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1. Urteil des Kassationshofes vom 17. Februar 1988 i.S. Eidg. Zollverwaltung gegen S. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 2 Abs. 2, 71 Abs. 2 StGB; lex mitior, Verjährung (Zollvergehen). |
Sieht das neue Recht zwar eine längere, aber zusätzlich eine absolute Verjährungsfrist vor, so ist das im konkreten Fall für den Täter mildere Recht anzuwenden. | |
Sachverhalt | |
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Mit Verfügung vom 23. August 1977 erklärte die Zolluntersuchungsstelle St. Margrethen S. für die bei den Einfuhren nicht entrichteten Einfuhrabgaben von insgesamt Fr. 3'979.15 leistungspflichtig. Beschwerden gegen diese Verfügung wurden durch die ![]() | 2 |
B.- Mit Strafbescheid vom 23. September 1983 verurteilte die Eidgenössische Zollverwaltung S. wegen Bannbruchs und Zollübertretung zu einer Busse von Fr. 48'665.--. Am 25. Oktober 1983 erhob S. dagegen Einsprache, welche von der Oberzolldirektion mit Strafverfügung vom 9. Oktober 1985 abgewiesen wurde. Am 18. Oktober 1985 stellte S. das Begehren um gerichtliche Beurteilung. Mit Urteil vom 9./16. Dezember 1986 bestätigte das Bezirksgericht Oberrheintal die Strafverfügung.
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Auf Berufung von S. sprach ihn das Kantonsgericht St. Gallen am 19. Oktober 1987 für die vor dem 1. Januar 1975 getätigten Einfuhren wegen Verjährung frei und verurteilte ihn für die späteren wegen Bannbruchs und Zollübertretung zu einer Busse von Fr. 8'000.--.
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C.- Dagegen hat die Oberzolldirektion eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Der Beschwerdegegner schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Die Vorinstanz begründet ihre Auffassung, alle Handlungen des Beschwerdegegners vor dem 1. Januar 1975 seien verjährt, wie folgt: Die dem Beschwerdegegner vorgeworfenen Handlungen, begangen in der Zeit von August 1971 bis 20. Oktober 1976, stünden in einem Fortsetzungszusammenhang. Durch Ziffer 7 des Anhangs zum Verwaltungsstrafrecht, in Kraft seit 1. Januar 1975, seien die Verjährungsfristen des Zollgesetzes von bisher zwei auf fünf Jahre erhöht worden. Der unter altem Recht verübte Teil der fortgesetzten Widerhandlung sei - unter Vorbehalt des milderen neuen Rechtes - nach altem Recht zu beurteilen, der unter neuem Recht verübte dagegen auschliesslich nach neuem Recht. Für alle Handlungen vor dem 1. Januar 1975 sei deshalb die zweijährige Verjährungsfrist gemäss altem Recht zugrunde zu legen, wobei zu berücksichtigen sei, dass es nach altem Recht keine absolute Verjährung gab und dass die Verfolgungsverjährung während eines Beschwerdeverfahrens bezüglich der Festsetzung der hinterzogenen Abgabe ruhte. Vorliegendenfalls sei am 23. September 1983, als die Eidgenössische Zollverwaltung einen Strafbescheid im Sinne ![]() | 7 |
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die neue Verjährungsordnung gemäss VStrR gelte auch für Taten, die vor dem Inkrafttreten des Verwaltungsstrafrechtes verübt worden seien. Massgeblich sei deshalb für den ganzen Anklagesachverhalt die fünfjährige Verjährungsfrist des neuen Rechtes, weshalb keine Verjährung eingetreten sei; die absolute Verjährung trete erst im Frühjahr 1990 ein. Eventualiter wird geltend gemacht, dass auch bei Zugrundelegung der altrechtlichen zweijährigen Verjährungsfrist die Verjährung nicht eingetreten sei, da sowohl die Einsprache des Beschwerdeführers vom 25. Oktober 1983 wie auch die Stellungnahme der Zollkreisdirektion Chur die Verjährung unterbrochen hätten.
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Die Beschwerdeführerin beruft sich für ihre Ansicht, die neue Verjährungsordnung gelte auch für Taten, die vor dem Inkrafttreten des Verwaltungsstrafrechtes verübt worden seien, auf BGE 104 IV 266. In der Tat wird in der Regeste dieses Urteils gesagt, die neue Verjährungsordnung des VStrR gelte auch für Taten, die vor dem Inkrafttreten des VStrR verübt worden seien. Die damals zu entscheidende Rechtsfrage unterscheidet sich jedoch von der heutigen: Zu entscheiden war ein Fall, in dem es nach altem Recht keine Vollstreckungsverjährung gab, wohl aber nach dem neuen Recht des VStrR. Das neue Recht wurde deshalb als das mildere im Sinne von Art. 2 Abs. 2 StGB rückwirkend angewendet (BGE 104 IV 267 E. 1). Auch aus dem Urteil des Bundesgerichtes (II. öffentlichrechtliche Abteilung) vom 18. August 1983 i.S. des Beschwerdegegners sowie aus dem Urteil vom 29. August 1984 i.S. P. C. ergibt sich nichts für den Standpunkt der Beschwerdeführerin, da in jenen Entscheidungen das hier zur Diskussion stehende Problem nicht erörtert wurde. Unbehelflich ist auch der Hinweis auf den Grundsatz, es sei immer nur das alte oder das neue Recht als ganzes anzuwenden, eine Verbindung beider Rechte dagegen ausgeschlossen.
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b) Unterbrechung der Verjährung trat nach Art. 83 Abs. 3 alt ZG ein "durch jede gegen den Täter gerichtete Verfolgungshandlung". Diese Formulierung ist offensichtlich enger als die nach neuem Recht massgebliche Regel von Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 StGB, wonach unter anderem auch die Ergreifung von Rechtsmitteln zur Unterbrechung der Verjährung führt. Die Einsprache des Beschwerdegegners vom 25. Oktober 1983 war offensichtlich keine gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung und unterbrach deshalb die Verjährung nicht.
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Aber auch die interne Stellungnahme der Zollkreisdirektion Chur vom 31. Oktober 1983 war keine gegen den Täter gerichtete Verfolgungshandlung. Sie findet sich bezeichnenderweise auch nicht in den Untersuchungsakten. Erforderlich für die Verjährungsunterbrechung nach Art. 83 Abs. 3 alt ZG ist eine den Prozess fördernde Handlung, die nach aussen in Erscheinung tritt (BGE 73 IV 258 f.), ein nur interner Vorgang genügt nicht (BGE 90 IV 63).
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