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Informationen zum Dokument  BGE 110 IV 24  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
1. Der angefochtenen Verurteilung wegen Betruges liegt im wesentl ...
2. Gegen den Schuldspruch wegen wiederholten und fortgesetzten vo ...
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10. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. Januar 1984 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 148 StGB; Verhältnis zum Steuerstrafrecht.  
 
Sachverhalt
 
BGE 110 IV, 24 (25)A.- Mit Urteil vom 30. März 1983 hat die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich X. des wiederholten und fortgesetzten vollendeten und versuchten Betruges (Art. 148 Abs. 1 StGB, teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB) in einem bei den vollendeten Delikten ca. Fr. 1'080'184.-- erreichenden Betrag sowie der wiederholten und fortgesetzten Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 und 2 StGB) schuldig gesprochen. Die Strafe wurde auf 2 Jahre Gefängnis bemessen.
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B.- Gegen dieses Urteil hat X. eine kantonale Kassationsbeschwerde und eine eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht. Die kantonale Beschwerde wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 15. November 1983 abgewiesen.
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Aus den Erwägungen:
 
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BGE 110 IV, 24 (26)Der Beschwerdeführer stellte in den Jahren 1971-1978 von der Schweiz, vorwiegend von Zürich aus den Steuerbehörden der USA (Internal Revenue Service) rund 150 Rückerstattungsbegehren für angeblich zuviel bezahlte Quellensteuern, wobei er falsche Personalien und Unterschriften verwendete, die Rückerstattungsformulare mit fingierten Einkommens-, Vermögens- und Quellensteuerangaben ausfüllte, mit den jeweils gewählten Namen unterzeichnete und den Rückerstattungsantrag mit entsprechend gefälschten Lohnausweisduplikaten unterstützte. Durch dieses Vorgehen gelang es ihm, die US-Steuerbehörden zu täuschen und sie zu veranlassen, in über 100 Fällen die verlangten Rückerstattungsbeträge zu erbringen. Die Vorinstanz stellt im angefochtenen Urteil fest, dass die auf diese Weise betrügerisch erlangte Summe sich auf US-$ 409'471 beläuft, was bei einem mittleren Umrechnungskurs rund einer Million Franken entspricht.
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a) Gemäss Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP ist es unzulässig, in der Nichtigkeitsbeschwerde neue Einreden oder neue Bestreitungen vorzubringen.
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Wie sich aus den Akten ergibt, wurde die Frage, ob es sich um Steuerdelikte handle, bereits bei der Einleitung der Strafuntersuchung aufgeworfen und damals verneint. In den beiden Hauptverhandlungen vor Obergericht hat der Vertreter des Beschwerdeführers die Anwendbarkeit von Art. 148 StGB auf die eingeklagten Täuschungshandlungen gegenüber den US-Steuerbehörden nicht bestritten, sondern selber Schuldspruch wegen wiederholten und fortgesetzten vollendeten und versuchten Betruges beantragt. Es liesse sich daher mit gutem Grund die Auffassung vertreten, die Einrede, es fehle die schweizerische Zuständigkeit zur Bestrafung der Betrugshandlungen, sei im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren BGE 110 IV, 24 (27)neu und daher prozessual nicht zulässig. Diese verfahrensrechtliche Frage mag hier offen bleiben.
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b) Das Obergericht hat in seinem ersten (vom Zürcher Kassationsgericht aufgehobenen) Urteil vom 2. Dezember 1981, das aber subsidiär einen Bestandteil des zweiten, hier angefochtenen Urteils vom 30. März 1983 bildet, von Amtes wegen untersucht, ob ein von Art. 148 StGB nicht erfasstes Fiskaldelikt ("Steuerbetrug") vorliege. Es kam zum Schluss, es handle sich um einen gemeinrechtlichen Betrug zum Nachteil des amerikanischen Schatzamtes. Der Angeklagte habe in den zu beurteilenden Fällen nicht als Steuerpflichtiger im eigenen Namen gehandelt, deshalb falle ein Steuerbetrug ausser Betracht.
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c) Die Beurteilung des damit umschriebenen und in der Nichtigkeitsbeschwerde wieder aufgegriffenen Problems bezieht sich ausschliesslich auf die Tragweite von Art. 148 StGB im Verhältnis zu analogen (privilegierten) Betrugstatbeständen des Verwaltungsstrafrechts. Entscheidend ist dabei die Rechtslage nach schweizerischem Recht. Ob nach dem Recht der Vereinigten Staaten die inkriminierten Handlungen als gemeinrechtliche Delikte oder als Fiskaldelikte zu qualifizieren wären, ist nicht zu prüfen; denn es geht um die Bestrafung von Täuschungen, welche von der Schweiz aus begangen wurden und daher als Inlandtaten zu verfolgen sind. Ob Art. 148 StGB zur Anwendung kommen kann, hängt davon ab, inwiefern nach schweizerischem Recht gegen das Gemeinwesen gerichtete Betrugshandlungen von Art. 148 StGB ausgenommen und einer privilegierenden Sonderregelung (Verwaltungsstrafrecht, Steuerstrafrecht) unterworfen sind.
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d) Aus verschiedenen Gesetzesbestimmungen lässt sich ableiten, dass die speziellen Tatbestände des Fiskalstrafrechts den analogen Tatbeständen des Strafgesetzbuches in der Regel vorgehen; insbesondere fällt nach unbestrittener Lehre und Praxis der sogenannte Steuerbetrug ausschliesslich unter die entsprechenden (mildern) Strafbestimmungen der Steuererlasse oder des Verwaltungsstrafrechts (vgl. Art. 335 Ziff. 2 StGB, Art. 14 VStrR, Art. 130bis BRB über die Erhebung einer direkten Bundessteuer; BGE 108 IV 27 u. 181, 92 IV 44, BGE 81 IV 169; BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, 3. Aufl. S. 318; ZUPPINGER in ZStR 91/1975 S. 113 ff., insbes. S. 165; NOLL in ZStR 74/1959 S. 29 ff., insbes. S. 40). Die Tragweite des gemeinrechtlichen Betrugstatbestandes von Art. 148 StGB wird sinngemäss durch die privilegierenden Bestimmungen des Fiskal- bzw. allgemein des Verwaltungsstrafrechts eingeschränkt.
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BGE 110 IV, 24 (28)Diese Einschränkung muss folgerichtig auch dann gelten, wenn im konkreten Fall eine anwendbare Spezialnorm fehlt, z.B. weil der zuständige Kanton keine solche Strafbestimmung kennt oder weil es sich um ein in der Schweiz gegen einen ausländischen Staat begangenes Fiskaldelikt handelt. Der strengere Betrugstatbestand des Strafgesetzbuches kann nicht in jenen Fällen subsidiär eingreifen, wo das für den Bereich der Fiskaldelikte zuständige Recht gar keine Strafbestimmung enthält oder aus irgendwelchen Gründen nicht zur Anwendung kommt (vgl. hiezu BGE 108 IV 184). - Für die Auslegung von Art. 148 StGB muss es in jedem Falle dabei bleiben, dass der nach herrschender Rechtsauffassung nicht unter den gemeinrechtlichen Betrugstatbestand fallende Steuerbetrug von der Bestrafung nach der Bestimmung des StGB ausgenommen ist.
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e) Zu prüfen bleibt somit, ob die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Betrugshandlungen nach schweizerischer Auffassung als Steuerbetrug zu qualifizieren sind und daher nicht gemäss Art. 148 StGB bestraft werden können oder ob es sich um gemeinrechtlichen Betrug handelt. Dass an sich die Tatbestandselemente von Art. 148 StGB erfüllt sind, wird in der Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht nicht bestritten und braucht hier nicht erörtert zu werden.
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Steuerbetrug wird in der Steuerrechtswissenschaft als Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen umschrieben, der die Steuerbehörden aufgrund von falschen, gefälschten oder inhaltlich unwahren Urkunden über die für die Quantifizierung des Steueranspruchs erheblichen Tatsachen täuscht, um auf diese Weise eine unrichtige, für ihn zu günstige Einschätzung zu erreichen (vgl. ZUPPINGER, ZStR 91/1975 S. 165). Als Zweck der Normen des Steuerstrafrechts wird allgemein der Schutz des staatlichen Steueranspruches bezeichnet (ZUPPINGER a.a.O. S. 117; ALBERTINI, Der Steuerbetrug im System der Steuerstrafnormen, Diss. Zürich 1967, S. 12). Erfasst und gegenüber Art. 148 StGB privilegiert wird durch die Vorschriften über Steuerbetrug also das betrügerische Verhalten in einem Veranlagungsverfahren. Dies gilt zweifellos auch für ein solches Verhalten in einem Rückerstattungsverfahren beim Quellensteuersystem. Der gesetzgeberische Grund für eine mildere Strafdrohung kann bei allen Spezialbestimmungen über täuschendes Verhalten in einem Verwaltungsverfahren darin gesehen werden, dass der Täter einer hoheitlich handelnden, mit besondern Kompetenzen ausgestatteten Behörde gegenübersteht und vielfach BGE 110 IV, 24 (29)- vor allem im Bereich des Abgaberechts - ex lege dem betreffenden Verfahren unterworfen wird.
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Hat ein Täter aber - wie der Beschwerdeführer - nicht als Steuerpflichtiger in einem gegen ihn eingeleiteten Veranlagungsverfahren oder ihm durch den vorangehenden Quellensteuerabzug aufgezwungenen Rückerstattungsverfahren betrügerische Handlungen begangen, sondern sich aus eigener Initiative entschlossen, durch Irreführung der Behörden sich unrechtmässig zu bereichern, indem er auf raffinierte Weise systematisch fiktive Rückerstattungsansprüche existierender oder erfundener Personen geltend macht und mittels falscher Urkunden die Auszahlung erwirkt, so begeht er gemeinrechtlichen Betrug zum Nachteil des betroffenen Gemeinwesens und nicht Steuerbetrug. Es besteht kein sachlicher Grund, eine solche vorsätzliche Schädigung des Staates durch arglistige Täuschung von Art. 148 StGB auszunehmen und einer privilegierenden Sonderregelung des Steuer- oder Verwaltungsstrafrechts vorzubehalten; denn jeder Zusammenhang mit einem regulären Steuerverfahren fehlt. Im vorliegenden Fall ging es nur um die rein deliktische Ausnützung des amerikanischen Systems der Rückerstattung.
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Aus dem Umstand, dass es Spezialbestimmungen des Verwaltungsstrafrechts gibt, die den gleichartigen Strafnormen des StGB vorgehen und bei gewissen Delikten zum Nachteil des Gemeinwesens zu einer mildern Bestrafung führen, kann nicht gefolgert werden, Betrug zum Nachteil eines Gemeinwesens falle generell nicht unter Art. 148 StGB, sondern sei stets nur verwaltungsstrafrechtlich zu ahnden. Die Schädigung eines Staates oder einer Gemeinde ist im Prinzip nicht weniger strafwürdig als die Schädigung eines privatrechtlichen Vermögens (vgl. BGE 96 IV 166). Privilegierende Ausnahmen sind restriktiv zu interpretieren. Die Annahme der Vorinstanz, in der Schweiz begangene betrügerische Handlungen zum Nachteil eines ausländischen Staates seien gemäss Art. 148 StGB zu bestrafen, auch wenn dabei das Steuerrückerstattungsverfahren als "Instrument" des Betruges eingesetzt wurde, verletzt somit das Bundesrecht nicht.
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