mässigen oder ein Warnsignal zu geben.
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3. Der Beschwerdeführer war gegenüber der Fussgängerin, welche die beiden Strassen ausserhalb eines Fussgängerstreifens zu überqueren beabsichtigte, unzweifelhaft vortrittsberechtigt ![]() | 11 |
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Die Auffassung der Vorinstanz, wonach es sich bei dem "Bödeli" nicht um eine der in verkehrsreichen Strassen üblicherweise zum Schutz der Fussgänger angelegte Schutzinsel handle und sich der Beschwerdeführer deshalb nicht darauf habe verlassen dürfen, dass die Geschädigte auf jener Plattform vor dem Betreten der Säntisstrasse einen Sicherheitshalt machen und sich vergewissern werde, ob aus der Anfahrtsrichtung des Beschwerdeführers nicht Fahrzeuge herannahen würden, vermag nicht zu überzeugen. Wohl trifft es zu, dass das besagte "Bödeli" nicht durch Fussgängerstreifen mit den gegenüberliegenden Strassenrändern verbunden ist und damit nicht dem entspricht, was üblicherweise als Fussgängerschutzinsel gilt. Dennoch ist nicht zu übersehen, dass die den Winkel zwischen den beiden Strassen ausfüllende Rabatte von den Behörden selber so ausgestaltet worden ist, dass deren Spitze nicht wie der übrige Teil bepflanzt, sondern geteert ist. Damit aber - und insoweit ist dem Beschwerdeführer beizupflichten - wurde faktisch eine Anlage geschaffen, die derjenigen einer üblichen Schutzinsel entspricht (BUSSY/RUSCONI, N. 3 zu Art. 7 VRV), bzw. von den Strassenbenützern als solche verstanden werden konnte, zumal das Gesetz den Begriff der Verkehrsinsel (Art. 7 Abs. 3 VRV) nicht näher umschreibt. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, der Automobilist dürfe (immer unter Vorbehalt anderer Gefahrenzeichen) sich nicht darauf verlassen, dass ein Fussgänger, der ![]() | 13 |
Unter diesen Umständen genügte der Beschwerdeführer seiner Vorsichtspflicht, wenn er in diesem Moment, d.h. als sich die Fussgängerin noch auf dem "Bödeli" befand, bloss Bremsbereitschaft erstellte. In dieser Phase des Geschehens war er demnach nicht verpflichtet, sein Fahrzeug bereits abzubremsen, da er damit rechnen durfte, Frau Fetz werde vor dem Betreten der Säntisstrasse noch nach links blicken. Das Bremsmanöver musste er erst dann beginnen, als die Fussgängerin das "Bödeli" verliess und auf die Säntisstrasse hinaustrat.
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5. Da die fahrlässige Tötung ein Erfolgsdelikt ist, stellt sich die Frage, ob der Beschwerdeführer zeitlich überhaupt in der Lage war, sein Fahrzeug vor der Fussgängerin anzuhalten. Die Vorinstanz hat das bejaht, jedoch aufgrund einer zeitlichen Berechnung, die von dem Augenblick ausging, in welchem der Beschwerdeführer Frau Fetz zum ersten Mal erblickte, m.a.W., als diese noch auf der Rosenbergstrasse 1,50 m vom "Bödeli" entfernt war. Wie bereits ausgeführt, hat jedoch der Beschwerdeführer in diesem Zeitpunkt allein deswegen, weil Frau Fetz stets nach rechts blickte, noch keine Veranlassung gehabt, mit einem Fehlverhalten der Fussgängerin zu rechnen (Erw. 3 oben). Anders wäre es nur dann, wenn ![]() | 15 |
Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie zu diesem Punkt Stellung nehme. Sollte sie nach Anhörung des Beschwerdeführers (BGE 74 I 10, 98 IV 59) zu einer positiven Beantwortung der Frage gelangen, dann hätte dieser schon als er sah, dass Frau Fetz ausserhalb eines Fussgängerstreifens die Rosenbergstrasse überquerte, alles zur Vermeidung des Unfalls vorkehren müssen, denn "alten" Leuten gegenüber kann sich der Führer nicht auf das Vertrauensprinzip berufen (Art. 26 Abs. 2 SVG; v. WERRA, ZWR 1970, S. 200 Ziff. 2 und S. 203). Diesfalls müsste es auch bei der von der Vorinstanz auf den Seiten 11/12 des angefochtenen Urteils angestellten Berechnung sein Bewenden haben und der Beschwerdeführer wäre erneut der fahrlässigen Tötung schuldig zu erklären.
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Im Falle einer negativen Antwort wird die Vorinstanz abzuklären haben, ob der Beschwerdeführer zeitlich in der Lage war, sein Fahrzeug rechtzeitig anzuhalten, als die Fussgängerin die Säntisstrasse betrat. Insbesondere wird zu prüfen sein, in welcher Entfernung sich das Fahrzeug des Beschwerdeführers von Frau Fetz befand, als diese vom "Bödeli" auf die Strasse hinaustrat und in welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer zu bremsen begann. Zeigt es sich anhand der erneut anzustellenden Berechnungen, dass dieser vom Moment an, wo die Fussgängerin das "Bödeli" verliess, auch bei Vollbremsung einen Zusammenstoss nicht mehr vermeiden konnte, so wird er vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freizusprechen sein, zumal ihm keine Anzeichen den Eindruck vermittelten, die Fussgängerin werde sich unkorrekt verhalten und ihm den Vortritt nicht lassen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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