BGE 106 IV 41 | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
13. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. April 1980 i.S. L. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 251 StGB, Urkundenfälschung. | |
Aus den Erwägungen: | |
1 | |
Das Obergericht stellt verbindlich fest, dass dieses Schriftstück nicht von H. stammt und ohne sein Wissen und ohne seine Genehmigung errichtet wurde. Ob es von L. oder, in dessen Kenntnis, von einem Dritten errichtet wurde, konnte das Gericht offenlassen, da L. es für sich bei der Versicherungsgesellschaft eingereicht hat. Das Schreiben ist auch inhaltlich unwahr. H. hat weder die darin aufgeführten Reparaturen ausgeführt noch dafür Geld erhalten oder quittiert.
| 2 |
bb) Dieses Schriftstück, das die Grundlage für die Verurteilung wegen Urkundenfälschung nach Art. 251 StGB bildete, ist nicht eine blosse Behauptung des Beschwerdeführers gegenüber dem Versicherer, sondern eine Urkunde. Es ist zweifelsohne eine Urkunde, insoweit es eine Quittung darstellt (BGE 103 IV 240), aber auch, insoweit es eine Rechnung eines Dritten (des H.) an Ursula B. über Ersatzteile enthält. Denn dadurch, dass der Beschwerdeführer diese Rechnung dem Versicherer einreichte, liess er sie (zum Schein) gegen sich gelten und berief sich auf einen fingierten Dritten (eben H.) als seinen Gewährsmann. Ein so verwendetes Schriftstück ist zum Beweis der verrechneten Ersatzteile geeignet; es ist eine schriftlich fingierte "intervention d'un tiers" (DALLOZ, Droit pénal, Escroquerie N. 200 ff., insbes. N. 206 f., 211 f.).
| 3 |
cc) Richtig ist zwar, dass das Bezirksgericht den Beschwerdeführer wegen der Verwendung dieses Schriftstückes gegenüber der Versicherungsgesellschaft von der Anklage des Betrugsversuches freisprach. Dieser Punkt der Anklage wurde nicht ans Obergericht weitergezogen und bildet daher nicht Gegenstand der vorliegenden Nichtigkeitsbeschwerde.
| 4 |
Dem Beschwerdeführer wurde damals vorgeworfen, er habe mit der streitigen Urkunde u.a. versucht, von der Winterthur-Unfall aufgrund der bestehenden Autokaskoversicherung unrechtmässig Fr. 436.80 zu erwirken. Da aber die Untersuchung ergab, dass der am Wagen entstandene Schaden zwar nicht bei H., aber in der Garage E. zu entsprechenden Preisen behoben wurde, wurde angenommen, L. habe durch die Vorlegung der falschen Rechnung keinen Vermögensvorteil erlangt und auch nicht erlangen wollen. Das wäre aber für die Verurteilung wegen Betruges nötig gewesen.
| 5 |
Die Verurteilung wegen Urkundenfälschung erfolgte aber gleichwohl, weil der Beschwerdeführer die falsche Rechnung zu einem Zeitpunkt eingereicht habe, als die fragliche Reparatur noch gar nicht ausgeführt worden sei und er folglich die Kosten noch gar nicht zuverlässig habe kennen können. Auch nach Vorliegen der Rechnung E. vom 30. Oktober 1975 habe der Angeklagte noch einmal die Rechnung H. bei der Versicherung moniert. Erst später, als dem Sachbearbeiter die Angelegenheit etwas seltsam vorgekommen sei, habe er dann offenbar der Versicherung die Rechnung E. eingesandt. Ein offensichtliches Versehen liegt also entgegen der Beschwerde nicht vor, wenn der Beschwerdeführer von der Anklage wegen Betruges freigesprochen, wegen Urkundenfälschung aber verurteilt wurde.
| 6 |
Nach ständiger Rechtsprechung besteht ein unrechtmässiger Vorteil schon in einer Verbesserung der Beweislage. Einen unrechtmässigen Vorteil erstrebt daher auch, wer Urkunden zum Beweis eines begründeten Rechtsanspruchs fälscht (BGE 83 IV 81, 88 IV 32, 102 IV 34/35). Da Art. 251 StGB nicht auf den Falschbeweis im Rechtsverfahren beschränkt ist, macht sich auch strafbar, wer im aussergerichtlichen Rechtsverkehr seine begründeten Ansprüche mit falschen Urkunden durchzusetzen versucht. Es macht keinen entscheidenden Unterschied, ob schon die aussergerichtliche Verwendung der falschen Urkunde zum Ziele führt Oder ob mangels ausser gerichtlicher Befriedigung des Anspruchs versucht wird, den Anspruch mit der falschen Urkunde gerichtlich durchzusetzen.
| 7 |
Im vorliegenden Falle hat der Beschwerdeführer, als er den Anspruch erstmals geltend machte, ein (ihm damals noch) fehlendes Beweismittel durch eine falsche Urkunde ersetzt und daher seine Beweislage verbessert. Er machte sich daher strafbar. Dass ihm tatsächlich ein Anspruch zustand, lässt die Tat leichter erscheinen. Das hat aber das Gericht nicht übersehen.
| 8 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |