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23. Urteil des Kassationshofes vom 19. April 1977 i.S. S. gegen Justizdirektion des Kantons Appenzell A. Rh. | |
Regeste |
Art. 137 und Art. 151 StGB. | |
Sachverhalt | |
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Ein Kunde hatte sein Plättchen stecken lassen. Als er für die Zeit vom 12. bis 23. April 1975 eine Rechnung für 184 Liter Benzin erhielt, obwohl er nur ca. 105 Liter bezogen haben konnte, verlangte er für die nächste Berechnungsperiode vom 23. April bis 26. Mai 1975 eine polizeiliche Überwachung. In dieser Zeit wurden nochmals 149 Liter getankt. S. ist geständig, ![]() | 2 |
B.- Im Appellationsverfahren sprach das Obergericht des Kantons Appenzell A. Rh. am 8. Juni 1976 S. des fortgesetzten Diebstahls an 149 Liter Benzin, begangen in der Zeit vom 23. April bis 26. Mai 1975, schuldig. Es bestrafte ihn, unter Annahme aufrichtiger Reue, mit drei Wochen Haft und einer Busse von Fr. 200.--, bei Bewährung bedingt vollstreckbar bzw. löschbar.
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C.- Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt S., das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung, eventuell zur Einstellung des Verfahrens, an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er macht geltend, sein Verhalten begründe eine Erschleichung einer Leistung gemäss Art. 151 StGB, er sei mangels Strafantrages aber nicht strafbar.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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a) Es ist unbestritten, dass das Benzin in der Tankstelle eine fremde bewegliche Sache im Sinne des Gesetzes ist. Auch steht fest, dass der Beschwerdeführer sich unrechtmässig bereicherte.
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b) Der Beschwerdeführer wendet jedoch ein, der Bezug des Benzins stelle eher eine Täuschung als ein Wegnehmen im Sinne des Gewahrsamsbruchs dar und stehe daher dem Betrug näher als dem Diebstahl. Dem widerspricht er aber selbst, wenn er fortführt, getäuscht werden könne nur ein Mensch und kein Automat. Der Beschwerdeführer hat das Pumpwerk in Betrieb gesetzt und dadurch das Benzin aus dem Gewahrsam des Tankhalters in seinen Gewahrsam übergeführt. Er wollte über das Benzin für seine Fahrten und damit nach eigenem Gutdünken darüber verfügen. Damit brachte er das Benzin auch in seine Herrschaftsgewalt und hat es sich angeeignet.
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c) Fehl geht der Einwand, der Tankstellenhalter habe in den Bezug des Benzins eingewilligt. Richtig ist zwar, dass die Wegnahme gegen den Willen des Gewahrsaminhabers erfolgen ![]() | 8 |
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Der Tatbestand der Erschleichung einer Leistung soll in erster Linie Anwendung finden, wenn der Tatbestand des Diebstahls oder des Betruges nicht erfüllt ist (BGE 97 IV 196 E. 2). In andern Fällen Art. 151 StGB stets als subsidiäre Bestimmung zurücktreten zu lassen, hat zwar den Vorteil der klaren Grenzziehung zwischen den Tatbeständen, entspricht aber beim Automatenmissbrauch weder dem Willen des Gesetzgebers noch einer sinngemässen Auslegung des Gesetzes. Unter Leistungen, die ein Automat vermittelt, wurde nicht nur eine Dienstleistung, sondern von Anfang an auch eine Warenleistung verstanden (Botschaft, BBl 1918 IV 69; ZÜRCHER, Erl. zum VE 1908, S. 454). Es wäre daher schon unter diesem Gesichtspunkt nicht gerechtfertigt, die Erschleichung einer Dienstleistung (Abspielen von Musik, Erstellung einer Photographie, etc.) gegenüber der Erschleichung gleichwertiger Warenleistungen (Lebensmittel, Zigaretten usw.) zu privilegieren.
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Das bedeutet indessen nicht, dass jeder Missbrauch eines Warenautomaten Art. 151 StGB unterstellt werden soll. Von jeher wurde Diebstahl angenommen, wenn jemand einen Automaten aufbricht, um sich dessen Inhalt anzueignen (ZÜRCHER, a.a.O. S. 454, BGE 97 IV 196 E. 3 unten). Auch andere erschwerende Umstände, wie die geplante Plünderung vieler Automaten, gewerbsmässiges Handeln, fortgesetzte Begehung, welche die durch Art. 138 StGB gesetzte Wertgrenze übersteigt, werden richtigerweise als Diebstahl gewürdigt.
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3. Das Vorgehen des Beschwerdeführers übersteigt den üblichen Missbrauch eines Warenautomaten. Während dort die Leistung des Benützers in Münzen erbracht wird und der Betrag, um den der Automatenbesitzer geprellt wird, zum voraus geringfügig ist, ermöglicht die missbräuchliche Verwendung eines Steckplättchens am Benzinautomaten schon an sich einen Benzinbezug von viel höherem Wert. Durch fortgesetzten Missbrauch hat der Beschwerdeführer auch eine Benzinmenge bezogen, welche den nach Art. 138 StGB gegebenen Höchstwert eindeutig übersteigt. Diesen aber in Art. 151 StGB höher als in Art. 138 StGB anzusetzen, ist in Fällen wie hier, wo die Merkmale des Diebstahls eindeutig erfüllt sind, nicht gerechtfertigt. Dagegen kann nicht der niedrigere Strafrahmen des Art. 138 StGB angeführt werden. Dieser ist wesentlich durch die entlastenden Motive der Not, des Leichtsinns und des momentanen Gelüsts bedingt. Darauf kann sich derjenige, der in solchem Ausmass, wie es hier zutrifft, einen Warenautomaten missbraucht, nicht berufen. Hinzu kommt im vorliegenden Falle, dass der Beschwerdeführer nicht nur ![]() | 13 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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