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31. Urteil des Kassationshofes vom 7. Mai 1979 i.S. R. gegen Schachgesellschaft Allschwil und Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 173 StGB. |
2. Wer eine Äusserung durch die Presse verbreiten will, hat ihren Wahrheitsgehalt besonders sorgfältig zu überprüfen. Der Richter kann indessen bei der Beurteilung der persönlichen Verhältnisse der beruflichen Stellung und dem besonderen Auftrag des Journalisten Rechnung tragen (E. 2). | |
Sachverhalt | |
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Als Teilüberschrift:
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"Der SK Luzern vermied mit einem
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harterkämpften Unentschieden gegen
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Allschwil in Winterthur den Abstieg..."
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Text, zweiter Abschnitt:
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"Bedauerlicherweise scheint sich die
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"Lockheed-Mentalität" auch im geistigen
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Sport einzunisten. Dass von Allschwiler
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Seite versucht worden sein soll, einen
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Luzerner Spitzenspieler mit Geld zu
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bestechen, mutet widerlich an..."
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B.- Das Amtsgericht Luzern-Stadt sprach R. am 7. Juli 1978 von der Anklage der üblen Nachrede, eventuell der Verleumdung frei, auferlegte ihm aber einen Teil der Kosten.
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Am 29. November 1978 verurteilte das Obergericht des Kantons Luzern R. wegen übler Nachrede zu einer Busse von Fr. 100.- und auferlegte ihm die gesamten Verfahrenskosten, ausmachend Fr. 1'900.- und die Parteikosten der Privatklägerin im Betrag von Fr. 3'531.60.
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C.- R. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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D.- Die Schachgesellschaft Allschwil beantragt Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft Luzern hat keine Gegenbemerkungen eingereicht.
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E.- Eine von R. eingereichte staatsrechtliche Beschwerde hat der Kassationshof am 19. April 1979 abgewiesen, soweit auf sie einzutreten war.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Der Beschwerdeführer bestreitet zunächst die Aktivlegitimation der Schachgesellschaft Allschwil. Er macht geltend, die strafbare Ehrverletzung müsse sich stets gegen bestimmte oder eindeutig bestimmbare natürliche oder juristische Personen richten. Das könne zwar auch der Fall sein, wenn der Täter sich mit einer Kollektivbezeichnung gegen eine Mehrheit von Personen wende, doch müsse eine solche Bezeichnung so lauten, dass über die Zugehörigkeit einer Einzelperson zu den Betroffenen kein Zweifel bestehe. Ähnlich habe das ![]() | 19 |
a) Der fragliche Zeitungsartikel enthält in der Teilüberschrift den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass der Schachklub Luzern "mit einem harterkämpften Unentschieden gegen Allschwil" den Abstieg vermieden habe. Der erste Textabschnitt enthält die Feststellung, dass es in den hinteren Regionen hektischer zugegangen sei, "wo Basel, Luzern oder Allschwil noch als Absteiger in Frage kamen". Darauf folgt der inkriminierte zweite Abschnitt mit der Wendung, dass von ![]() | 20 |
Die Vorinstanz hat Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie erkannte, der unbefangene Leser dieser Sätze habe unwillkürlich auf die Schachgesellschaft Allschwil als Urheberin des Bestechungsversuches schliessen müssen. Einmal ergab sich für ihn aus dem Zeitungsartikel unmittelbar das Interesse der Schachgesellschaft Allschwil an einer Niederlage des Schachklubs Luzern, um sich in der Nationalliga A halten zu können. Sodann lag es nach dem gesamten Kontext nahe, den Versuch, dieses Ergebnis auf unlautere Weise herbeizuführen, dem abstiegsgefährdeten Allschwiler Verein zuzuschreiben, stand doch die Verdächtigung eines Bestechungsversuchs von Allschwiler Seite im Zusammenhang mit verschiedenen Ausführungen, in welchen für jedermann erkennbar auf die Schachgesellschaft Allschwil hingewiesen wurde. Der Einwand des Beschwerdeführers, wonach die inkriminierte Äusserung sich auf irgendeine Person aus der Gegend von Allschwil habe beziehen können, geht daher fehl. Es entspricht überdies dem allgemeinen Sprachgebrauch gerade auch in Sportmeldungen, zur Bezeichnung eines Sportvereins vereinfachend "Allschwil", "die Allschwiler", "auf/von Allschwiler Seite" zu schreiben: "Auf Allschwiler Seite spielten... besonders gut"; "Von Allschwiler Seite wurde Rekurs erhoben", etc. Schliesslich ist dem Beschwerdeführer auch nicht beizupflichten, wenn er behauptet, ein Bestechungsversuch per Telefon könne nur von einer Einzelperson, d.h. von einem Menschen begangen werden, weshalb es niemandem einfallen würde, die Verdächtigung auf einen Verein zu beziehen. Abgesehen davon, dass juristische Personen notwendig durch Menschen, nämlich ihre Organe handeln, war es im vorliegenden Fall nach dem gesamten Inhalt des Zeitungsartikels und den sich daraus ergebenden Zusammenhängen keineswegs wirklichkeitsfremd, die unmittelbar interessierte Schachgesellschaft Allschwil als Urheberin des behaupteten Bestechungsversuchs anzusehen.
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Damit war aber der Angriff in seiner Zielrichtung deutlich genug, um bei objektiver Betrachtung die Beschwerdegegnerin von der Gesamtheit der natürlichen und juristischen Personen ![]() | 22 |
b) Die Einwände des Beschwerdeführers, mit denen er das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes bestreitet, sind ebenfalls unbegründet. Gegen wen sich eine ehrenrührige Äusserung richtet, entscheidet sich nach objektiven Gesichtspunkten und nicht danach, was der Täter wollte (nicht veröffentlichte Urteile des Kassationshofes i.S. P. vom 17.10.1958 E. 1 und i.S. Sch. vom 20.2.1959 E. VII, 2a). Der Vorsatz hat demnach mit der Frage der Berechtigung zum Strafantrag nichts zu tun. Soweit er vom Beschwerdeführer bestritten wird, geschieht es überdies mit einer untauglichen Begründung. Insbesondere verkennt R., dass die Beleidigungsabsicht nicht Tatbestandsmerkmal der strafbaren Ehrverletzung ist. Es genügt, dass der Täter sich der Ehrenrührigkeit seiner Äusserung bewusst gewesen ist und sie dennoch getan hat (BGE 92 IV 97, 79 IV 22). Das aber ist hier unzweifelhaft der Fall gewesen.
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a) Der Gutgläubigkeitsbeweis ist erbracht, wenn der Täter nachweist, dass er die ihm nach den Umständen und seinen persönlichen Verhältnissen zumutbaren Schritte unternommen hat, um die Richtigkeit seiner Äusserung zu überprüfen und sie für gegeben zu erachten. Dabei ist besondere Sorgfalt ![]() | 25 |
b) Das hat die Vorinstanz nicht verkannt. Sie stellt für den Kassationshof verbindlich fest, R. habe sich bei seiner Äusserung ausschliesslich auf Vermutungen Dritter gestützt, obschon ihm seit der Mitteilung durch Dr. M., wonach gegenüber J. telephonisch ein Bestechungsversuch unternommen worden sei, für Recherchierarbeiten rund 14 Tage zur Verfügung gestanden hätten. Überdies hätte auch die Möglichkeit bestanden, anlässlich der Schachfinalrunde vom 21. November 1976 mit vielen Schachspielern - auch denjenigen von Allschwil - den Sachverhalt eingehend zu erörtern. Anschliessend hätte R. bis zum 27. November Zeit gehabt, allfälligen Unklarheiten mit einer entsprechenden vorsichtigen Formulierung Rechnung zu tragen.
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Die Vorinstanz hat Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie gestützt auf diesen Sachverhalt zum Schluss gelangte, R. habe seiner journalistischen Informationspflicht nicht genügt und die Schachgesellschaft Allschwil leichtfertig eines nicht bewiesenen unehrenhaften Verhaltens bezichtigt. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, hält nicht. Soweit seine Sachdarstellung von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweicht, ist er nicht zu hören (Art. 273 Abs. 1 lit. b, 277 bis BStP). Fehl geht sein Einwand, nach dem Gespräch mit Dr. M. sei eine Kontaktnahme mit J. überflüssig gewesen, weil ihm die genannte Gewährsperson als glaubwürdig bekannt gewesen sei. R. verkennt, dass auch Dr. M. sich hinsichtlich der Urheberschaft des Bestechungsversuchs nur auf Vermutungen stützen konnte und dass er insbesondere nicht selber der Adressat des Telefonanrufs war. Über den Anruf hätte nur J. genauere Auskunft geben können.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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