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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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92. Urteil des Kassationshofes vom 12. Dezember 1980 i.S. M. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 251 Ziff. 1 StGB. | |
Sachverhalt | |
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B.- Während das Bezirksgericht Lenzburg M. von der gegen ihn wegen dieser Sache erhobenen Anklage des Betruges und der Urkundenfälschung freisprach, erachtete das Obergericht den Tatbestand der Urkundenfälschung als erfüllt und verurteilte M. deswegen sowie wegen einer in diesem Verfahren nicht zur Diskussion stehender Sachbeschädigung zu 6 Wochen Gefängnis.
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C.- Gegen den Schuldspruch wegen Urkundenfälschung führt M. Nichtigkeitsbeschwerde.
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Unbestritten ist auch, dass der Inhalt der Urkunde insofern unwahr ist, als M. dem N. nicht die in der Abrechnung erwähnten Beträge vergütete, sondern die Arbeit unter Beizug von N. in eigener Regie ausführen liess, dementsprechend das Material und die Hilfskraft direkt bezahlte und den Maler N. mit einem regulären Arbeitslohn (teilweise durch Kost und Logis) entschädigte. Die Zahlung an einen beauftragten Handwerker, die mit der Abrechnung belegt werden sollte, ist also in dieser Form und dieser Höhe nicht erfolgt.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt ein unrechtmässiger Vorteil auch darin, dass für einen an sich begründeten Anspruch wegen Fehlens von Beweisen ein falscher Beleg geschaffen bzw. verwendet wird; auch wer nicht einen materiell unrechtmässigen Anspruch durchsetzen will, aber Beweisschwierigkeiten bei der Durchsetzung eines berechtigten Anspruches durch eine falsche Urkunde zu überwinden sucht, verschafft sich gemäss ständiger Praxis im Sinne von Art. 251 StGB einen unrechtmässigen Vorteil (BGE 106 IV 42, BGE 102 IV 34 E. 2c, BGE 83 IV 81).
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b) Diese Rechtsprechung wird von STRATENWERTH kritisiert (Bes. Teil II, 2. Aufl. S. 181). Er macht geltend, das Gesetz ![]() | 8 |
c) Würde man im Sinne dieser Argumentation den unrechtmässigen Beweiswert nicht als unrechtmässigen Vorteil betrachten, sondern darauf abstellen, ob der mit dem unrechtmässigen Beweis erstrebte materielle Vorteil unrechtmässig sei, so hätte dies zur Folge, dass jede noch so krasse Urkundenfälschung zur Durchsetzung eines berechtigten oder vom Täter für berechtigt gehaltenen Anspruchs straflos bleiben müsste. Die Grenze des Strafbaren könnte dabei natürlich nicht so gezogen werden, dass nur jene Fälle straflos blieben, in denen aufgrund anderer Beweise die Berechtigung des mit einer falschen Urkunde vertretenen Anspruchs bewiesen wäre, sondern der Einwand, der Täter habe mit der falschen Urkunde einen berechtigten Anspruch durchsetzen wollen und somit keinen unrechtmässigen Vorteil angestrebt, wäre stets zu hören und könnte nur mit dem Beweis widerlegt werden, dass der Täter bewusst einen materiell nicht begründeten Anspruch mit Hilfe der falschen Urkunde durchsetzen wollte. Für die Annahme, der Gesetzgeber habe mit der Formulierung von Art. 251 Ziff. 1 StGB jedem, der sich materiell im Recht glaubt, erlauben wollen, zur Durchsetzung seines Rechtes mit falschen Urkunden zu operieren, lassen sich keine sachlichen Gründe finden (vgl. zur Strafwürdigkeit: CL. DU PASQUIER, Essai sur la nature juridique du faux en écriture, thèse Lausanne 1909, S. 161 und 175).
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Stratenwerth kann sich zwar auf eine Fussnote von Hafter berufen (HAFTER, Bes. Teil, 2. Hälfte S. 600 E. 3); doch fehlt dort für die angegebene "Konsequenz" jede Begründung. Ob nicht schon der unrechtmässige Beweisvorteil genüge, wird von Hafter nicht erörtet.
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Die weit gefasste Umschreibung des subjektiven Tatbestandselementes ("oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen") erlaubt und gebietet die Erfassung jedes strafwürdigen Strebens nach einem unrechtmässigen Vorteil mittels falscher Urkunden. Fälschungen als harmloser Scherz oder spielerische Unterhaltung sollen straflos bleiben ![]() | 11 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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