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27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 9. November 1984 i.S. P. gegen R. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 173 ff. StGB; ehrverletzende Äusserungen in einer Rechtsschrift; Mitwirkung von Partei und Rechtsanwalt. |
Art. 30 StGB; Strafantrag bei Mitwirkung mehrerer an einer Straftat. |
Der gültig gegen einen Mitwirkenden gestellte Strafantrag gilt - ohne ausdrückliche Beschränkung - auch gegenüber allen andern Tatbeteiligten. Das Unterbleiben der Verfolgung eines Mitbeteiligten hat keinen Einfluss auf den Fortbestand des Strafantrags gegenüber weiteren Delinquenten (E. 1c). | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 7. Februar 1984 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich P. wegen übler Nachrede zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 1'000.--.
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C.- P. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und das vorliegende Verfahren einzustellen, eventuell sei die Sache zur Einstellung an die Vorinstanz zurückzuweisen, eventuell sei der Beschwerdeführer vollständig freizusprechen.
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Aus den Erwägungen: | |
1. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe die inkriminierte Äusserung gestützt auf die Instruktion von G. in die Klageantwortschrift übernommen; sie stamme somit von seiner Klientin. Er habe lediglich wiedergegeben, was ihm diese gesagt habe. G. sei infolgedessen Urheberin der Äusserung, weshalb sie im Sinne von Art. 30 StGB an der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat beteiligt gewesen sei. Nach dem Grundsatz der Unteilbarkeit des Strafantrags richte sich aber dieser immer zugleich gegen alle an der Tat Mitwirkenden. Gemäss Lehre und Rechtsprechung habe die vom Beschwerdegegner "innert der Antragsfrist und in der vom zürcherischen Strafprozessrecht geforderten Form eingereichte Anklage somit [...] zugleich die Wirkung eines Strafantrags gegen alle Beteiligten" gehabt. "Damit aber war auch gegen G., obschon nicht in der Anklageschrift genannt, nach Bundesrecht ein rechtswirksamer Strafantrag gestellt." Werde ein Antrag gegen einen Beteiligten gestellt, so sei die Strafuntersuchung von Amtes wegen auf alle anderen auszudehnen. Das sei hier nicht geschehen, weshalb ein entsprechender Antrag vor zweiter ![]() | 4 |
a) Diese Argumentation vermischt zwei Fragen, nämlich diejenige nach der Mitwirkung von G. an der eingeklagten Äusserung und diejenige einer rechtsgültigen Antragsstellung für den Fall einer solchen Beteiligung. Ausserdem ist sie widersprüchlich, wenn einerseits geltend gemacht wird, mit dem gegen den Beschwerdeführer gerichteten Strafantrag sei nach Bundesrecht rechtsgültig auch gegen G. Antrag gestellt worden, und anderseits behauptet wird, der Antrag sei wegen Verletzung des Grundsatzes der Unteilbarkeit ungültig. Und schliesslich ist sie, soweit sie sich überhaupt an den von der Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellten Sachverhalt (Art. 277bis Abs. 1 BStP) hält, unbehelflich.
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b) Das Obergericht hat zunächst eine Beteiligung von G. im Sinne des Art. 30 StGB verneint, weil das Weiterverbreiten einer ehrverletzenden Äusserung neben dem Beschuldigen oder Verdächtigen einen selbständigen Tatbestand darstelle, der Täter, der eine ehrverletzende Beschuldigung oder Verdächtigung aufstelle, nicht immer und notwendigerweise an der Weiterverbreitung seiner Äusserung teilnehme und der Klient eines Anwalts nicht damit rechnen müsse, dass seine Instruktionen bzw. Äusserungen genau so in der Rechtsschrift wiedergegeben würden, wie er sie dem Anwalt gegenüber getan habe, es sei denn, er habe deren Wiedergabe ausdrücklich verlangt. G. habe dem Beschwerdeführer nicht den Auftrag gegeben, den geäusserten Eindruck in einer Rechtsschrift weiterzuverbreiten.
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Diese Überlegungen der Vorinstanz rufen erheblichen Bedenken. Wenn es einerseits auch Pflicht des Anwalts ist, die Instruktionen seines Klienten - soweit dies möglich, zulässig und zumutbar ist - auf ihren Sachbezug und ihre Begründetheit zu erforschen (VON WERRA, Der Anwalt und die üble Nachrede, in Bulletin des SAV, Dezemberheft 1980 S. 8), so ist doch andererseits nicht zu übersehen, dass der Klient seiner Meinung nach für die ![]() | 7 |
c) Der Beschwerdegegner hat unbestrittenermassen gegen den Beschwerdeführer form- und fristgerecht Strafantrag gestellt. Damit war auch gegen weitere nicht ausdrücklich erwähnte Beteiligte von Bundesrechts wegen Antrag gestellt, es wäre denn, der Beschwerdegegner hätte bezüglich der zu verfolgenden Personen einen Vorbehalt angebracht bzw. den Antrag bewusst auf den Beschwerdeführer beschränkt (BGE 97 IV 3 mit Verweisungen). Davon kann nach der vom Obergericht in diesem Punkt gegebenen Eventualbegründung nicht die Rede sein. Welches der Inhalt der vom Antragssteller abgegebenen Willenserklärung war, ist Tatfrage, die vom kantonalen Richter für den Kassationshof verbindlich beantwortet und daher mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht zur Entscheidung gestellt werden kann, auch nicht mit der Rüge willkürlicher Beweiswürdigung oder Tatsachenfeststellung (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Nach dem angefochtenen Urteil aber hatte R. den gegen den Beschwerdeführer gerichteten Strafantrag nicht auf diesen beschränken wollen, um G. zu schonen und sie von einer Strafverfolgung zu bewahren. Der Beschwerdegegner hatte demnach vorbehaltlos einen von Bundesrechts wegen gültigen Strafantrag gestellt. Der Entscheid des Obergerichts verstösst infolgedessen nicht gegen Art. 30 StGB. Daran ändert auch nichts, dass G. heute nicht neben dem Beschwerdeführer als strafrechtlich Verfolgte dasteht.
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