![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
24. Urteil des Kassationshofes vom 26. Mai 1982, i.S. Blumati gegen Frick (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 32 StGB, Rechtfertigungsgrund der Amtspflicht. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Umberto Blumati nahm an solchen Versammlungen als Sprecher am Mikrophon aktiv teil und solidarisierte sich mit den Demonstranten. An einer Fernsehdiskussion ergriff er ebenfalls Partei für die Demonstranten. Auch sprach er im gleichen Zusammenhang mehrmals am Radio und berichtete in Zeitungen über die Zürcher Ereignisse.
| 2 |
Am 20. Juni 1980 beauftragte der Gesamtstadtrat von Zürich die Polizei, die Haupträdelsführer in Präventivhaft zu nehmen und alle Massnahmen zu treffen, um allfällige weitergehende Demonstrationen als die einer Vollversammlung auf dem Helvetiaplatz zu verhindern.
| 3 |
Am Morgen des 21. Juni 1980 wurde Blumati gestützt auf den ![]() | 4 |
"Wie der Polizeivorstand Hans Frick auf Anfrage erklärte, waren die Verhafteten der Polizei als "Drahtzieher" bekannt.
| 5 |
Sie hätten, so meinte Frick weiter, zu unbewilligten Demonstrationen und rechtswidrigem Verhalten aufgewiegelt ...
| 6 |
Besonders problematisch dürfte diese Präventivhaft beim Sozialpädagogen Umberto Blumati gewesen sein - er hatte schon verschiedene Male als Vermittler zwischen den Behörden und den Jugendlichen gewirkt. Auch er gehört laut Frick zu den ominösen "Drahtziehern" ..."
| 7 |
B.- Am 19. September 1980 klagte Blumati Stadtrat Frick wegen Ehrverletzung nach Art. 173 ff. StGB ein.
| 8 |
Das Bezirksgericht Zürich fand Frick am 10. Juli 1981 nicht schuldig und sprach ihn von der Anklage frei. Das Obergericht des Kantons Zürich erkannte am 12. Januar 1982 in gleichem Sinne.
| 9 |
C.- Blumati führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
| 10 |
Frick beantragt Abweisung der Beschwerde.
| 11 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
12 | |
![]() | 13 |
a) Entsprechend stellt sich primär die Frage, ob Frick mit seiner einem Journalisten auf dessen Ersuchen gegebenen Information über die Präventivverhaftung des Beschwerdeführers grundsätzlich in Erfüllung einer Amtspflicht gehandelt habe oder nicht. Was in concreto zum Pflichtenheft eines städtischen Amtsträgers gehört, bestimmt das kantonale bzw. kommunale Recht, dessen richtige Auslegung und Anwendung der Kassationshof auf Nichtigkeitsbeschwerde hin nicht zu überprüfen hat (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Davon ausgehend, dass in vielen kantonalen und kommunalen Verwaltungen das Prinzip der Informationspflicht der Behörden Geltung erlangt habe und die jeweils praktizierte Informationspolitik in verschiedenen Verwaltungsanweisungen ihren Niederschlag gefunden hätten, stellt das Obergericht fest, auch der Stadtrat von Zürich habe am 19. Februar 1970 Richtlinien für die Informationstätigkeit seiner Verwaltungsabteilungen erlassen. Diese sollten danach eine einheitliche, regelmässige ![]() | 14 |
Damit ist für den Kassationshof verbindlich festgestellt, dass die Orientierung der Presse über die Präventivverhaftung des Beschwerdeführers und über ihre Gründe zum Pflichtenheft des Stadtrates und Polizeivorstandes Frick gehört hat; denn nach den genannten Richtlinien vom 19. Februar 1970, denen der Charakter einer Verwaltungsverordnung mit Aussenwirkung für Dritte (BGE 105 Ia 352) zukommt, gehören zu den Organen der öffentlichen Meinung, die "unaufgefordert mit den Informationen zu bedienen sind" u.a. die Tages- und Wochenzeitungen auf dem Platze Zürich mit zürcherischer Lokalredaktion sowie die freien Journalisten, die für zürcherische Zeitungen und Quartierblätter über Lokalereignisse schreiben (Richtlinien A 1 lit. a). Dass der Journalist Landwehr, der nach seinen Aussagen vom "Züri Leu" den Auftrag erhalten hatte, einen Bericht über die Präventivhaft zu verfassen, welcher dann schliesslich nicht in dieser Zeitung, sondern in den NZN veröffentlicht wurde, zu den in jenen Richtlinien erwähnten "Organen der öffentlichen Meinung" gehörte, bestreitet auch der Beschwerdeführer nicht. Sodann steht ausser Frage, dass die Öffentlichkeit im Bereich der Stadt Zürich ein Interesse daran hatte, über die vom Gesamtstadtrat beschlossenen und von der Polizei vollzogenen Präventivverhaftungen des 21. Juni 1980 und über ihre Gründe nicht nur von den Betroffenen selbst - was der Beschwerdeführer unmittelbar nach seiner Freilassung am sog. POCH-Fest getan hatte -, sondern auch von behördlicher Seite aus unterrichtet zu werden.
| 15 |
b) Angesichts dessen bleibt zu entscheiden, ob die Orientierung der Öffentlichkeit durch den Beschwerdegegner über den Weg des Journalisten Landwehr sich im Rahmen der oben genannten amtlichen Informationspflicht hielt, m.a.W., ob die Äusserungen Fricks den gebotenen Sachbezug zu den ihm vom Journalisten gestellten Fragen gehabt haben, nicht wider besseres Wissen getan wurden ![]() | 16 |
Der Sachbezug ist offensichtlich gegeben, wollte doch der genannte Journalist über die Präventivhaft im allgemeinen und über die Festnahme Blumatis und ihre Hintergründe im besonderen informiert werden. Nicht nur war Landwehr, wie er als Zeuge am 3. April 1981 ausgesagt hatte, von sich aus an den Beschwerdegegner gelangt, um zu erfahren, "weshalb gerade diese sechs Personen verhaftet" wurden, sondern er hatte auch ausdrücklich erklärt: "Auf den Namen Blumati kam ich zu sprechen".
| 17 |
Des weiteren führt das Obergericht aus, Frick habe die Äusserungen nicht wider besseres Wissen getan. Diese Feststellung betrifft den inneren Sachverhalt und ist daher als tatsächliche Annahme für den Kassationshof verbindlich (BGE 104 IV 36 E. 1 mit Verweisungen). Sie wird übrigens auch in der Beschwerde mit Recht nicht bestritten.
| 18 |
Sodann kann auch nicht gesagt werden, die eingeklagten Äusserungen seien über das hinausgegangen, was der Beschwerdegegner in vertretbarer Weise als zur Beantwortung der vom Journalisten gestellten Fragen notwendig hat erachten dürfen. Landwehr wollte den Grund der Präventivverhaftung von sechs Personen und namentlich derjenigen des Blumati wissen. Da eine Präventivmassnahme, wie sie vom Stadtrat am 20. Juni 1980 beschlossen und von der Polizei am 21. Juni 1980 vollzogen wurde, nicht leichthin, sondern nur angeordnet werden darf, wenn erhebliche Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dafür sprechen, musste Frick - wollte er seiner amtlichen Informationspflicht genügen - die Gründe nennen, welche den Gesamtstadtrat zu seinem Beschluss veranlasst hatten. Aus diesem unter dem Titel "Jugendprobleme, weiteres Vorgehen, insbesondere Einsatz der Stadtpolizei an den zu erwartenden Demonstrationen von Samstag, den 21. Juni 1980" protokollierten Beschluss, mit welchem die Polizeiorgane beauftragt wurden, "die Haupträdelsführer in Präventivhaft zu nehmen und alle Massnahmen zu treffen, um allfällige weitergehende Demonstrationen als die einer Vollversammlung auf dem Helvetiaplatz aufzulösen", folgt ohne weiteres, dass die genannte Behörde nach den seit dem 30. Mai 1980 immer wieder ausgebrochenen Krawallen befürchtete, dass das bewilligte POCH-Fest unter dem Einfluss von dem Stadtrat aus früheren, unbewilligten Demonstrationen bekannten Rädelsführern in eine ![]() | 19 |
Mit Rücksicht darauf schliesslich, dass einerseits die durch die vorausgegangenen Unruhen aufgeschreckte Bevölkerung ein legitimes Interesse daran hatte, im einzelnen zu wissen, was der Stadtrat gegen weitere Ausschreitungen unternommen hatte und dass anderseits der Beschwerdeführer selber nach seiner Freilassung die Öffentlichkeit über seine Präventivverhaftung unterrichtet hatte, war das Vorgehen des Beschwerdegegners auch mit Bezug auf die Nennung des Namens Blumati, den übrigens der Journalist selber zuerst erwähnt hatte, nicht unverhältnismässig.
| 20 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| 21 |
22 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |