BGE 107 IV 138 | |||
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38. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. Januar 1981 i.S. M. gegen Polizeidepartement des Kantons Basel-Stadt (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 33 Abs. 3, Art. 38 Abs. 3 SVG, Art. 25 Abs. 3 und 5 VRV. | |
Sachverhalt | |
A.- M. fuhr am 18. August 1979 um 8.30 Uhr mit seinem Personenwagen in Basel durch die Güterstrasse gegen den Tellplatz. Er folgte mit ca. 40 km/h einem Tramzug. Dieser hielt bei der Haltestelle an der Einfahrt zum Platz links einer Schutzinsel an. Am Anfang der Insel steht das Signal 2.34 (Hindernis rechts umfahren), und die Güterstrasse hat unmittelbar vor der Insel eine Sicherheitslinie, die den Fahrzeugverkehr von den Tramschienen weg rechts an der Insel vorbeileitet. Da die Schutzinsel kürzer ist als die Tramzüge, müssen die den Anhänger durch die hintere Türe verlassenden Fahrgäste unmittelbar auf die Fahrbahn aussteigen. So war es auch, als der ortsunkundige M. rechts am Tramzug vorbeifahren wollte. Mit einer Vollbremsung konnte er sein Fahrzeug ungefähr auf der Höhe der Hintertür des Anhängers anhalten.
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B.- Der Polizeigerichtspräsident des Kantons Basel-Stadt verurteilte M. am 22. Juli 1980 wegen vorschriftswidrigen Motorfahrens gemäss Art. 33 Abs. 3 und Art. 90 Ziff. 1 SVG zu einer Busse von Fr. 120.-.
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Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt setzte am 1. Oktober 1980 die Busse auf Fr. 80.- herab.
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C.- M. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Appellationsgerichtes sei aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen, eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie ihn freispreche.
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Das Polizeidepartement des Kantons Basel-Stadt beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Bei der Haltestelle Tellplatz befindet sich eine Schutzinsel. Der Beschwerdeführer war daher grundsätzlich befugt, an einer bei der Insel haltenden Strassenbahn rechts vorbeizufahren. Darin wurde er durch die den Verkehr nach rechts leitende Sicherheitslinie sowie durch das Signal 2.34 bestärkt. Dass die Traminsel zu kurz war, um allen dem Tram entsteigenden Passagieren Schutz zu bieten, war für den Verkehrsteilnehmer nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz (Art. 277bis Abs. 1 BStP) nicht auf den ersten Blick erkennbar. Das Appellationsgericht hat deshalb dem Beschwerdeführer mit Recht zugute gehalten, er habe aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der Markierung und Signalisation zunächst davon ausgehen dürfen, er sei zur Weiterfahrt rechts am haltenden Tram und an der Schutzinsel vorbei berechtigt. Es weist in diesem Zusammenhang auch zutreffend darauf hin, dass das rechte Trottoir im fraglichen Bereich auf der ganzen Länge mit einem Geländer versehen ist, das ein- und aussteigenden Passagieren der Strassenbahn einen direkten Zugang zum Trottoir verunmöglicht.
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Dennoch hält die Vorinstanz dafür, M. habe dem Verkehrsgeschehen, namentlich dem haltenden Tram, zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die gegen die Schutzinsel sich verengende, leicht nach recht abbiegende Fahrbahn, das Anhalten des Trams, die auf der Fahrbahn ein- und aussteigenden Trampassagiere und die beiden Fussgängerstreifen vor und im Bereich der Schutzinsel seien Anzeichen für die Gefährlichkeit der Situation gewesen, die für den Beschwerdeführer ohne weiteres erkennbar gewesen sei und ihn zu besonderer Vorsicht und zum Anhalten hinter dem Tram hätten veranlassen müssen. M. habe zwar nach dem Erfassen der Situation noch rechtzeitig und zweckmässig reagiert. Seine Fahrweise und die Vollbremsung hätten indessen zu einer Gefährdung der ein- und aussteigenden Passagiere geführt und zur Folge gehabt, dass sein Wagen entgegen Art. 25 Abs. 5 VRV nicht den vorgeschriebenen Abstand zum Tram eingehalten habe. M. habe deshalb gegen Art. 33 Abs. 3 SVG verstossen.
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b) Die Argumentation der Vorinstanz beruht zum Teil auf einem Widerspruch. Einerseits werden die örtlichen Verhältnisse sowie die Markierung dafür angerufen, dass der Beschwerdeführer zur Annahme berechtigt war, er dürfe seine Fahrt rechts an Strassenbahn und Schutzinsel vorbei fortsetzen, und anderseits werden dieselben Elemente insoweit in gegenteiligem Sinn verwendet, als die Verengung und das leichte Abbiegen der Fahrbahn als Indizien für die erkennbare Gefährlichkeit der Situation herangezogen werden. Dabei wird verkannt, dass Verengung und Biegung der Fahrbahn im kritischen Bereich nicht durch die Schutzinsel, sondern durch die Markierung bewirkt wurden und dass das im Rahmen der örtlichen Verhältnisse bedeutsame Element des auf dem rechten Trottoir angebrachten Geländers dem Fahrzeugführer deutlich machte, dass auch Fahrgäste der Strassenbahn die Strasse nur über die Fussgängerstreifen zu betreten haben. Wegen des vor der fraglichen Stelle liegenden Fussgängerstreifens aber hätte der Beschwerdeführer seine Fahrweise nur ändern müssen, wenn erstellt wäre, dass auf ihm sich Fussgänger befanden oder im Begriffe waren, die Strasse zu überqueren.
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Damit bleiben als Anzeichen für die Gefährlichkeit der Situation einzig das haltende Tram und die ein- und aussteigenden Fahrgäste. Dass Fahrgäste schon im Zeitpunkt der Anfahrt des Trams ausserhalb der Schutzinsel auf der Fahrbahn selber gewartet hätten, ist nicht festgestellt. Es kann sich also einzig um Passagiere handeln, die nach dem Anhalten der Strassenbahn sich von der Schutzinsel nach hinten begeben haben, um einzusteigen. Der früheste Zeitpunkt, von dem an der Beschwerdeführer mit einer Gefahrenlage rechnen musste, war also der Moment, in dem für ihn erkennbar wurde, dass der Anhänger des Trams entgegen seiner berechtigten Erwartung ausserhalb des Bereichs der Schutzinsel hielt und deshalb Passagiere gezwungen waren, unmittelbar auf die Fahrbahn auszusteigen oder von dieser aus einzusteigen. Ob M. bei seiner Geschwindigkeit und seinem Abstand auf das Tram (keines von beidem bezeichnet die Vorinstanz als an sich unangemessen) entsprechend Art. 25 Abs. 5 VRV noch mindestens zwei Meter hinter de Tram hätte anhalten können, ist bei Berücksichtigung der berichtigten Urteilsgrundlagen ungewiss. Dass er sich zu einer Vollbremsung gezwungen sah und sein Fahrzeug erst ungefähr bei der Hintertüre des Tramanhängers zum Stillstand bringen konnte, berechtigt allein nicht zum Schluss auf einen schuldhaften Verstoss gegen Art. 33 Abs. 3 SVG. Die objektive Gefährlichkeit einer mangelhaften Verkehrsanlage, die hier darin bestand, dass eine für kürzere Tramzüge berechnete Schutzinsel nach Inbetriebsetzung längerer Strassenbahnzüge beibehalten worden war, kann nicht dem Fahrzeuglenker zur Last gelegt werden, wenn er die Situation auch bei gebotener Aufmerksamkeit nicht so rechtzeitig erkennen kann, dass es ihm möglich ist, die einschlägigen Verkehrsregeln einzuhalten. Aus den von der Vorinstanz festgestellten Tatsachen ergibt sich somit nicht, dass der Beschwerdeführer schon früher hätte anhalten müssen, was Rückweisung zum Freispruch nach sich zieht.
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