BGE 105 IV 55 | |||
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14. Urteil des Kassationshofes vom 26. März 1979 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 34 Abs. 1, 43 Abs. 3, 57 Abs. 1 SVG; Art. 8 Abs. 1, 36 Abs. 6 VRV. |
Art. 100 Ziff. 1 Abs. 2 SVG. |
Vorliegen eines besonders leichten Falles verneint (E. 5). | |
Sachverhalt | |
A.- Frau S. fuhr am 28. März 1978, um ca. 19.35 Uhr, mit ihrem Personenwagen auf der Nationalstrasse N 1 in Richtung Bern von der Auffahrt Ötwil a.d.L. über eine Strecke von ca. 2 km auf der mittleren der drei Fahrspuren, obwohl die rechte Spur frei war und ein ihr folgender Fahrer mehrmals die Lichthupe betätigte.
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B.- Das Bezirksamt Baden büsste sie mit Strafbefehl vom 2. Mai 1978 wegen Verstosses gegen Art. 34 Abs. 1 SVG, Art. 8 Abs. 1 VRV gemäss Art. 90 Ziff. 1 SVG mit Fr. 80.-. Auf Einsprache von Frau S. setzte das Bezirksgericht Baden am 22. Juni 1978 die Busse auf Fr. 40.- herab. Das Obergericht des Kantons Aargau bestätigte am 25. Januar 1979 diesen Entscheid.
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C.- Frau S. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu erneuter Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Wie der Kassationshof wiederholt festgehalten hat, gilt nach schweizerischem Recht auf allen Strassen das Gebot, möglichst weit rechts (BGE 99 IV 24, BGE 94 IV 121 f; nicht publiziertes Urteil des Kassationshofes vom 22.1.1965 i.S. Sch. c. Kt. BE), auf mehrspurigen Strassen und Autobahnen auf der äussersten rechten Spur (BGE 93 IV 121 E. 2) zu fahren. Die gleiche Ordnung gilt in der Bundesrepublik Deutschland gemäss § 2 Abs. 1 der deutschen Strassenverkehrsordnung vom 16. November 1970. Das im Strassenverkehr der USA primär geltende Gebot, die einmal gewählte Spur beizubehalten, findet im SVG keine Grundlage. Ebensowenig wird auf unseren mehrspurigen Autobahnen die äusserste rechte Spur dem langsamen Verkehr (Schwerverkehr, Kleinwagen) vorbehalten und der schnellere Personenwagenverkehr auf die zweite und dritte Spur verwiesen, wie das auf italienischen Autobahnen signalisiert ist (vgl. Art. 104 Abs. 4 des italienischen Codice Stradale). Nur ausnahmsweise, namentlich an steilen Stellen, werden langsame Fahrzeuge im Sinne von Art. 8 Abs. 5 VRV/Art. 34 Abs. 7 SSV durch das Signal Nr. 317 auf die rechts verlaufende Kriechspur, die auch zum Überholen nicht verlassen werden darf, verwiesen.
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Die Vorinstanz hat somit zu Recht Art. 34 Abs. 1 SVG und Art. 8 Abs. 1 VRV angewendet, wo ausdrücklich bestimmt wird, dass auf Strassen mit mehreren Fahrstreifen der äusserste Streifen rechts zu benützen ist, ausser beim Überholen, Einspuren und beim Fahren in parallelen Kolonnen.
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b) Es ist richtig, dass jeder Spurwechsel, namentlich bei hohen Geschwindigkeiten, mit einem etwas grösseren Risiko verbunden ist als die normale Geradeausfahrt. Man wird denn auch das Gebot der Benutzung der äussersten rechten Fahrspur nicht so kleinlich handhaben, dass beim Überholen mehrerer Fahrzeuge mit Abständen von 80-100 m jedesmal dazwischen nach rechts eingebogen werden müsste, auch wenn von hinten kein noch schnelleres Fahrzeug naht, dem Platz gemacht werden muss. Sind die Abstände jedoch grösser oder findet sich auf 200-300 m voraus überhaupt kein Verkehrsteilnehmer auf der äussersten rechten Spur, so ist entsprechend der klaren gesetzlichen Regel auf diese Spur auszubiegen und darauf weiterzufahren. Dabei ist gleichgültig, mit welcher Geschwindigkeit gefahren wird und wieviele Spuren in Fahrtrichtung vorhanden sind.
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Auch wo auf gewissen Autobahnen die äusserste rechte Fahrspur wegen der Abnützung durch überschwere Lastwagen usw. holperig ist, muss im Interesse der Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs an der Regel des Rechtsfahrens festgehalten werden. Es ist verdienstlich, wenn die Polizeiorgane auf deren Einhaltung achten, insbesondere auf Autobahnen mit nur einer Überholspur, wo die chronischen Linksfahrer die Gefahr von Auffahrkollisionen schaffen und zu verbotenem Rechtsüberholen verleiten könnten.
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4. Die Beschwerdeführerin macht im weiteren geltend, eine Verordnungsbestimmung, die ein absolutes Gebot zum Rechtsfahren auf einer sechsspurigen Autobahn enthalte, entbehre der gesetzlichen Grundlage und sei mit Bezug auf Autobahnen keine angemessene Ausführung von Art. 34 Abs. 1 SVG. Der Einwand geht offensichtlich fehl. Art. 43 Abs. 3 i.f. SVG ermächtigt den Bundesrat, für die den Motorfahrzeugen vorbehaltenen Strassen Benützungsvorschriften und besondere Verkehrsregeln zu erlassen. Gestützt auf diese Ermächtigung hat der Bundesrat in Art. 35 f. VRV einige besondere Bestimmungen für Autobahnen und Autostrassen aufgestellt. Bezüglich der Frage, welche von mehreren zur Verfügung stehenden Fahrspuren zu benützen sei, fehlt eine Sonderregelung, so dass gemäss Art. 36 Abs. 6 VRV die allgemeinen Fahrregeln anwendbar sind. Zu diesen gehört das Gebot, möglichst weit rechts zu fahren (Art. 34 Abs. 1 SVG) bzw. auf Strassen mit mehreren Fahrstreifen den äussersten Streifen rechts zu benützen, ausser beim Überholen, Einspuren und Fahren in parallelen Kolonnen (Art. 8 Abs. 1 VRV). Inwiefern Art. 8 Abs. 1 VRV in unzulässiger Weise über Art. 34 Abs. 1 SVG hinausgehen soll, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Art. 8 Abs. 1 VRV wiederholt für den Sonderfall der Strassen mit mehreren Fahrstreifen das gemäss Art. 34 Abs. 1 SVG auf allen Strassen im Sinne von Art. 1 Abs. 1 VRV geltende Gebot des Rechtsfahrens. Ausserdem kann der Bundesrat gestützt auf Art. 57 Abs. 1 SVG weitere Verkehrsvorschriften erlassen.
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Frau S. macht geltend, es laufe auf überspitzten Formalismus hinaus, sie wegen dieses Verhaltens zu bestrafen. Damit beruft sie sich sinngemäss auf Art. 100 Ziff. 1 Abs. 2 SVG, wonach "in besonders leichten Fällen" von der Strafe Umgang genommen werden kann. Mit Recht hebt die Vorinstanz hervor, das Verschulden der Beschwerdeführerin sei gering, weil auf der mehrspurigen Autobahn immer noch genügend Raum zum Überholen blieb und weil die Spur aussen rechts einen schlechten Belag aufwies. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des besonders leichten Falles hat sich der Richter in erster Linie von den Wertungen, die dem Gesetz zugrundeliegen, leiten zu lassen (BGE 95 IV 26 E. 1c). Das Gebot des Rechtsfahrens gehört zu den grundlegenden Bestimmungen des Strassenverkehrsrechts nicht nur der Schweiz, sondern auch zahlreicher anderer Länder. Diese klare und einfache Regel ist streng zu handhaben, und ein "besonders leichter Fall" im Sinne von Art. 100 Ziff. 1 Abs. 2 SVG darf nur mit Zurückhaltung angenommen werden. Zudem stellt es das Gesetz in das Ermessen des Richters, ob er bei Vorliegen eines solchen Falles von der Strafe Umgang nehmen wolle oder nicht; er kann die Strafe auch bloss mildern (BGE 95 IV 26 E. 1b). Mit der Festsetzung der Busse auf Fr. 40.- hat die Vorinstanz den gesamten Umständen angemessen Rechnung getragen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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