BGE 115 IV 267 | |||
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58. Urteil des Kassationshofes vom 18. Oktober 1989 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Y. und O. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 249 BStP (§ 104d Abs. 3 StPO/ZH). | |
Sachverhalt | |
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte Y. und O. am 10. Oktober 1986 u.a. gestützt auf Art. 19 Ziff. 2 BetmG zu mehrjährigen Zuchthausstrafen. Dem Schuldspruch lag ein abgehörtes Telefongespräch zugrunde, das Y. mit O. als Gast im Restaurant X. in Zürich geführt hatte. Der Telefonanschluss dieses Restaurants war überwacht worden, weil der dringende Verdacht bestand, dass es als Heroinumschlagplatz diene und der Wirt sowie zwei Geschäftsführer als Händler beteiligt seien.
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Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hob dieses Urteil gestützt auf § 104d Abs. 3 StPO/ZH auf, weil diese Bestimmung der Verwertbarkeit von Zufallsfunden bei der Telefonüberwachung entgegenstehe.
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In Befolgung des kassationsgerichtlichen Entscheides sprach das Obergericht am 30. Dezember 1988 Y. und O. wegen Fehlens anderer Beweise bezüglich der Betäubungsmitteldelikte frei.
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Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde beantragt die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils wegen Verletzung von Art. 249 BStP (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) und Rückweisung der Sache zur Schuldigsprechung.
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Das Bundesgericht weist die Nichtigkeitsbeschwerde ab
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aus folgenden Erwägungen: | |
1. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäss Art. 249 BStP besagt, dass die Organe der Strafrechtspflege frei von Beweisregeln und nur nach ihrer persönlichen Ansicht aufgrund gewissenhafter Prüfung darüber entscheiden, ob sie eine Tatsache für bewiesen halten (BGE 103 IV 300 E. 1a, BGE 84 IV 174 E. 2; ROBERT HAUSER, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl., S. 146). Die Beweiswürdigung besteht in der Bewertung der aufgenommenen Beweise nach ihrer Zuverlässigkeit und Richtigkeit. Ist für den Strafprozess die materielle Wahrheit wegleitend, so kann für diese Beurteilung nur die freie, persönliche Meinung des Richters massgebend sein. Allein auf diese Weise kann er ein für jeden Einzelfall zutreffendes Urteil fällen, während ihn die früheren Beweistheorien an Regeln banden, und zwar unabhängig davon, ob das Ergebnis seiner eigenen Überzeugung entsprach oder nicht (so HAUSER, a.a.O; vgl. auch GERARD PIQUEREZ, Précis de procédure pénale suisse, S. 184 und 187/8; NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, Zürich 1989, N. 286 und 600).
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Aus diesem Sinn und Zweck der freien Beweiswürdigung folgt, dass Art. 249 BStP dem Richter bloss verbietet, bei der Durchführung von Beweisen und der Würdigung erhobener Beweise gesetzlichen Regeln - Beweiserhebungs-, Beweisverwertungsverboten oder Beweisregelungen (vgl. dazu HAUSER, a.a.O., S. 162/3) - zu folgen, welche die eigene Prüfung und Bewertung der Überzeugungskraft der Beweismittel ausschliessen; eine Verletzung von Art. 249 BStP liegt mithin nur vor, wenn bestimmten Beweismitteln im voraus in allgemeiner Weise die Beweiseignung abgesprochen wird oder wenn der Richter im konkreten Fall bei der Würdigung der Beweise im Ergebnis nicht seiner eigenen Überzeugung folgt. Dagegen steht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht Beweisbeschränkungen entgegen, die sich daraus ergeben, dass das kantonale Recht oder übergeordnetes Verfassungs- oder Staatsvertragsrecht aus anderen Gründen als der Beweiseignung, z.B. zur Wahrung schutzwürdiger öffentlicher oder privater Interessen, gewisse Beweismittel nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässt (so bereits BGE 97 IV 232 und BGE 84 IV 174 E. 2).
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2. Nach § 104d Abs. 3 StPO/ZH dürfen Ergebnisse genehmigter Überwachungsmassnahmen, die mit dem abzuklärenden Sachverhalt in keiner Beziehung stehen, aber auf die Begehung einer anderen Straftat hindeuten, nur dann verwertet werden, wenn auch bezüglich dieser Tat die Voraussetzungen von § 104 Ziff. 1 (Verbrechen oder Vergehen, dessen Schwere oder Eigenart den Eingriff rechtfertigt) und 2 (dringender Tatverdacht) oder § 104a (Überwachung von Drittpersonen) gegeben sind. Diese Bestimmung bezweckt nach den Erwägungen im Entscheid des Kassationsgerichtes Zürich den Schutz der Privatsphäre und des Telefongeheimnisses, dem der Zürcher Gesetzgeber den Vorrang eingeräumt habe, wenn er die Verwertbarkeit von Zufallsfunden bei der Telefonüberwachung (§ 104d Abs. 3 StPO) ausgeschlossen habe.
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Diese Bestimmung des kantonalen Rechts stellt mithin nicht ein Beweisverwertungsverbot mangels Beweiseignung des in Frage stehenden Beweismittels auf. Nach dem oben Gesagten ist eine Verletzung von Art. 249 BStP daher zu verneinen, wenn die Vorinstanz das abgehörte Telefongespräch zwischen Y. und O. bei der Beweiswürdigung unberücksichtigt liess. Ob die Auslegung des kantonalen Rechts durch das Kassationsgericht Zürich vor der Bundesverfassung standhält oder nicht, kann im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde nicht geprüft werden (Art. 269 BStP).
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