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29. Urteil des Kassationshofes vom 5. Oktober 1981 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen B. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 64 StGB, Betätigen aufrichtiger Reue durch Schadensdeckung. | |
Sachverhalt | |
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Das Obergericht des Kantons Aargau bestätigte am 25. Juni 1981 im Berufungsverfahren den Schuldpunkt mit einer geringfügigen, hier nicht in Betracht fallenden Modifikation und setzte die Strafe auf viereinhalb Jahre Zuchthaus, abzüglich 584 Tage erstandener Untersuchungshaft, herab, wobei es dem Verurteilten ![]() | 2 |
B.- Gegen diesen Entscheid erhebt die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei wegen Verletzung von Art. 64 StGB aufzuheben und die Sache sei zur Neufestsetzung einer Strafe von mehr als fünf Jahren Zuchthaus, ohne Berücksichtigung des Strafmilderungsgrundes der aufrichtigen Reue, an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Die Vorinstanz begründete den Strafmilderungsgrund der Betätigung aufrichtiger Reue im wesentlichen wie folgt: Um die Eltern zur Vorschussleistung zu gewinnen, habe der Beschwerdegegner mit ihnen intensive Gespräche führen müssen. Das offenbare eine Willensanstrengung sowie einen innern Einsatz und zeige, dass dem Beschwerdegegner aufgrund echter Einsicht an der Wiedergutmachung gelegen sei. Dasselbe ergebe sich daraus, dass er sich im vorzeitigen Strafvollzug anstrenge und sich bemühe, von seinem früheren Lebenswandel Distanz zu gewinnen - eine Einstellung, die auch durch den persönlichen Eindruck bekräftigt werde. Der Beschwerdegegner erleide eine Schmälerung seines Erbteils und erbringe insofern eine eigene Leistung, ähnlich wie der Täter, der zur Schadensdeckung eine Lohnzession vornehme. Er habe zwar erst während des Verfahrens, aber nicht unter dem Druck desselben und nicht aus taktischen Gründen gehandelt. Er sei am 20. November 1979 verhaftet worden und hätte demzufolge gar nicht lange Gelegenheit gehabt, in der Freiheit den Schaden zu ersetzen und dadurch Reue zu bekunden, ganz abgesehen davon, dass er damals noch andere Probleme gehabt habe. In der Untersuchungshaft habe er dann wegen der Einschränkungen in seiner persönlichen Handlungsfreiheit nicht selbst vorgehen können, sondern die Hilfe seines Verteidigers in Anspruch nehmen müssen. Dass seine Eltern vermöglich seien, stelle keine Privilegierung dar, denn in den Genuss dieser Strafmilderung könne in jedem Falle nur ein Täter gelangen, der sich die Mittel zur Schadenersatzleistung irgendwie verschaffen könne.
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Die Beschwerdeführerin bringt demgegenüber vor, die eigentliche Anstrengung zur Schadensdeckung sei nicht vom Beschwerdegegner, sondern von dessen Eltern und vom Verteidiger ausgegangen. Mit der Zustimmung, die bezahlten Schadenersatzbeträge sich als Erbvorempfang anrechnen zu lassen, habe der Beschwerdegegner keine persönliche Leistung erbracht, weil die Geschädigten ![]() | 8 |
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Nach den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen musste der Beschwerdegegner mit seinen Eltern intensive Gespräche führen, um diese zur Schadensdeckung zu gewinnen. Indem er sich die von den Eltern bezahlten Schadenersatzbeträge auf seinen Erbteil anrechnen liess, nahm er gegenüber seinen Miterben eine Schmälerung seines Erbteils, unter Umständen sogar eine spätere Herausgabepflicht in Kauf. Die intensiven Gespräche mit den Eltern und die Schmälerung des Erbteils durfte die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht als eine persönliche und freiwillige Anstrengung werten, die dem Beschwerdegegner eine Einschränkung brachte.
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Der Beschwerdeführerin kann darin beigepflichtet werden, dass die Gläubiger später ohnehin auf den Erbteil des Beschwerdegegners hätten greifen können (dessen Höhe heute allerdings noch nicht feststeht, so dass unsicher ist, ob sie später durch den Erbteil volle Deckung hätten erhalten können). Das steht der Anwendung von Art. 64 StGB indessen nicht entgegen, denn das Wesen der ![]() | 11 |
Wohl wird der Beschwerdegegner durch den nur teilweisen Verzicht auf seinen künftigen Erbanteil persönlich weniger stark eingeschränkt, als wenn er z.B. zur Schadensdeckung eine Darlehen aufgenommen und sich zu dessen Rückzahlung in monatlichen Raten verpflichtet hätte. Das ist indessen unerheblich, denn in beiden Fällen nimmt er eine gewisse Einschränkung auf sich. Es muss ihm das Recht zugestanden werden, von zwei möglichen Arten der Schadensdeckung jene zu wählen, die ihn weniger belastet. Es wäre unsinnig, von ihm zu verlangen, er hätte das erbetene und schliesslich erfolgte Anerbieten seiner Eltern ausschlagen und zur Schadensdeckung ein Darlehen aufnehmen müssen (das er nach der Urteilsfällung ja auch mit Hilfe der Eltern und unter Verzicht auf einen entsprechend hohen Erbanteil hätte zurückzahlen können).
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b) In subjektiver Hinsicht setzt die Zubilligung des genannten Strafmilderungsgrundes voraus, dass der Täter nicht nur unter dem Eindruck eines bevorstehenden oder hängigen Strafverfahrens und aus taktischen Gründen, sondern aus aufrichtiger Reue und in der Absicht handelt, geschehenes Unrecht wieder gutzumachen. Mit welchem Beweggrund und in welcher Absicht ein Täter handelte und der Schluss von seiner Handlungsweise auf seinen Charakter sind Tatfragen (BGE 104 IV 245 E. 3 lit. b, BGE 101 IV 15, BGE 100 IV 182 E. 3, BGE 99 IV 86 E. c und 8 E. 3), an deren Beantwortung durch die Vorinstanz das Bundesgericht gebunden ist.
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Die Vorinstanz hielt ausdrücklich fest, der Beschwerdegegner habe zwar während, aber nicht unter dem Druck des vorliegenden Verfahrens und nicht aus taktischen Gründen gehandelt; seine mit den Eltern geführten intensiven Gespräche hätten eine Willensanstrengung und einen innern Einsatz des Beschwerdegegners bekundet, "dem es aufgrund echter Einsicht daran gelegen war, die Wiedergutmachung zu regeln"; dass dem so sei, ergebe sich auch daraus, dass er sich im vorzeitigen Strafvollzug anstrenge und sich bemühe, von seinem früheren Leben Distanz zu gewinnen. Diese Feststellungen tatsächlicher Art hat das Bundesgericht seinem Entscheid zugrunde zu legen (Art. 277bis Abs. 1 BStP).
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Die Beschwerdeführerin wendet ein, von echter Einsicht und von einem Bestreben, vom früheren Leben Distanz zu gewinnen, könne keine Rede sein, nachdem der Beschwerdegegner am 12. Juli ![]() | 15 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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