BGE 103 IV 138 | |||
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39. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. August 1977 i.S. O. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern | |
Regeste |
Art. 41 Ziff. 3 StGB; Widerruf des bedingten Strafvollzugs. | |
Aus den Erwägungen: | |
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Die Täuschung des Vertrauens sieht das Obergericht darin, dass der Beschwerdeführer "unberücksichtigt die fortgesetzte Vernachlässigung von Unterstützungspflichten, allein während der zweijährigen Probezeit dreizehnmal gegen die Gesetze verstossen, davon fünfmal, seitdem das Kantonsgericht Nidwalden zweitinstanzlich erneut eine bedingte Warnstrafe ausgesprochen und die Probezeit des Rekurrenten entsprechend verlängert hatte".
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Die Vorinstanz setzt damit voraus, sie habe für die ganze Dauer der für die erste Tat ausgesprochenen Probezeit zu prüfen, ob der Beschwerdeführer das in ihn gesetzte Vertrauen in anderer Weise als durch neue Verbrechen oder Vergehen getäuscht habe. Das geht insbesondere daraus hervor, dass sie den Widerruf in erster Linie auf die 13 Übertretungen stützt, welche der Beschwerdeführer in der dreijährigen Probezeit verübt hat. Von diesen sind indessen acht verübt worden, bevor das Kantonsgericht Nidwalden seinerseits über den Widerruf des vom Amtsstatthalter Luzern verfügten bedingten Strafvollzuges entschieden hatte.
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Dieser Betrachtungsweise kann nur bedingt zugestimmt werden. Ist der Richter, der das neue Verbrechen oder Vergehen zu beurteilen hat, für den Widerruf zuständig, so hat er das gesamte Verhalten des Verurteilten während der Probezeit zu würdigen, nicht nur jenes, welches mit dem neu beurteilten Verbrechen oder Vergehen zusammenhängt. Denn nur so kann beurteilt werden, ob begründete Aussicht auf Bewährung besteht. Hat dann der zuständige Richter gefunden, für das Verhalten des Verurteilten bis zur Zeit, wo der Richter über das neue Verbrechen oder Vergehen urteilt, sei von einem Widerruf abzusehen oder es genügten allenfalls andere Massnahmen als der Widerruf, so ist damit bis zu diesem Zeitpunkt über den Widerruf rechtskräftig entschieden. Es steht alsdann dem Richter, der den bedingten Strafvollzug bewilligt hat, nicht mehr zu, die Widerrufsfrage für dasselbe Verhalten, das der bedingt Verurteilte bis zu Beurteilung der neuen Verbrechen oder Vergehen an den Tag gelegt hat, anders zu entscheiden als der Richter, der die neuen strafbaren Handlungen beurteilt hat.
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Anders verhält es sich aber, wenn der Verurteilte sich nach dem ersten Entscheid über den Widerruf erneut nicht bewährt hat. Alsdann muss wiederum über den Vollzug der bedingt ausgesprochenen Strafe oder eine allfällige Ersatzmassnahme befunden werden. In diesem neuen Entscheid muss das frühere Verhalten, soweit es eine Nichtbewährung im Sinne von Art. 41 Ziff. 3 StGB darstellt, mitberücksichtigt werden, auch wenn es im früheren Verfahren nicht zum Widerruf führte, und es ist zu prüfen, ob es in Verbindung mit den neuen Gründen zum Widerruf oder weitern Ersatzmassnahmen Anlass gibt. Es geht lediglich nicht an, dass der neue Widerrufsrichter allein auf Grund der schon früher beurteilten Tatsachen anders über den Widerruf oder sonstige Ersatzmassnahmen urteilen würde; denn damit würde er in die Rechtskraft des früheren Widerrufsentscheides eingreifen. Werden erst nachträglich Umstände bekannt, welche schon vor den frühern Entscheiden eingetreten sind, so kann darin ein Grund für die Wiederaufnahme liegen, zu der grundsätzlich der Richter örtlich zuständig ist, welcher früher über den Widerruf zu befinden hatte. Sind aber neben den nachträglich bekannt gewordenen auch neue Widerrufsgründe eingetreten, so hat der Richter, der über die neu entstandenen Widerrufsgründe urteilt, auch über die schon früher eingetretenen aber erst später bekannt gewordenen Gründe zu befinden.
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