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20. Urteil des Kassationshofes vom 2. August 1983 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 41 Ziff. 1 StGB. Bedingter Strafvollzug für Zusatzstrafe. | |
Sachverhalt | |
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25. März 1977 45 Tage Gefängnis
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11. April 1978 4 Wochen Haft
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20. Oktober 1978 1 Jahr Gefängnis (bestätigt durch Urteil des Obergerichtes vom 13. November 1979)
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Wegen eines Einbruchdiebstahls, begangen am 1./2. Juni 1976 in Stallikon, sowie wegen eines versuchten Versicherungsbetrugs, begangen im April 1979 (oder im Juni 1979), sprach das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft S. am 24. Mai 1983 im Appellationsverfahren des Diebstahls, des versuchten Betrugs, der Sachbeschädigung sowie des Hausfriedensbruchs schuldig und verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von 6 Monaten als Teilzusatzstrafe zu den durch die Urteile vom 25. März 1977, 11. April 1978 und 13. November 1979 ausgefällten Strafen. Die Gewährung des bedingten Strafvollzugs erachtete das Obergericht für ausgeschlossen, weil die Teilzusatzstrafe zusammen mit den drei verbüssten Grundstrafen die Limite von 18 Monaten (Art. 41 Ziff. 1 StGB) überschreitet.
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B.- S. führt gegen diesen Entscheid des Obergerichts Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich ausschliesslich gegen die Verweigerung des bedingten Strafvollzuges.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Geht es nur um eine eigentliche Zusatzstrafe gemäss Ziff. 2 von Art. 68 StGB, durch welche ein oder mehrere vor der ersten ![]() | 8 |
2. Von den erwähnten Präjudizien unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt insofern, als die neue (zweite) Strafe nur teilweise Zusatzstrafe ist, nämlich soweit es um die Bestrafung der vor dem Zeitpunkt der ersten Verurteilung begangenen Delikte (Einbruch in Stallikon) geht, nicht aber bezüglich der Bestrafung des Versuchs eines Versicherungsbetruges, der während des kantonalen Rechtsmittelverfahrens betreffend Urteil vom 20. Oktober 1978 (1 Jahr Gefängnis) begangen wurde (vgl. BGE 102 IV 242, BGE 94 IV 54). Die Bemessung einer Freiheitsstrafe für Handlungen, die der Täter teils vor, teils nach einer früheren Verurteilung beging, sollte richtigerweise unter Berücksichtigung des Grundgedankens von Art. 68 Ziff. 2 StGB erfolgen. Das Bundesgericht hat jedoch in BGE 75 IV 162 in Anbetracht der praktischen Schwierigkeiten einer überzeugenden Kombination von Art. 68 Ziff. 1 und Ziff. 2 StGB erklärt, das Bundesrecht sei nicht verletzt, wenn in einem solchen Fall aus der Urteilsbegründung nicht hervorgehe, ob für die vor einer früheren Verurteilung begangenen Taten im Sinne von Art. 68 Ziff. 2 StGB nur eine "zusätzliche" Bestrafung erfolgt sei. Lässt sich aber aufgrund der Erwägungen der Vorinstanz ohne weiteres feststellen, welcher Anteil der neuen Strafe ![]() | 9 |
3. Bei der Berechnung der für die Zulässigkeit des bedingten Strafvollzugs massgebenden gesamten Strafdauer sind ausser der Grundstrafe auch allenfalls bereits zu dieser Grundstrafe ausgefällte Zusatzstrafen zu berücksichtigen (BGE 80 IV 10). Eine andere Frage ist, ob sämtliche zwischen der Begehung des Deliktes und seiner nachträglichen Beurteilung ausgefällten selbständigen Strafen als Grundstrafen zu addieren sind und zusammen mit der ![]() | 10 |
Dass auf diese Weise der bedingte Strafvollzug für die Zusatzstrafe ausgeschlossen ist, sobald sie zusammen mit der Summe der seit der Tat für andere Handlungen erlittenen Bestrafungen die Limite von 18 Monaten Freiheitsentzug überschreitet, steht zu Zweck und Ziel von Art. 41 Ziff. 1 StGB nicht im Widerspruch. Der bedingte Strafvollzug ist objektiv nicht mehr zulässig, wenn der Täter durch ein oder mehrere Delikte, die gemäss Art. 68 Ziff. 1 oder Ziff. 2 StGB einer gesamthaften Beurteilung zu unterwerfen sind, eine Strafe von mehr als 18 Monaten verwirkt hat. Wird eine Zusatzstrafe gemäss Art. 68 Ziff. 2 StGB ausgefällt, so ist es folgerichtig, Strafmass und Zulässigkeit des bedingten Strafvollzuges so zu bestimmen, wie wenn alle zwischen der Begehung der nun nachträglich zu beurteilenden Tat und dem Zeitpunkt ihrer Beurteilung erfolgten Verurteilungen wegen anderer Delikte jetzt gesamthaft vorzunehmen wären. Die Zusatzstrafe stellt bei dieser Betrachtungsweise die für die noch nicht geahndete Verfehlung zusätzlich (zu den rechtskräftigen Strafen) erforderliche Bestrafung dar. Kommt der bedingte Strafvollzug objektiv in Betracht, so werden die subjektiven Voraussetzungen ex nunc nach den Umständen im Zeitpunkt der nachträglichen Beurteilung geprüft.
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4. In der Nichtigkeitsbeschwerde wird nachdrücklich geltend gemacht, der Beschwerdeführer habe sich nach der Verbüssung der verschiedenen unbedingten Strafen erfolgreich wieder in die Gesellschaft eingegliedert. Es könne nun nicht der Sinn des ![]() | 12 |
Unter der Annahme, dass die Schilderung der Bewährung und sozialen Eingliederung zutrifft, was hier nicht abzuklären ist, kommt diesem Argument im Blick auf das Resozialisierungsziel erhebliches Gewicht zu. Der Gesetzgeber hat jedoch die Gewährung des bedingten Strafvollzugs nicht einfach von den Erfordernissen und Erwartungen der Resozialisierung abhängig gemacht, sondern mit der Limite von 18 Monaten der Möglichkeit eines bedingten Aufschubs von Freiheitsstrafen eine starre, objektive Schranke gesetzt. Damit ist die Anwendung von Art. 41 StGB durch ein objektives Kriterium klar begrenzt. Da diese Grenze weder durch eine Beurteilung in verschiedenen Verfahren noch durch den Zeitablauf zwischen Tat und Beurteilung aufgehoben wird, ist es möglich, dass im konkreten Einzelfall der durch eine weiter zurückliegende Tat bewirkte Ausschluss des bedingten Strafvollzuges unter dem Aspekt der Resozialisierung als unzweckmässig erscheint. Eine ähnliche Interessenlage kann sich aber auch - ohne Auswirkungen von Art. 68 StGB - bei einem einzelnen schwereren Delikt ergeben, wenn bis zur Beurteilung längere Zeit verstrichen ist, der Täter sich inzwischen eine Existenz aufgebaut hat und der Vollzug einer Freiheitsstrafe ihn aus einer positiven Entwicklung herausreisst. Der Konflikt, der in solchen Fällen zwischen der objektiven 18-Monate-Schranke und dem Resozialisierungsziel entstehen kann, lässt sich nicht durch Auslegung von Art. 41 Ziff. 1 StGB lösen. Stossende Härten sind allenfalls auf dem Wege der Begnadigung zu mildern.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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