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29. Urteil des Kassationshofes vom 16. November 1984 i.S. X. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 286 StGB; Hinderung einer Amtshandlung. | |
Sachverhalt | |
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B.- Während der erstinstanzliche Richter (a.o. Gerichtspräsident von Trachselwald) X. wegen Vereitelung einer Blutprobe zu 20 Tagen Gefängnis verurteilte, erachtete das Obergericht den Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG nicht als erfüllt, sprach X. aber am 13. März 1984 der Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB schuldig und setzte die Strafe auf 8 Tage Haft fest.
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C.- Gegen dieses Urteil des Obergerichts führt X. Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
Das Obergericht hat die Verurteilung wegen Vereitelung der Blutprobe aufgehoben, weil eine amtliche Anordnung im Sinne von Art. 91 Abs. 3 SVG nicht erfolgt war. Es betrachtete jedoch die Aufforderung des Polizeigefreiten S. als amtliche Anordnung des Atemlufttests und die verbale Weigerung des X. als Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB.
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a) Art. 91 Abs. 3 SVG erfasst unter anderem die Hinderung von Amtshandlungen, welche der Feststellung des Blutalkoholgehaltes dienen. Die Bestimmung bildet in diesem Sinne eine Sondernorm ![]() | 5 |
Der Atemlufttest dient gemäss Art. 138 Abs. 3 VZV der Vorprobe; er ist eine (fakultative) Vorstufe bei der Feststellung der Angetrunkenheit, welche aber durch Blutprobe zu erfolgen hat (Art. 138 Abs. 1 VZV). Nachdem die amtlich angeordnete Blutprobe durch die Spezialbestimmung von Art. 91 Abs. 3 SVG geschützt ist und bei Widerstand des Betroffenen durch eine Verfügung der zuständigen Instanz stets die Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Norm geschaffen werden kann, erscheint es als überflüssig, die Ablehnung des Atemlufttests noch gesondert gemäss Art. 286 StGB zu ahnden. Dadurch würde strafbare Widersetzlichkeit in einem Verhalten gesehen, das vor der gemäss Art. 55 SVG/138 VZV notwendigen amtlichen Anordnung erfolgt, während eine strafrechtliche Sanktion richtigerweise nur Platz greifen kann, sofern das gesetzliche Verfahren zur Feststellung der Angetrunkenheit von den zuständigen Organen wirklich durchgeführt und vom Betroffenen behindert wird.
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b) Die negative Äusserung als Reaktion auf die Aufforderung des Polizeibeamten kann schon an sich nicht als Hinderung einer Amtshandlung qualifiziert werden (vgl. STRATENWERTH, Bes. Teil II, 3. Aufl. S. 282). Mit seiner Weigerung hat X. zwar die Mitwirkung bei der beabsichtigten Feststellung seiner allfälligen Angetrunkenheit abgelehnt, aber dem amtlichen Handeln keine Hindernisse in den Weg gelegt. Wenn der Polizeibeamte die ins Auge gefasste Abklärung des Alkoholisierungsgrades hätte durchsetzen wollen, dann wäre der nächste Schritt die Beschaffung einer untersuchungsrichterlichen Anordnung gewesen. S. hat darauf verzichtet, ohne dass er daran von X. gehindert worden wäre. Durch den Verzicht auf die Blutprobe kam das Verfahren formell nie in jenes Stadium, in welchem die Sondernorm von Art. 91 Abs. 3 SVG eingreifen könnte und daher auch Handlungen der Selbstbegünstigung ex lege strafbar wären. Für ihren speziellen ![]() | 7 |
c) Gegen eine Bestrafung der Weigerung im vorliegenden Fall spricht schliesslich die Erwägung, dass der blosse Ungehorsam gegen eine amtliche Verfügung gemäss Art. 292 StGB zu beurteilen ist. Für eine Verurteilung nach dieser Bestimmung fehlt in casu der dort verlangte ausdrückliche Hinweis auf die gesetzliche Strafdrohung. Auch unter dem Aspekt von Art. 292 StGB verbietet sich eine subsidiäre Anwendung von Art. 286 in einem Fall, der wegen Fehlens einer gesetzlichen Voraussetzung nicht als Ungehorsam geahndet werden darf. Mehr als blossen Ungehorsam stellt die verbale Ablehnung einer Aufforderung nicht dar. Lautstärke und Intensität der ablehnenden Äusserung können nicht dazu führen, dass die Weigerung zur Hinderung einer Amtshandlung würde.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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