BGE 105 IV 239 | |||
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62. Urteil des Kassationshofes vom 16. August 1979 i.S. P. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 69, 375 StGB. Anrechnung der Sicherheitshaft. | |
Sachverhalt | |
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B.- Gegen dieses Urteil appellierte die Verteidigerin mit dem Antrag, von der Verwahrung gemäss Art. 42 StGB sei abzusehen. Dem Angeklagten seien für das Verfahren beider Instanzen 286 Tage Untersuchungshaft anzurechnen. Schuldspruch und Strafe blieben unangefochten.
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Der Generalprokurator-Stellvertreter beantragte Verwahrung und Anrechnung der seit dem erstinstanzlichen Urteil erstandenen Untersuchungshaft.
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Mit Urteil vom 30. Januar 1979 bestätigte die II. Strafkammer des Obergerichtes des Kantons Bern die Verwahrung und rechnete dem Angeklagten zu den erstinstanzlich festgesetzten 120 Tagen Untersuchungshaft 85 weitere Tage an.
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C.- Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt die Verteidigerin, dem Angeklagten seien (für das zweitinstanzliche Verfahren) 166 weitere Tage Sicherheitshaft auf die Strafe anzurechnen.
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Der Generalprokurator-Stellvertreter schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Versehentlich wurde der Beschwerdeführer erst am 10. November 1978 auf diese Bestimmung hingewiesen. Er weigerte sich, die Strafe vorzeitig anzutreten, und lehnte namentlich eine allfällige Verwahrung in der Strafanstalt Thorberg ab. Das Obergericht vertritt die Meinung, der Beschwerdeführer habe den Strafantritt aus nicht stichhaltigen Gründen verweigert und deshalb zumindest nach dem 10. November 1978 versucht, durch Verlängerung der Sicherheitshaft dem als grösseres Übel empfundenen Strafvollzug zu entgehen. Darin erblickt es einen hinreichenden Grund, die nach diesem Zeitpunkt ausgestandene Haft auf die Strafe nicht anzurechnen.
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2. Die erstinstanzlich ausgesprochene Zuchthausstrafe blieb unangefochten und ist in Rechtskraft erwachsen. Vollziehbar wäre sie aber gegen den Willen des Beschwerdeführers erst geworden, wenn in Gutheissung der Appellation von der Verwahrung abgesehen worden wäre, schliesst doch die Verwahrung, die "an Stelle des Vollzuges einer Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe" tritt (Art. 42 Ziff. 1 Abs. 1 StGB), den Vollzug dieser Freiheitsstrafen von Bundesrechts wegen aus. Bis zum Entscheid über die Verwahrung blieb also offen, ob die Zuchthausstrafe oder die Verwahrung zu vollziehen sein werde.
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"Letztes Urteil" im Sinne des Art. 375 StGB war somit erst das Urteil des Obergerichtes. Die Vorinstanz erachtete sich deshalb zu Recht als zuständig, über die Anrechnung der Untersuchungshaft nach Art. 69 StGB zu befinden.
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Hat aber der Beschwerdeführer die Appellation als legitimes Verteidigungsrecht gebraucht, kann ihm die dadurch bewirkte Verlängerung der Untersuchungshaft nicht zum Vorwurf gemacht werden. Sie muss ihm daher für die volle Dauer des Appellationsverfahrens angerechnet werden. Das folgt auch aus dem in Art. 375 StGB enthaltenen und hier sinngemäss anwendbaren Grundsatz, dass nach dem letzten Urteil erlittene Sicherheitshaft, die nicht trölerisch durch ein Rechtsmittelverfahren verlängert worden ist, ungekürzt auf die zu vollziehende Freiheitsstrafe anzurechnen ist.
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Die Anrechnung der Haft kann nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, der Beschwerdeführer hätte nach kantonalem Recht die Möglichkeit gehabt, freiwillig vorzeitig den Strafvollzug bzw. den Vollzug der Massnahme anzutreten. Darauf nimmt das Bundesrecht, das die Anrechenbarkeit der Untersuchungshaft abschliessend regelt, nicht Rücksicht. Stand es dem Beschwerdeführer frei, den Vollzug vorzeitig anzutreten oder ihn nicht anzutreten, kann ihm weder objektiv noch subjektiv ein Vorwurf gemacht werden, wenn er es aus irgendwelchen Gründen vorgezogen hat, in Sicherheitshaft zu bleiben, statt den Vollzug der Massnahme oder der Strafe anzutreten. Hat er rechtlich die Wahl, darf er sie so treffen, wie er sie für sich vorteilhafter ansieht. Wieso dies nach den Umständen hätte rechtsmissbräuchlich sein sollen, ist nicht ersichtlich. Nicht diese Wahl hat das Verfahren verlängert, sondern sein Recht auf Appellation, das wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt worden ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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