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23. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 27. April 1990 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 68 Ziff. 1 StGB; Anwendbarkeit dieser Bestimmung beim gewerbsmässigen und beim fortgesetzten Delikt. |
2. Der generelle Ausschluss von Art. 68 Ziff. 1 StGB beim fortgesetzten Delikt lässt sich nicht begründen; er kann zu einem Verstoss gegen das Schuldprinzip führen (Änderung der Rechtsprechung). Notwendigkeit der Überprüfung der Rechtsprechung zum fortgesetzten Delikt auch ausserhalb des Strafzumessungsbereichs (E. 2b cc). | |
Sachverhalt | |
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B.- Mit Urteil vom 17. Juni 1987 sprach das Obergericht des Kantons Zürich X. des wiederholten gewerbsmässigen Betrugs sowie weiterer Delikte schuldig und verurteilte ihn zu einer Gesamtstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten Zuchthaus, abzüglich 43 Tage Untersuchungshaft, und zu einer Busse von Fr. 1'000.--. Überdies verpflichtete es ihn zur Zahlung zahlreicher Schadenersatzforderungen.
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C.- Dagegen führt X. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Hiezu ist vorweg festzuhalten, dass aus dem angefochtenen Urteil nicht schlüssig hervorgeht, ob, wie der Beschwerdeführer behauptet, die Vorinstanz auf der Basis ihrer Annahme, es liege wiederholter gewerbsmässiger Betrug vor, Art. 68 Ziff. 1 StGB überhaupt angewendet hat. Da sich weder die Vorinstanz noch die Staatsanwaltschaft zur Nichtigkeitsbeschwerde geäussert haben, ist jedoch im Zweifel davon auszugehen, dass die Vorinstanz die dem Beschwerdeführer auferlegte Strafe nach Art. 68 Ziff. 1 StGB geschärft hat.
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b) Der Beschwerdeführer macht geltend, die wiederholte Tatbegehung sei in der Gewerbsmässigkeit begriffsnotwendig enthalten; die Anwendung von Art. 68 StGB scheide bei einer Verurteilung wegen gewerbsmässiger Deliktsbegehung deshalb aus.
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aa) Gewerbsmässig handelt nach der in BGE 115 IV 34 ff. präzisierten Rechtsprechung, wer in der Absicht, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, und mit der Bereitschaft, in unbestimmt vielen Fällen oder bei jeder sich bietenden Gelegenheit ![]() | 9 |
Richtig ist allerdings, dass die im besonderen Teil des StGB für gewerbsmässige Deliktsbegehung vorgesehenen Strafrahmen eine mehrfache Verwirklichung des Tatbestandes immer schon einkalkulieren und deshalb bei einem Schuldspruch wegen gewerbsmässiger Tatbegehung die Anwendung von Art. 68 StGB grundsätzlich ausser Betracht zu bleiben hat (BGE 76 IV 101). Von diesem Grundsatz ist in Übereinstimmung mit HAUSER/REHBERG (Strafrecht I, Zürich 1988, S. 202) aber abzuweichen, wenn während verschiedener, voneinander getrennter Zeitabschnitte gewerbsmässig delinquiert wurde, ohne dass den einzelnen Phasen ein umfassender Entschluss zugrunde lag und die Deliktsserien auch objektiv nicht als Einheit im Sinne eines zusammenhängenden Geschehens erscheinen. In solchen Fällen, in denen sich der Täter wiederholt zur gewerbsmässigen Begehung voneinander unabhängiger Deliktsserien entschliesst, kann eine deliktische Intensität erreicht sein, bei der der Richter die Möglichkeit haben muss, durch Heranziehung von Art. 68 Ziff. 1 StGB bei der Strafzumessung über das im besonderen Teil des StGB für gewerbsmässige Deliktsbegehung vorgesehene Strafmaximum hinauszugehen.
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bb) Eine Anwendung von Art. 68 StGB in diesen Fällen auch beim gewerbsmässigen Delikt lässt sich umso eher rechtfertigen, als vom nach oben erweiterten Strafrahmen nicht notwendigerweise Gebrauch gemacht werden muss. In aller Regel wird vielmehr eine Erhöhung nach pflichtgemässem Ermessen innerhalb der ordentlichen Strafandrohung dem Verschulden des Täters gerecht.
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cc) Soweit der Ausschluss einer Strafschärfung nach Art. 68 Ziff. 1 StGB bei Gewerbsmässigkeit aus den gleichen Gründen erfolgt, wie sie bei der Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts angeführt werden, kann daran nicht länger festgehalten werden. Diese Rechtsfigur wurde namentlich deshalb eingeführt, um dem Richter die Möglichkeit zu geben, bei echter Konkurrenz auf eine Strafschärfung nach Art. 68 StGB zu verzichten, wo sie als ungerecht erscheint (BGE 90 IV 132; vgl. auch BGE 91 IV 66). Mit Recht weist ![]() | 12 |
Der Vollständigkeit halber ist hier anzufügen, dass erhebliche Bedenken auch gegenüber der bisherigen Praxis beim fortgesetzten Delikt bestehen, wonach alle Einzelhandlungen erst nach Abschluss des letzten Teilaktes zu verjähren beginnen (BGE 105 IV 13 mit Hinweisen); auch die inzwischen mit gewichtigen Einschränkungen versehene Rechtsprechung, nach der sich die Rechtskraft einer Verurteilung wegen eines fortgesetzten Delikts auch auf jene Delikte beziehen soll, die dem Richter nicht bekannt waren (BGE 90 IV 132), wird bei Gelegenheit erneuter Prüfung bedürfen. Die durch im Grunde sophistische Unterscheidungskriterien vom wiederholten Delikt abgegrenzte Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts erscheint insgesamt als nicht haltbar, weil sie sachlich nicht zusammenhängende, gesondert zu erörternde Problembereiche (Verjährung, res-iudicata-Wirkung, Strafzumessung) vermengt und damit den Zugang zu sachgerechten Lösungen der anstehenden Fragen erschwert.
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3. Bei Anwendung der dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass die Anwendung von Art. 68 StGB durch die Vorinstanz bundesrechtlich nicht zu beanstanden ist. Gemäss ihren verbindlichen tatsächlichen Feststellungen, die der Beschwerdeführer unzulässigerweise angreift (vgl. Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP), ist zwischen den beiden Betrugsserien, die dieser im Rahmen der Aktivitäten der A. AG einerseits und der C. AG andererseits begangen hat, eine klare Zäsur erkennbar, und die beiden Deliktskomplexe haben nichts miteinander zu tun. Damit aber ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer während ![]() | 14 |
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