BGE 116 IV 78 | |||
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15. Urteil des Kassationshofes vom 1. Februar 1990 i.S. J. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 268 Ziff. 1 BStP. | |
Sachverhalt | |
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B.- J. begehrt gestützt auf Art. 136 lit. d OG die Revision dieses Entscheids. Er macht geltend, es sei versehentlich nicht berücksichtigt worden, dass dem Urteil der Gerichtskommission ein Strafbescheid des Untersuchungsrichters vorausgegangen sei, der als erstinstanzliches Urteil zu gelten habe.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Gemäss Art. 268 Ziff. 1 BStP ist die Nichtigkeitsbeschwerde gegen Urteile der Gerichte zulässig, die nicht durch ein kantonales Rechtsmittel wegen Verletzung des eidgenössischen Rechts angefochten werden können; ausgenommen sind Urteile unterer Gerichte, wenn diese als einzige kantonale Instanz entschieden haben. Diese Art. 48 Abs. 1 und 2 OG entsprechend revidierte Bestimmung (BBl 1964 II 891; BGE 92 IV 55) ist erlassen worden, damit Strafurteile unterer Gerichte nicht mehr wie bisher unter Ausschaltung einer zweiten kantonalen Instanz direkt beim Bundesgericht angefochten werden können (BBl 1964 II 891; BGE 94 IV 44 mit Hinweisen). Die Nichtigkeitsbeschwerde ist auf ihrer Grundlage gegen Urteile unterer Gerichte demzufolge nur noch zulässig, wenn diese als zweite, also als Rechtsmittelinstanz entschieden haben (BBl 1964 II 891/2; BGE 92 IV 55, 152 und 166). Das entspricht der durch Art. 48 Abs. 2 OG getroffenen Regelung (BBl 1943 121/2; BGE 85 II 285 E. 2 und BGE 71 II 184; BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, S. 171, N 4 zu Art. 48 OG).
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2. Das Urteil der II. Gerichtskommission des Bezirksgerichts St. Gallen ist ein letztinstanzliches im Sinne von Art. 268 Ziff. 1 Satz 1 BStP; wie im Falle von BGE 106 IV 95 ist auch hier die kantonale Berufung ausgeschlossen, da die verhängte Busse den für den Eintrag von Übertretungen des Schweizerischen Strafgesetzbuches in das Strafregister erforderlichen Betrag von Fr. 500.-- (Art. 9 Ziff. 2 der Verordnung über das Strafregister, SR 331) nicht erreicht und der Staatsanwalt keine schwerere Strafe beantragt hat (Art. 180 Abs. 2 StP/SG), und mit der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde die Verletzung von Bundesrecht nicht gerügt werden kann (Art. 190 Abs. 2 StP/SG). Der Beurteilung durch die Gerichtskommission, welche ein unteres Gericht im Sinne von Art. 268 Ziff. 1 Satz 2 BStP ist (Art. 5 f. und 11 f. GerG/SG; Art. 180 f. und 190 f. StP/SG), war ein Verfahren vorausgegangen, in welchem der Untersuchungsrichter eine provisorische Bussenverfügung (Art. 52 StP/SG) und - nach Einsprache durch den Gesuchsteller und durchgeführter Untersuchung - einen Strafbescheid (Art. 128 StP/SG) erlassen hatte, gegen den der Gesuchsteller wiederum einsprach, worauf die Sache an die Gerichtskommission zur gerichtlichen Beurteilung überwiesen wurde (Art. 131 Abs. 2 StP/SG). Provisorische Bussenverfügung wie Strafbescheid werden rechtskräftig, wenn keine Einsprache erhoben oder diese zurückgezogen worden ist (Art. 52 Abs. 3 und 131 Abs. 3 StP/SG). Sie bilden demzufolge zunächst nicht, sondern erst dann den richterlichen gleichgestellte Urteile, wenn sie unangefochten in Rechtskraft erwachsen; die Einsprache ist denn auch kein Rechtsmittel im Sinne des kantonalen Prozessrechts (Art. 172 f. StP/SG; GVP 1967 Nr. 52; BGE 92 IV 163 E. b). Provisorische Bussenverfügung und Strafbescheid stellen Rechtsinstitute dar, die zur vereinfachten Erledigung bestimmter Straffälle dem ordentlichen Gerichtsverfahren erster Instanz vorangestellt sind (GVP 1967 Nr. 52; BGE 92 IV 163 E. b). Das Verfahren, in welchem sie erlassen werden, kann für sich allein daher nicht als Verfahren erster Instanz, sondern höchstens insoweit, als es mit jenem vor der Gerichtskommission eine prozessuale Einheit bildet, als solches gelten (GVP 1967 Nr. 52; BGE 92 IV 163 E. b). Die Gerichtskommission hat somit in Fällen wie dem vorliegenden ohne Ausnahme (vgl. BGE 106 IV 95, wo offengelassen wurde, ob das auch bei ergangenem Strafbescheid zutreffe) als einzige kantonale Instanz entschieden; gegen ihr Urteil ist die Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 268 Ziff. 1 Satz 2 BStP nicht zulässig. Würde anders entschieden, so wäre der mit der Revision dieser Bestimmung verfolgte Zweck weitgehend vereitelt (BGE 114 IV 75 und BGE 92 IV 166).
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