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48. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. Dezember 1976 i.S. X. und Y. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft | |
Regeste |
1. Art. 139 Ziff. 2 Abs. 5 StGB. Verhältnis von Abs. 5 (voraussehbare Todesfolge) zu den Qualifikationsmerkmalen der Abs. 2-4 (E. 2). | |
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2. Fragen kann sich, ob in Fällen, wo der verübte Raub neben der voraussehbaren Todesfolge bereits andere Qualifikationsmerkmale gemäss Art. 139 Ziff. 2 StGB aufweist und demzufolge überhaupt kein Unterschied im Strafminimum besteht, nicht vom normalen Fahrlässigkeitsbegriff auszugehen sei. Das ist zu verneinen. Entscheidend sind nach der Rechtsprechung die Strafminima des einfachen und des durch die voraussehbare Todesfolge qualifizierten Tatbestandes. Art. 139 Ziff. 2 Abs. 5 StGB umschreibt zudem keine qualifiziertere Art eines gegenüber dem einfachen Raub bereits qualifizierten Straftatbestandes, sondern einen unter verschiedenen, ![]() | 1 |
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b) Gemäss Art. 11 StGB kann der Richter die Strafe nach freiem Ermessen mildern (Art. 66 StGB), wenn der Täter zur Zeit der Tat in seiner geistigen Gesundheit oder in seinem Bewusstsein beeinträchtigt oder geistig mangelhaft entwickelt war, so dass die Fähigkeit, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss seiner Einsicht in das Unrecht der Tat zu handeln, herabgesetzt war.
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Zur Annahme verminderter Zurechnungsfähigkeit genügt nicht jede geringfügige Herabsetzung der Fähigkeit, sich zu beherrschen (BGE 73 IV 210). Der Täter muss vielmehr, zumal der Begriff des normalen Menschen nicht eng zu fassen ist (BINDER, SJZ 47, S. 101 ff.; BGE 73 IV 210, BGE 78 IV 212, BGE 81 IV 8), in hohem Masse in den Bereich des Abnormen fallen, seine Geistesverfassung nach Art und Grad stark vom Durchschnitt nicht bloss der Rechts-, sondern auch der Verbrechensgenossen abweichen (BGE 98 IV 154 /55, BGE 100 IV 130). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist weitgehend Ermessensfrage (BGE 73 IV 211). Der Sachrichter ist bei seinem Entscheid nicht an die Schlussfolgerungen eines von ihm eingeholten psychiatrischen Gutachtens gebunden. Er kann dieses vielmehr in tatsächlicher Hinsicht frei auf seine Beweiskraft hin würdigen, und es steht ferner ihm, nicht dem Sachverständigen zu, den von ihm festgestellten Sachverhalt als Verminderung der Zurechnungsfähigkeit im Sinne von Art. 11 StGB zu werten oder zu erklären, er erfülle die gesetzlichen Merkmale dieses Rechtsbegriffes nicht (BGE 75 IV 148 E. 1; BGE 81 IV 8 E. 1; BGE 96 IV 98). Weicht er in Fachfragen von der Auffassung ![]() | 4 |
Der Kassationshof hat auf Nichtigkeitsbeschwerde hin einzig zu prüfen, ob die Vorinstanz Bundesrecht zutreffend angewandt habe, insbesondere ob der von der Vorinstanz für ihn verbindlich festgestellte biologisch-psychologische Zustand, in dem der Täter die Delikte beging (Art. 277bis Abs. 1 BStP), die rechtlichen Merkmale der verminderten Zurechnungsfähigkeit im Sinne von Art. 11 StGB aufweist oder nicht (BGE 81 IV 8).
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c) Nach dem von der Vorinstanz bei der psychiatrischen Universitätsklinik Bern eingeholten Gutachten hat Y. eine neurotische Fehlentwicklung durchgemacht, bei der er seine ursprünglich gute Intelligenzlage verkümmern liess und heute noch eine Intelligenzleistung von 90-95 IQ-Punkten aufweist. Die neurotische Reifungshemmung äussert sich in schwerer Verunsicherung, starken Minderwertigkeitsgefühlen, grosser Ambivalenz, woraus sich wiederum eine grosse Entschlussunfähigkeit ergibt. Dieser Mechanismus führt nach Auffassung des Sachverständigen zu seelischem Druck, aus dem sich unüberlegte Handlungen ergeben könnten, besonders wenn zum Beispiel durch Alkohol die Hemmschranken weggefallen seien. Y. lehne sich in seiner Unsicherheit gerne an andere an, wobei er diese oft überschätze, sich selbst aber unterschätze. Die Fähigkeit, gemäss der vorhandenen Einsicht in das Unrecht der Tat zu handeln, sei in leichtem Grade herabgesetzt gewesen.
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d) Die Vorinstanz geht, ohne das zwar ausdrücklich festzuhalten, offenbar vom biologisch-psychologischen Zustand des Y. aus, wie ihn das Gutachten beschreibt. Sie macht jedenfalls diesbezüglich keinerlei Einschränkungen. Eine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit hat sie, ausgehend von einem rechtlich zutreffenden Begriff der Zurechnungsfähigkeit, deshalb verneint, weil die bei Y. festgestellte neurotische Fehlentwicklung nicht als schwerwiegender erscheine als der in BGE 78 IV 211 ff. umschriebene Mangel der Persönlichkeitsentwicklung. Sie hat das ihr bei dieser Wertung zustehende Ermessen nicht überschritten. Zwar spricht - wie bereits dargetan - das Gutachten davon, die neurotische Reifungshemmung des mit Sicherheit nicht schwachsinnigen Y. äussere sich in schwerer Verunsicherung, starken Minderwertigkeitsgefühlen, grosser ![]() | 7 |
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