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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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15. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. Mai 1984 i.S. A. und H. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 37 Abs. 2 SVG, Art. 18 Abs. 1 und 36 Abs. 3 VRV, Art. 100 Ziff. 2 SVG. |
2. Adäquater Kausalzusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem Tod eines Mitfahrers (E. 3). |
3. Sorgfaltspflicht des Vorgesetzten (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 15. Juni 1983 verurteilte der Gerichtspräsident II von Nidau A. und H. wegen fahrlässiger Tötung zu bedingt aufgeschobenen Gefängnisstrafen von 20 bzw. 30 Tagen.
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Das Obergericht des Kantons Bern sprach die beiden am 18. November 1983 ausser der fahrlässigen Tötung der groben Verletzung von Verkehrsregeln schuldig, bestätigte aber den erstinstanzlichen Entscheid im Strafpunkt.
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C.- A. und H. führen in gemeinsamer Eingabe Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, sie seien einzeln von der Anschuldigung der fahrlässigen Tötung und der groben Verletzung von Verkehrsregeln freizusprechen, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Nach Art. 37 Abs. 2 SVG dürfen Fahrzeuge dort nicht angehalten oder aufgestellt werden, wo sie den Verkehr behindern oder gefährden könnten; womöglich sind sie auf Parkplätzen aufzustellen. Art. 18 Abs. 1 VRV präzisiert dies dahin, dass Fahrzeugführer nach Möglichkeit ausserhalb der Strasse zu halten haben. Sodann verpflichtet Art. 36 Abs. 3 VRV, der als Sonderregel für Autobahnen und Autostrassen erlassen wurde, den Fahrzeugführer, nur auf signalisierten Parkplätzen zu halten und für Nothalte Pannenstreifen und Abstellplätze für Pannenfahrzeuge zu benützen. Diese im vorliegenden Fall anwendbare Bestimmung macht klar, dass das Anhalten auf den Fahrbahnen solcher Strassen wegen der dort gefahrenen hohen Geschwindigkeiten äusserst gefährlich ist, weshalb nur auf von der Fahrbahn klar geschiedenen Parkplätzen und nur im Notfall auf den Pannenstreifen und entsprechenden Abstellplätzen gehalten werden darf.
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b) Nach dem angefochtenen Urteil weist die Autostrasse Biel-Lyss jedenfalls auf der Unfallstrecke keine solchen von der Fahrbahn getrennten Verkehrsflächen auf, auf welchen der Beschwerdeführer ![]() | 8 |
Demgegenüber beruft er sich vergeblich auf BGE 90 IV 232, um die dort für den Fall höherer Gewalt angedeutete Ausnahme von der Regel für sich in Anspruch zu nehmen; denn von höherer Gewalt kann in casu nicht die Rede sein. Aus BGE 102 II 281 aber kann A. deswegen nichts zu seinen Gunsten ableiten, weil im damals beurteilten Fall der Lastwagen innerorts und zum Auf- und Abladen von Waren angehalten hatte, was hier nicht zutraf. Schliesslich ändert am Gesagten auch nichts, dass Rücklichter und Rundleuchte des Landrovers eingeschaltet waren und das Fahrzeug aus 100 bis 150 m Entfernung gesehen werden konnte. Das entband den Beschwerdeführer nicht der Pflicht, den Wagen dennoch ausserhalb der Fahrbahn anzuhalten. Im übrigen hatte das Bundesgericht in BGE 94 IV 131, der einen ebenfalls auf der Autostrasse Biel-Lyss erfolgten Unfall betraf, dem damaligen Beschwerdeführer, der eine Panne gehabt hatte, vorgehalten, er hätte diese auf dem 3-4 m breiten Grasstreifen beheben sollen. Was aber für den Fall einer Panne gilt, muss a fortiori für den vorliegenden Fall Geltung haben, wo es dem Beschwerdeführer ohne weiteres möglich gewesen wäre, den fahrtüchtigen Landrover auf das Grasband zu lenken, um ihn daselbst anzuhalten.
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3. Wie die Vorinstanz ausdrücklich und für den Kassationshof verbindlich feststellt (BGE 101 IV 152 E. 2b mit Zitaten), war die schuldhafte Missachtung der vorgenannten Verkehrsregeln durch A. für den Unfall und damit für den Tod des M. "natürlich kausal". Soweit sich der Beschwerdeführer hiergegen wendet, ist er nicht zu hören. Es ist aber auch die rechtserhebliche Ursachenfolge gegeben; nach der allgemeinen Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge war nämlich das Verhalten des Beschwerdeführers geeignet, zu den tatsächlich eingetretenen Folgen ![]() | 10 |
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Hiergegen wird in der Beschwerde nichts vorgebracht, was zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils führen müsste. Der Hinweis darauf, dass H. nach dem Aussteigen - eine brennende Stablampe in der Hand und das Gefahrensignal tragend - auf den Landrover aufmerksam machte, entlastet ihn nicht von dem Vorwurf, dass er es überhaupt nicht hätte zulassen dürfen, dass das Fahrzeug auf der Fahrbahn angehalten wurde. Dass er A. gegenüber "keine weiteren Weisungspflichten" gehabt habe, trifft nicht zu. Er war nach dem angefochtenen Urteil der Vorgesetzte der Equipe und als solcher nicht nur für deren Sicherheit, sondern auch dafür verantwortlich, dass sich diese bei Verrichtung ihrer Arbeit an die gesetzlichen Vorschriften und namentlich an die Verkehrsregeln hielt. Zutreffend stellt deshalb die Vorinstanz fest, er hätte A. anweisen müssen, den Landrover aufs Gras hinauszuführen. Dazu war er nicht nur befugt, sondern als Vorgesetzter nach Art. 100 Ziff. 2 SVG auch verpflichtet. Indem er es unterliess, hat er gleich A. und aus den bereits für diesen angeführten Gründen für den Tod des M. einzustehen.
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