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Informationen zum Dokument  BGE 116 IV 23  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
1. Dem vorliegenden Fall liegt folgender unbestrittener Sachverha ...
2. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. ...
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6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. März 1990 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen P. (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 148 StGB; Betrug; Arglist.  
 
Sachverhalt
 
BGE 116 IV, 23 (24)Das Bezirksgericht Zürich, Einzelrichter in Strafsachen, sprach P. am 25. Oktober 1988 von der Anklage des versuchten Betruges frei.
1
Eine gegen diesen Freispruch gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft wies das Obergericht des Kantons Zürich am 23. Mai 1989 ab und bestätigte das erstinstanzliche Urteil.
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Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde beantragt die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, das Urteil des Obergerichts aufzuheben.
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Aus den Erwägungen:
 
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Am 18. Juli 1988 gelangte P. in den Besitz eines auf R. lautenden Namen-Sparheftes der Zürcher Kantonalbank, welches er am nächsten Tag bei dieser Bank in der Überzeugung vorlegte, dass er sich durch die Präsentation des Sparheftes genügend legitimieren und das durch das Sparheft verkörperte Konto von R. auch belasten könne. Er präsentierte das Sparheft am Kontokorrentschalter und begehrte vom Guthaben von über Fr. 12'000.-- die Auszahlung von Fr. 12'000.--. Die Beamtin erkannte, dass es sich bei P. nicht um den Berechtigten handelte und wies ihn an den Schalter für Sparbuchbezüge. Dort beantragte er nur noch die Auszahlung von Fr. 3'000.--, da ihm klar geworden war, dass er sich verdächtig mache, wenn er die Auszahlung des ganzen Guthabens verlange. Auch dieser Betrag wurde ihm nicht ausbezahlt, da das Sparheft als unrechtmässig weggenommen gemeldet war; dem gleichzeitig verlangten Identitätsnachweis kam er durch Vorlegen seiner eigenen Identitätskarte nach.
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a) Der angefochtene Entscheid geht davon aus, das Vorlegen eines nicht dem Täter gehörenden Sparheftes sei eine "in der blossen Vorspiegelung seiner Bezugsberechtigung liegende falsche Angabe".
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b) Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, die Präsentation eines Sparheftes, über welches der Täter zu Unrecht verfüge, sei keine blosse falsche Angabe, sondern eine Machenschaft und damit BGE 116 IV, 23 (25)eine arglistige Täuschung, welche im Missbrauch des Sparheftes als Legitimationspapier mit Beweiseigenschaft liege.
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c) Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt eine arglistige Täuschung vor, wenn sich der Täter besonderer Machenschaften oder Kniffe bedient oder ein ganzes Lügengebäude errichtet (manoeuvres frauduleuses, mise en scène, échafaudage de mensonges; BGE 110 IV 23 E. 4).
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Der Täter, welcher der Bank ein gestohlenes Namen-Sparheft vorlegt und die Auszahlung einer bestimmten Summe verlangt, täuscht nicht lediglich den Schalterangestellten durch blosse falsche Angaben, sondern das durch ihn eingesetzte Betrugsmittel besteht im gestohlenen Sparheft als Legitimationspapier. Da durch den Dieb des Sparheftes, bevor dieses in den Besitz von P. gelangte, ohne Vorlage eines Personalausweises bereits verschiedene Bezüge getätigt werden konnten, ist davon auszugehen, dass es sich um ein verkehrsübliches, auf den Namen lautendes Sparheft mit Legitimationsklausel handelte; diese bedeutet, dass die Bank, der das Sparheft zwecks Abhebung des Guthabens vorgewiesen wird, zwar befugt, aber nicht verpflichtet ist, die Verfügungsberechtigung des Vorweisenden zu überprüfen; sie ist vielmehr befugt, den Inhaber des Sparheftes als verfügungsberechtigte Person anzusehen und ihm gegen die blosse Vorlage desselben zu leisten.
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Wer wie der Beschwerdegegner eine echte, unrechtmässig erlangte Urkunde missbräuchlich einsetzt, um die tatbestandsmässige Täuschung und die schädigende Vermögensdisposition zu erreichen, handelt arglistig, denn die missbräuchliche Verwendung von Urkunden zählt zu den "manoeuvres frauduleuses", welche die Strafbarkeit einer Täuschung gemäss Art. 148 StGB begründen; dies gilt auch für den rechtswidrigen Gebrauch eines Namen-Sparheftes, also eines klassischen Legitimationspapiers, dessen Funktion es gerade ist, die Bezugsberechtigung zu belegen (BGE 72 IV 118 E. 1; ARDINAY, Der Betrug nach dem Schweizerischen Strafgesetzbuch, ZStrR 86, S. 316 f.), ohne dass der Täuschende sich mit dem Einwand entlasten könnte, dem Getäuschten wäre eine Überprüfung möglich und zumutbar gewesen (unveröffentlichter Entscheid des Bundesgerichts vom 18. April 1985 i.S. De L., E. 1).
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Die Vorinstanz hat aus diesen Gründen mit ihrem Freispruch von der Anschuldigung des versuchten Betruges Art. 148 StGB verletzt, weshalb der angefochtene Entscheid aufzuheben ist.
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