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8. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. März 1984 i.S. M. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 140 Ziff. 2 StGB. Berufsmässige Vermögensverwaltung. | |
Sachverhalt | |
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B.- Gegen dieses Urteil führt M. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei in dem Sinne aufzuheben, dass der Beschwerdeführer von der Anklage der fortgesetzten qualifizierten Veruntreuung gemäss Art. 140 Ziff. 2 StGB freigesprochen und dass die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen werde zur Bestrafung (wegen der übrigen Anklagepunkte) mit höchstens 18 Monaten Gefängnis unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges.
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M. war Angestellter der Bank X in Zürich, wo er zur Hauptsache selbständig die Wertschriften der Bankkunden zu verwalten hatte. Auf 1. Januar 1973 wurde er zum Handlungsbevollmächtigten und auf 1. Januar 1979 zum Prokuristen befördert.
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Nachdem der Beschwerdeführer schon 1969 und 1970 je einmal einen unerlaubten Verkauf von Kundentiteln getätigt hatte, liess er sich in den Jahren 1971 bis 1979 in insgesamt 37 Fällen Aktien von Kunden der Bank X, die auf Rechnung der Kunden, aber im Namen der Bank X bei einer andern Bank hinterlegt waren, zustellen und verkaufte diese Wertschriften über die Bank Y. Den Erlös von rund Fr. 900'000.-- liess er seinem privaten Konto gutschreiben und verwendete den ganzen Betrag für eigene Bedürfnisse.
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Durch dieses Vorgehen hat der Beschwerdeführer unbestrittenermassen Veruntreuungshandlungen begangen. Nach den Feststellungen der Vorinstanz ist ein einheitlicher Willensentschluss und daher Fortsetzungszusammenhang anzunehmen.
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Mit der Nichtigkeitsbeschwerde wird die Auslegung, welche Art. 140 Ziff. 2 StGB im Präjudiz BGE 106 IV 22 gefunden hat, kritisiert und zudem bestritten, dass der Beschwerdeführer im Sinne dieser Rechtsprechung Organqualität besessen habe oder als berufsmässiger Verwalter von Kundenvermögen unter Art. 140 Ziff. 2 StGB falle.
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a) In BGE 106 IV 22 wurde folgende Regel formuliert: "Wer als Angestellter einer Bank für die Verwaltung von Kundenvermögen (mit-)verantwortlich ist, ist daher - entgegen BGE 69 IV 164 f. - berufsmässiger Vermögensverwalter im Sinne von Art. 140 Ziff. 2 StGB. Wer innerhalb einer Bank eine Tätigkeit verrichtet, deretwegen die Bank der behördlichen Bewilligung bedarf, übt einen durch die Behörde ermächtigten Beruf im Sinne dieser Bestimmung aus (vgl. BGE 103 IV 18)." Dieses Urteil wurde kritisiert von SCHULTZ (in ZBJV 1982 S. 19/20) und STRATENWERTH (BT I, 3. Aufl., S. 193).
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c) In den Fällen der Art. 172 und 326 StGB geht es um Delikte zu Gunsten der juristischen Person; der als Täter handelnden natürlichen Person werden dort ex lege objektive Deliktsmerkmale (wie insbesondere die Schuldnereigenschaft) "zugerechnet", die nach der Struktur der in Frage stehenden Sachverhalte jeweils nur der juristischen Person zukommen können (vgl. BGE 97 IV 203 f.).
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Im vorliegenden Fall hingegen handelt es sich weder um Verfehlungen im Interesse der juristischen Person noch um ein Tätermerkmal, das nach der Natur der Sache beim effektiv Handelnden nicht vorhanden sein konnte. Während es beispielsweise logisch ausgeschlossen ist, dass derjenige, der vor dem finanziellen Zusammenbruch einer juristischen Person eine der in Art. 163 StGB umschriebenen Handlungen begeht, selber die in der Strafnorm vorausgesetzte Schuldnereigenschaft besitzt, ist es eine Frage der Interpretation, ob das Qualifikationsmerkmal berufsmässiger Vermögensverwaltung im Sinne von Art. 140 Ziff. 2 StGB auch dem Angestellten eines Unternehmens zukommt, das sich mit berufsmässiger ![]() | 12 |
d) Ob den kritischen Äusserungen zur bisherigen Praxis insoweit zuzustimmen ist, als gefordert wird, die "Übertragung" eines Tatbestandsmerkmals, das nur bei der juristischen Person vorliegt, auf die handelnde natürliche Person setze eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung (analog Art. 172/326 StGB) voraus, kann hier offen bleiben. Denn selbst wenn man - abweichend von der Begründung einzelner Präjudizien (vgl. BGE 100 IV 41, BGE 97 IV 204) - dieser Auffassung zustimmt, so hat dies im vorliegenden Fall nicht eine Rückkehr zur frühern Praxis (BGE 69 IV 164) zur Folge. Die Frage, ob der Angestellte als berufsmässiger Vermögensverwalter qualifiziert werden kann, wenn er sich im Rahmen der juristischen Person als Verwalter anvertrauten Vermögens betätigt, ist damit nicht entschieden; denn dabei geht es nicht um die "Übertragung" eines Tatbestandselementes, das nur bei der juristischen Person vorhanden ist, auf die natürliche Person, sondern ganz einfach um die Auslegung des Täterbegriffs bei der Verwaltung von Fremdvermögen im Rahmen einer juristischen Person (oder allgemeiner: im Rahmen eines grössern Unternehmens).
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4. Die sinngemässe Interpretation des Qualifikationsgrundes hat von den Überlegungen auszugehen, die den Erwägungen in BGE 106 IV 22 zugrundegelegt wurden: Die Bankkunden, welche den Banken Vermögenswerte zur Verwaltung übergeben, haben ihr Gut nicht einem abstrakten Gebilde, sondern den fachkundigen Leuten des Bankunternehmens anvertraut zur getreuen und berufsmässigen Verwaltung. Für die Bestimmung der strafrechtlichen Verantwortung kann nicht auf die zivilrechtliche Ausgestaltung des Vertrauensverhältnisses abgestellt werden. Dass der als Verwalter tätige Angestellte nicht selber Vertragspartner des Vermögenseigentümers ist, sondern seine Arbeitgeberfirma, kann in strafrechtlicher Sicht vernünftigerweise keine Auswirkungen haben; dieser Umstand verringert die strafrechtliche Verantwortung der effektiv die Veruntreuung begehenden natürlichen Person ![]() | 14 |
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Wie der Kreis der unter der strengeren Strafdrohung von Art. 140 Ziff. 2 StGB stehenden Mitarbeiter allenfalls innerhalb der personellen Hierarchie eines solchen (Vermögensverwaltungen besorgenden) Unternehmens zu ziehen ist, braucht hier nicht weiter untersucht zu werden. Der Beschwerdeführer hatte (als Leiter der Wertschriftenabteilung) bei der Verwaltung der anvertrauten Wertschriften von Drittpersonen einen Grad von Selbständigkeit, ![]() | 16 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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