BGE 115 IV 152 | |||
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34. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. Juni 1989 i.S. Statthalteramt des Bezirkes Uster gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 270 Abs. 1 BStP; öffentlicher Ankläger des Kantons. | |
Sachverhalt | |
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Aus den Erwägungen: | |
2. Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde steht gemäss Art. 270 Abs. 1 BStP unter anderem dem öffentlichen Ankläger des Kantons zu. Die Statthalterämter des Kantons Zürich können, wie das Bundesgericht in BGE 111 IV 112 entschied, jedenfalls nicht neben der Staatsanwaltschaft eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde führen. In diesem Entscheid wurde ausgeführt, nach der Praxis des Bundesgerichts, zu deren Überprüfung kein Anlass besteht, würden Beschwerden von Zürcher Statthalterämtern dann zugelassen, wenn diese gewissermassen an Stelle der Staatsanwaltschaft in der Funktion des Anklägers auftreten würden; ohne jeden Zweifel unzulässig sei es jedoch, dass ein Statthalteramt neben der Staatsanwaltschaft Beschwerde führe.
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In einem nicht veröffentlichten Entscheid vom 22. Oktober 1984 i.S. Justizdirektion Zürich gegen M. trat der Kassationshof auf eine Nichtigkeitsbeschwerde der Justizdirektion Zürich nicht ein, weil diese nicht "öffentlicher Ankläger des Kantons" sei. Darin wurde weiter ausgeführt, im Interesse einer einheitlichen Überwachung der Rechtsmittel bestehe kein Grund, den Wortlaut von Art. 270 Abs. 1 BStP extensiv auszulegen und jeder kantonalen Amtsstelle, welche in irgendeinem Verfahren öffentliche Interessen vertrete, gegebenenfalls die Befugnis zur Einreichung einer Nichtigkeitsbeschwerde einzuräumen; über die allfällige Anerkennung der Beschwerdebefugnis unterer Anklagebehörden (Statthalterämter, Bezirksanwaltschaften) sei hier nicht zu befinden, sondern es gehe darum, ob bei richterlichen Entscheidungen im Laufe des Vollzugs (BGE 106 IV 186) statt dem Ankläger des Kantons die mit dem Vollzug der Sanktion betraute Verwaltungsbehörde zur Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert sein solle; überzeugende Gründe für eine solche Ausweitung der Legitimation seien jedoch nicht erkennbar.
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3. Die Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich vorab nach Art. 270 BStP und nicht nach der Stellung, die einem Beteiligten nach dem kantonalen Strafprozessrecht zukommt oder die er im kantonalen Verfahren tatsächlich auch einnahm (vgl. analog dazu die Praxis zu Art. 88 OG, zuletzt in BGE 113 Ia 428 E. 1 und 470 E. a). Kantonales Strafprozessrecht ist nur insoweit von Bedeutung, als in der bundesrechtlichen Bestimmung ausdrücklich darauf abgestellt wird. So ist der Antragsteller bei Antragsdelikten unabhängig davon, ob er im kantonalen Verfahren Partei war, zur Nichtigkeitsbeschwerde befugt (BGE 84 IV 129). Beim Privatstrafkläger hängt es demgegenüber gemäss dem ausdrücklichen Wortlaut des Abs. 3 von Art. 270 BStP davon ab, ob er nach den Vorschriften des kantonalen Rechts allein, ohne Beteiligung des öffentlichen Anklägers, die Anklage vertreten hat, wobei es für den Ausschluss seiner Beschwerdelegitimation genügt, dass der öffentliche Ankläger im kantonalen Verfahren hätte Parteirechte ausüben können und nicht ausdrücklich darauf verzichtet hat (BGE 110 IV 114, BGE 105 IV 280 und BGE 93 IV 101). Schliesslich entschied das Bundesgericht in BGE 73 IV 53, wenn sich kein öffentlicher Ankläger am kantonalen Verfahren beteiligen durfte und niemand anders den Strafanspruch vor dem Bundesgericht verfolgen könnte, so sei dazu der öffentliche Ankläger legitimiert.
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Die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts dient der einheitlichen Anwendung des Bundesrechts. Den kantonalen Staatsanwaltschaften kommt bei der Verwirklichung dieses Zieles aufgrund der ihnen zustehenden Beschwerdebefugnis eine wichtige Aufgabe zu; sie tragen mit der Ergreifung von Rechtsmitteln wesentlich zu einer einheitlichen Praxis innerhalb des Kantons bei und ebenso dazu, dass sich diese entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichts mit der schweizerischen Praxis in Einklang befinde. Dort wo eine für den ganzen Kanton zuständige Staatsanwaltschaft besteht - dies ist in den allermeisten Kantonen der Fall -, der das Recht zur Beschwerdeführung vor der letzten kantonalen Instanz zusteht und der damit auch aufgetragen ist, innerhalb des Kantons für eine einheitliche Rechtsanwendung zu sorgen, muss auch dieser die Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde zukommen. Ausser in den Fällen, in denen die Bundesanwaltschaft beim Bundesgericht Nichtigkeitsbeschwerde einreichen kann (Art. 270 Abs. 6 BStP), besteht kein einheitlicher öffentlicher Ankläger für das Gebiet der Eidgenossenschaft, sondern ist diese Aufgabe entsprechend der Anzahl der Kantone aufgeteilt. Eine weitere, unnötige Aufsplitterung gilt es jedoch zu vermeiden. Wenn auch nicht verhindert werden kann, dass ein Kanton nicht eine für sein ganzes Gebiet zuständige Staatsanwaltschaft bezeichnet - wie dies z.B. im Kanton Tessin mit je einer selbständigen Staatsanwaltschaft für den Sopra- bzw. Sottoceneri besteht - oder auf einzelnen Rechtsgebieten nicht dieser, sondern allein einzelnen Bezirksbehörden, das Beschwerderecht vor der letzten kantonalen Instanz einräumt, so muss doch ausgeschlossen werden, dass neben einer für den ganzen Kanton tätigen und in letzter Instanz beschwerdebefugten Staatsanwaltschaft auch noch öffentliche Ankläger, die nur für Fälle aus einem Teilgebiet des Kantons zuständig sind, zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert sind.
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Dass zwei nebeneinander beschwerdelegitimierte öffentliche Ankläger des Kantons nicht beide im gleichen konkreten Fall Beschwerde führen können, entschied das Bundesgericht bereits im oben zitierten BGE 111 IV 112. Diese Praxis ist in dem Sinne zu erweitern, dass jedenfalls dort, wo eine kantonale Anklagebehörde besteht und sie befugt war, vor der letzten kantonalen Instanz aufzutreten, stets nur diese allein berechtigt ist, beim Bundesgericht die Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen einzureichen. Es kann nicht etwa entscheidend sein, welche von zwei öffentlichen Anklagebehörden, die beide vor der letzten kantonalen Instanz den staatlichen Strafanspruch vertreten konnten, vor dieser tatsächlich auftrat. Damit würde das Recht der kantonalen Staatsanwaltschaft, durch Einreichen einer eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde für die einheitliche Rechtsanwendung im Kantonsgebiet zu sorgen, dort genommen, wo sie vor der letzten kantonalen Instanz kein Rechtsmittel einlegte, was nicht angeht. Die Einschränkung des Beschwerderechts kann daher nur dadurch erfolgen, dass der entsprechenden Bezirksbehörde die Beschwerdelegitimation gänzlich abgesprochen wird. Dies muss um so mehr erfolgen, als auch ein nebeneinander bestehendes Beschwerderecht zweier Behörden, welches jedoch nicht gleichzeitig ausgeübt werden kann (BGE 111 IV 112), zu Schwierigkeiten führen kann, weil dies eine dem Rechtsmittelsystem fremde vorherige Absprache unter den beiden Behörden voraussetzt, die zu Schwierigkeiten führen kann, weil sie unter Umständen nicht möglich ist oder zumindest erschwert sein kann.
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5. Die Statthalterämter der Bezirke im Kanton Zürich sind in Übertretungsstrafsachen für den Erlass von Strafverfügungen zuständig. Verlangt der Bestrafte gerichtliche Beurteilung und hält das Statthalteramt seine Strafverfügung aufrecht, so überweist es die Sache an den Einzelrichter in Strafsachen des zuständigen Bezirksgerichtes. Im Verfahren vor diesem vertritt das Statthalteramt den staatlichen Strafanspruch (§ 341 ff. und § 358 ff. StPO/ZH). Gegen den Entscheid des Einzelrichters können die Staatsanwaltschaft und das Statthalteramt beim Obergericht Nichtigkeitsbeschwerde oder Berufung einlegen (§ 395 Ziff. 1, § 410 und § 428 StPO/ZH). Im vorliegenden Fall reichte die heutige Beschwerdegegnerin gegen den Einzelrichterentscheid beim Obergericht Nichtigkeitsbeschwerde ein und in jenem Verfahren wurde das Statthalteramt Uster als Beschwerdegegner behandelt.
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Obwohl dem Statthalteramt nach zürcherischem Recht bei Übertretungen die Aufgabe des öffentlichen Anklägers zukommt und obwohl es das zur Verfügung stehende kantonale Rechtsmittel ergreifen kann bzw. in diesem Rechtsmittelverfahren Parteistellung hat, ist dessen Legitimation zur Einreichung einer eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nach dem oben Gesagten zu verneinen. Neben dem Statthalteramt steht bei Übertretungen auch der Staatsanwaltschaft das Recht zu, von den kantonalen Rechtsmitteln Gebrauch zu machen. Im Kanton Zürich ist die Staatsanwaltschaft als für das ganze Kantonsgebiet zuständiger öffentlicher Ankläger zu betrachten (§ 72 GVG/ZH), dem auch die Aufgabe zukommt, mittels Ergreifung von kantonalen Rechtsmitteln für die Wahrung des Rechts zu sorgen (§ 395 und 396 StPO/ZH). Da ihr auch im hier zu beurteilenden Fall das Recht zugestanden hätte, bei der letzten kantonalen Instanz das zulässige Rechtsmittel einzulegen, ist allein sie vor dem Kassationshof des Bundesgerichts beschwerdelegitimiert.
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