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2. Urteil des Kassationshofes vom 9. Februar 1989 i.S. K. gegen Kriminalkammer des Kantons Thurgau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 38 Ziff. 1 und 4 StGB, Art. 2 Abs. 5 VStGB 1; bedingte Entlassung; Reststrafe. |
2. Keine Überschreitung der Rechtsetzungskompetenz durch Art. 2 Abs. 5 VStGB 1, der festlegt, dass auch eine Reststrafe bei der Bestimmung des frühesten Zeitpunktes der bedingten Entlassung angemessen berücksichtigt werden darf (E. 1 und 5). | |
Sachverhalt | |
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Am 9. Juli 1988 stellte K. ein Gesuch um bedingte Entlassung, welches die Kriminalkammer des Kantons Thurgau mit Beschluss vom 6. Dezember 1988 abwies.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 3. Januar 1989 beantragt K., den Entscheid der Kriminalkammer abzuweisen und das Gesuch um bedingte Entlassung gutzuheissen, eventuell die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Kriminalkammer des Kantons Thurgau verzichtet auf eine Vernehmlassung und beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
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Aus den Erwägungen: | |
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b) Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, dem Wortlaut von Art. 38 StGB lasse sich nicht entnehmen, dass Reststrafen in jedem Fall ungeschmälert zu verbüssen seien; insbesondere verbiete er nicht die zweimalige bedingte Entlassung.
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Im übrigen stütze sich Art. 2 Ziff. 5 VStGB 1 direkt auf Art. 397bis Abs. 1 lit. a StGB; von einer kompetenzwidrig erlassenen Verordnung könne daher nicht gesprochen werden. Im Kanton Zürich werde diese Bestimmung denn auch uneingeschränkt angewandt.
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Nach ihrem Wortlaut verlangt diese Bestimmung in einem Fall wie hier - Verurteilung während der Probezeit der bedingten Entlassung zu einer drei Monate übersteigenden unbedingten Freiheitsstrafe - zwingend die Anordnung der Rückversetzung. Damit ist aber - entgegen der Auffassung der Vorinstanz, die sich diesbezüglich auf die eigene neuste und geänderte Praxis stützt - noch nicht bestimmt, dass nun auf jeden Fall die Reststrafe vollständig zu verbüssen sei; auch den Materialien lässt sich kein entsprechender Wille des Gesetzgebers entnehmen (BBl 1965 I 569; Amtl.Bull. SR 1967, 53 f., NR 1969, 94 ff.). Es ist vielmehr mit der herrschenden Lehre davon auszugehen, dass Art. 38 Ziff. 4 Abs. 1 StGB die erneute Berücksichtigung der Reststrafe nach erfolgter Rückversetzung zulässt (SCHULTZ, Einführung in den ![]() | 11 |
Indem die Vorinstanz - nach dem Gesagten zu Unrecht - davon ausgeht, gemäss Art. 38 Ziff. 4 StGB sei eine Reststrafe vollständig zu verbüssen, hat sie Bundesrecht verletzt, was zur Gutheissung der Beschwerde führt.
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Gemäss Art. 397bis Abs. 1 lit. a StGB ist der Bundesrat befugt, ergänzende Bestimmungen aufzustellen über den Vollzug von Gesamtstrafen, Zusatzstrafen und mehreren, gleichzeitig vollziehbaren Einzelstrafen und Massnahmen. Von dieser Kompetenz hat er mit Erlass der VStGB 1 Gebrauch gemacht. Da Art. 38 Ziff. 4 StGB nicht die vollständige Verbüssung der Reststrafe verlangt, hat er seine Rechtsetzungskompetenz nicht überschritten, wenn er in Art. 2 Abs. 5 VStGB 1 - in zurückhaltender Formulierung - festlegt, dass bei der Bestimmung des frühesten Zeitpunktes der bedingten Entlassung auch eine Reststrafe angemessen berücksichtigt werden darf.
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