![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
36. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. Oktober 1976 i.S. Institut X., Institut Y., Z. S.A. gegen M. und M. | |
Regeste |
1. Art. 28 StGB in Verbindung mit Art. 13 lit. b UWG. Eine Aktiengesellschaft, die seinerzeit Strafantrag wegen unlauteren Wettbewerbs gestellt hat, und die in der Folge durch Konkurs aufgelöst wurde, ist aus dem Wettbewerb ausgeschieden. Für allfällige nach ihrer Auflösung begangene Widerhandlungen gegen das UWG ist sie nicht mehr strafantragsberechtigt. Art. 28 Abs. 4 StGB ist im Falle der Auflösung einer Aktiengesellschaft nicht anwendbar. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Das Institut X. und das Institut Y. in Zürich verfolgen ähnliche Zwecke. So war es auch mit der Firma Z. S.A. in Lausanne, die am 22. April 1971 durch Konkurs aufgelöst worden ist. Inhaber des Instituts X. ist A., Inhaberin des Instituts Y. Frau D., die Schwester von X. Hauptaktionär der Z. S.A. war F.
| 2 |
2. Am 29. März 1973 klagte X. gegen die Gemeinschaft mit dem Begehren, es sei dieser unter Ungehorsamsstrafe zu verbieten, das Wort "A" in der Firma zu verwenden, es in ihren Reklamen, Broschüren, Korrespondenzen usw. zu gebrauchen, sowie ihr Signet zu benützen, eventuell sei sie zu verpflichten, das Wort "A" und das Signet nur mit dem Zusatz "für Erwachsenenfortbildung AG" zu verwenden. In letzter Instanz wies die I. Zivilabteilung des Bundesgerichtes am 22. Oktober 1974 die Berufung des X. wegen Verwirkung beider Begehren ab. Sie nahm an, die Beklagte habe die Bezeichnung "A" seit ihrer Gründung im Jahre 1956, sei es allein oder mit einem Zusatz, stets als Firma verwendet. Das gleiche gelte für das Signet, bestehend aus einer Skizze und einer Kurzbezeichnung, denen zeitweise in Kleindruck das Wort "A" beigefügt worden sei. Dieses Wort sei auch in Inseraten und Werbeschriften schon vor 1964 als Hauptbestandteil der Firma oft allein benützt worden. Es habe demnach durch seinen Gebrauch von 1956 bis 1971 als kennzeichnender Bestandteil der Firma Verkehrsgeltung erlangt. Die Firma sei zudem ohne Beanstandungen im Handelsregister eingetragen worden, sodass die Beklagte auch guten Glaubens habe annehmen dürfen, die Bezeichnung sei zulässig. Schliesslich habe X. die Firma der Beklagten während rund elf Jahren nicht beanstandet.
| 3 |
3. Bereits am 23. Dezember 1969 hatten das Institut X., das Institut Y. und die Z. S.A. gegen den Verwaltungsratspräsidenten M. und das Verwaltungsratsmitglied M., Strafantrag wegen unlauteren Wettbewerbs gestellt. Am 8. Januar 1974 wurde gegen die genannten Organe der Gemeinschaft Anklage ![]() | 4 |
B.- Am 22. April 1975 sprach das Bezirksgericht Zürich M. und M. des unlauteren Wettbewerbs gemäss Art. 13 lit. b UWG schuldig und büsste sie mit je Fr. 10'000.--, bedingt löschbar nach zwei Jahren.
| 5 |
Das Obergericht des Kantons Zürich trat am 19. Mai 1976 auf die Anklage betreffend fortgesetzten unlauteren Wettbewerbs im Sinne von Art. 13 lit. b und 15 UWG nicht ein.
| 6 |
C.- Das Institut X., das Institut Y. und die Z. S.A. führen eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Obergerichtes sei aufzuheben und die Beschwerdegegner seien gemäss Art. 13 lit. b UWG des unlauteren Wettbewerbs schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen, eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zur Schuldigsprechung und Bestrafung zurückzuweisen.
| 7 |
Die Beschwerdegegner beantragen Abweisung der Beschwerde.
| 8 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
9 | |
2. Ist davon auszugehen, dass von den eingeklagten Inseraten nur die in das Jahr 1974 fallenden durch den Strafantrag vom 2. Oktober 1974 gedeckt sind, so stellt sich weiter die Frage, ob dieser Antrag noch namens der - wie bereits festgestellt - am 22. April 1971 durch Konkurs aufgelösten Z. S.A. gestellt werden konnte. Die Vorinstanz hat die Frage verneint, weil die Rechtsanwalt G. am 24. Dezember 1969 von der Z. S.A. erteilte Vollmacht mit der Auflösung der AG erloschen sei (Art. 35 Abs. 2 OR). Der genannte Anwalt sei deshalb nicht befugt gewesen, den Strafantrag vom 2. Oktober 1974 auch für diese Gesellschaft zu stellen. Ein automatischer ![]() | 10 |
a) Nach Art. 35 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 OR hat die Auflösung einer juristischen Person oder einer im Handelsregister eingetragenen Gesellschaft das Erlöschen einer von ihr erteilten Vollmacht zur Folge, sofern nicht das Gegenteil vereinbart ist oder aus der Natur des Geschäftes hervorgeht. Unter Berufung auf diese Bestimmung und den Text der Vollmacht, derzufolge diese "mit dem Tod, der Verschollenerklärung, dem Verlust der Handlungsfähigkeit oder dem Konkurs des Vollmachtgebers" nicht erlöschen sollte, wird in der Beschwerde geltend gemacht, die im Dezember 1969 von der Z. S.A. dem Rechtsanwalt G. ausgestellte Vollmacht sei mit der Auflösung der genannten Gesellschaft nicht untergegangen.
| 11 |
Abgesehen davon, dass die Fortdauer einer Vollmacht über die Auflösung einer juristischen Person hinaus an sich schon problematisch ist, wenn diese keine Rechtsnachfolgerin hat (GAUTSCHI, Kommentar Nr. 7a zu Art. 405 OR), könnte der in der Beschwerde vorgetragenen Auffassung höchstens beigepflichtet werden, wenn das Handeln von Rechtsanwalt G. im Rahmen der Fortsetzung eines bereits namens der Vollmachtgeberin eingeleiteten Prozessverfahrens gelegen wäre (s. BGE 50 II 30). Davon kann jedoch bezüglich des Strafantrags vom 2. Oktober 1974 nicht die Rede sein. Mit diesem wurde ein neues Verfahren mit neuen Tatbeständen veranlasst und nicht einfach ein früheres fortgesetzt.
| 12 |
![]() | 13 |
b) In dem Masse, als in der Beschwerde einem Übergang der Antragsberechtigung von der genannten Aktiengesellschaft auf F. als deren Hauptaktionär und Direktor das Wort geredet wird, geschieht dies erneut mit der offensichtlich unhaltbaren Verweisung auf Art. 28 Abs. 4 StGB. Der Gesetzgeber hat mit dieser Bestimmung eine Ausnahme von der Regel der Unübertragbarkeit des Antragsrechtes zugunsten der Angehörigen des Verletzten geschaffen, der vor Stellung eines Strafantrags gestorben ist. Dabei hat er sich nicht etwa von Erwägungen leiten lassen, die an eine zivilrechtlich vorgegebene Nachfolge in die Rechte des verstorbenen Verletzten (Erbrecht) anschlossen, sondern den Angehörigen das Antragsrecht aus persönlichen Gründen, wegen der engen familiären Bindungen zum Verstorbenen zugestanden (LOGOZ, Nr. 3b zu Art. 28; THORMANN/V. OVERBECK, N. 13 zu Art. 28; ZR 1962 Nr. 180 S. 383). Das allein schon würde gegen eine analoge Anwendung des Art. 28 Abs. 4 StGB auf den Fall der Auflösung einer Aktiengesellschaft sprechen.
| 14 |
Selbst wenn man aber einen solchen Analogieschluss ziehen wollte, hülfe das deswegen nichts, weil die Angehörigen nach Art. 28 Abs. 4 StGB nur wegen strafbaren Handlungen Antrag stellen können, die vor dem Tod des Verletzten verübt worden sind (BGE 87 IV 105, REHBERG, a.a.O., S. 255). Die ![]() | 15 |
c) Ist demnach die genannte Aktiengesellschaft bezüglich der eingeklagten Handlungen nicht Antragsstellerin, dann ist auch auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten, als sie namens dieser Gesellschaft eingereicht wurde.
| 16 |
17 | |
Die vorgenannten beiden Beschwerdeführer machen demgegenüber geltend, die Vorinstanz übersehe, dass es hier nicht um den zivilrechtlichen, sondern den strafrechtlichen Schutz gehe. Auf dem Gebiet des Strafrechts aber sei die spezifisch zivilrechtliche, insbesondere wettbewerbsrechtliche Institution der Verwirkung schlechthin unbekannt. Der Strafanspruch stehe nicht unter dem Grundsatz von Treu und Glauben. Das folge auch aus Art. 13-15 UWG, welche die strafrechtlich erfassbaren Wettbewerbsverstösse besonderen Regeln unterstellten und nicht schlechthin die zivilrechtlichen Verstösse übernähmen, insbesondere auch nicht die Generalklausel. Im übrigen löse der Strafantrag nur den öffentlichen Strafanspruch des Staates aus, seien doch die in Frage stehenden ![]() | 18 |
a) Wer sich nach Art. 13 lit. a-g UWG des unlauteren Wettbewerbs schuldig macht, wird "auf Antrag von Personen oder Verbänden, die zur Zivilklage berechtigt sind", bestraft. Zur Zivilklage berechtigt sind nach Art. 2 Abs. 1 und 2 UWG nicht irgendwelche Personen, sondern nur die Mitbewerber und die Kunden. Aber auch diesen steht die zivilrechtliche Klagebefugnis bloss zu, wenn sie als Mitbewerber in ihren rechtlich geschützten wirtschaftlichen Interessen unmittelbar geschädigt oder gefährdet, bzw. als Kunden in diesen Interessen direkt geschädigt sind; eine blosse Gefährdung genügt hier nicht (BBl 1942 S. 684; BGE 83 IV 105, BGE 90 IV 41 E. 1, 170). Wegen unrichtigen oder irreführenden Angaben kann deshalb nur derjenige Kunde Zivilklage erheben, der tatsächlich getäuscht und dadurch unmittelbar in seinen wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigt wurde, nicht auch derjenige, der in ![]() | 19 |
Ist dem so, dann ist es aber auch mit dem Sinn jener Ordnung vereinbar, von einer Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs abzusehen, wo der Verletzte nicht mehr im Sinne von Art. 2 UWG zur Zivilklage berechtigt ist, sei es, dass er auf das Strafantragsrecht verzichtet oder den Antrag nicht innert der gesetzlichen Frist gestellt hat. Wenn schon der viel weitergehende zivilrechtliche Schutz gänzlich entfällt, besteht kein Anlass zu strafrechtlicher Sanktion, wo diese nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzes selber bloss der Verstärkung des ersteren dienen soll und von dessen Existenz abhängt. Etwas anderes kann auch aus BGE 68 IV 102 nicht abgeleitet werden, weil damals nicht ein Fall unlauteren Wettbewerbs in Frage stand, für welchen der Gesetzgeber eine Sonderordnung geschaffen hat. Dagegen bestätigt BGE 90 IV 171 das Gesagte. In diesem Urteil hat der Kassationshof die Gültigkeit eines wegen unlauteren Wettbewerbs gestellten ![]() | 20 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |