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19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. November 1983 i.S. R. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 19, 20 StGB. | |
Sachverhalt | |
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Nach Korrespondenz mit dem Anwalt des G. und Konsultation des eigenen Rechtsvertreters beauftragte R. als verantwortlicher Geschäftsführer der Firma R. AG einen Angestellten, das restliche Baumaterial (im angeblichen Wert von Fr. 24'151.60) auf der Baustelle abzuholen. - S., der frühere Eigentümer der Liegenschaft, erstattete in der Folge Strafanzeige und machte geltend, er sei Eigentümer des abtransportierten Materials.
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B.- Das Bezirksgericht Steckborn sprach R. mit Entscheid vom 26. Mai/20. Juni 1983 des Diebstahls schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt aufgeschobenen Strafe von 20 Tagen Gefängnis.
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Auf Berufung des R. erkannte das Obergericht des Kantons Thurgau am 27. September 1983, dieser sei im Sinne der Art. 137 Ziff. 1 und 143 StGB des Diebstahls und der Sachentziehung schuldig und nahm gemäss Art. 20 StGB von Strafe Umgang.
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C.- R. führt gegen dieses Urteil des Obergerichtes Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, und die Sache sei zur Neubeurteilung im Sinne eines Freispruches von sämtlichen Anklagepunkten an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Aus den Erwägungen: | |
3. Wie auch immer die getroffene Vereinbarung unter zivilrechtlichen Aspekten letztlich einzuordnen sein mag, auf jeden Fall ist dem Beschwerdeführer nach den Feststellungen der Vorinstanz zugute zu halten, dass er nicht eine fremde Sache rechtswidrig wegnehmen und sich aneignen wollte, sondern nach Fühlungnahme mit dem eigenen Anwalt und dem Rechtsvertreter des Vertragspartners G. davon ausging, er nehme Ware zurück, die im Rahmen eines Werkvertrages vor der Verarbeitung gar nie in das Eigentum des Bestellers übergegangen war oder im Rahmen eines Kaufvertrages zwar geliefert, aber mit Zustimmung des vom Vertrag ![]() | 7 |
Nach unangefochtener, herrschender Lehre regelt Art. 20 StGB ausschliesslich den Verbotsirrtum, d.h. den Irrtum darüber, ob ein bestimmtes Verhalten verboten und unter Strafe gestellt ist, nicht aber den Irrtum über Tatbestandsmerkmale rechtlicher Natur, welche in einem andern Rechtsgebiet (ausserhalb des Strafrechts) umschrieben werden. Hat sich der Täter über Lebensvorgänge oder Umstände geirrt, welche einem objektiven gesetzlichen Tatbestandsmerkmal entsprechen, wie beispielsweise über die Fremdheit der Sache, die er wegnimmt, so befand er sich in einer irrigen Vorstellung über den rechtserheblichen Sachverhalt (BGE 82 IV 202; BGE 85 IV 192 f., SCHULTZ, A.T. I, 4. Aufl. S. 226; NOLL, A.T. I, S. 132; HAUSER-REHBERG, Strafrecht I, 3. Aufl. S. 78 und 157; vgl. zum deutschen Recht: BLEI, Strafrecht I A.T., 18. Aufl. S. 201). Geht man von dieser zutreffenden Abgrenzung zwischen Sachverhaltsirrtum (Tatbestandsirrtum gemäss Art. 19 StGB) und Rechtsirrtum (Art. 20 StGB) aus, so ist der von der Vorinstanz festgestellte Irrtum - falls die zivilrechtliche Beurteilung der Situation durch den Beschwerdeführer überhaupt unrichtig gewesen sein sollte - nicht ein Rechtsirrtum, sondern ein Sachverhaltsirrtum, denn R. irrte sich nicht über die strafrechtliche Regelung; dass die Wegnahme fremder Sachen strafbar ist, war für ihn selbstverständlich nicht zweifelhaft. Sein allfälliger Irrtum konnte sich nur auf die Frage beziehen, ob die von ihm gelieferten, noch nicht eingebauten Materialien bereits fremde Sachen seien, bzw. darauf, ob er nicht (selbst bei Annahme eines vorherigen Übergangs des Eigentums auf den Erwerber) durch die Aufhebung des Vertrages und die Zustimmung des Vertragspartners/Käufers G. kraft dieser neuen Vereinbarung zur Rücknahme des verbleibenden Materials berechtigt sei. Ein solcher Irrtum über die zivilrechtliche Situation ist als Sachverhaltsirrtum zu behandeln, d.h. der Täter ist gemäss Art. 19 StGB nach dem Sachverhalt zu beurteilen, den er sich vorgestellt hat. Aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer glaubte, er sei als Eigentümer oder kraft neuer vertraglicher Abmachung zur Rücknahme des in Frage stehenden Baumaterials befugt. Sein Vorsatz ging also nicht dahin, fremden Gewahrsam zu brechen, sich rechtswidrig fremde Sachen anzueignen, und sich auf diesem Wege unrechtmässig zu bereichern. Auch wenn die zivilrechtliche ![]() | 8 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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