BGE 117 IV 67 | |||
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17. Urteil des Kassationshofes vom 19. Februar 1991 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Widerhandlungen gegen das Lebensmittelgesetz. |
Als Übertretungen von geringer Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung kommen angesichts der darin angedrohten Höchststrafe von 50 Franken Busse nur ausgesprochene Bagatellfälle in Betracht (E. 1). |
2. Art. 11 ff., 16 LMG. |
Die Zulässigkeit eines Strafverfahrens und einer Verurteilung wegen Inverkehrbringens gesundheitsschädlicher Lebensmittel setzt weder die Erstattung einer Strafanzeige durch die gemäss Art. 16 LMG zuständige Behörde noch die vorgängige Durchführung des in Art. 11 ff. LMG geregelten Verfahrens voraus (E. 2). |
3. Art. 38 LMG. |
Die Gesundheitsschädlichkeit eines Stoffes bestimmt sich nach den Gesetzen der Natur und nicht nach behördlichen Vorschriften. Der Umstand, dass in der zur Zeit der Taten geltenden Verordnung für die vom Täter in Verkehr gebrachten Feigen keine Grenzwerte in bezug auf die gesundheitsschädlichen Aflatoxine genannt wurden, weil beim Erlass jener Verordnung ein Aflatoxin-Problem bei Feigen noch nicht bekannt war, betrifft nicht die Frage der Gesundheitsschädlichkeit, sondern die Frage der Schuld des Täters (E. 3). | |
Sachverhalt | |
A.- Die Gerichtskommission Gossau verurteilte X. am 19. Januar 1990 wegen fahrlässiger Widerhandlung gegen das Lebensmittelgesetz im Sinne von Art. 38 Abs. 1 LMG zu einer Busse von Fr. 2'000.--, bedingt vorzeitig löschbar bei einer Probezeit von einem Jahr. Die Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen wies die vom Gebüssten dagegen erhobene Berufung am 20. August 1990 ab. X. wird zur Last gelegt, er habe als verantwortlicher Geschäftsleiter der Z. im Bereich Früchte, Gemüse und Trockenfrüchte Ende 1986 und Anfang 1987 teilweise stark mit Aflatoxinen kontaminierte türkische Feigen in der Schweiz gelagert bzw. in Verkehr gebracht, deren Kontamination mit Aflatoxinen er bei Anwendung der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können, und er habe eine Rückzugsverfügung des Kantonalen Laboratoriums St. Gallen vom 5. März 1987 nicht befolgt.
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B.- Der Gebüsste führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung (im Sinne eines Freispruchs) an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Sind Übertretungen, welche unter die Art. 38 und 41 LMG fallen, von geringer Bedeutung, so wird gemäss Art. 53 LMG der Fehlbare mit einer Busse von höchstens 50 Franken bestraft. Eine solche "Übertretung" von geringer Bedeutung ist angesichts der in Art. 53 LMG angedrohten Strafe eine Übertretung im technischen Sinne gemäss Art. 101 StGB und verjährt daher relativ in einem und absolut in zwei Jahren (Art. 109 StGB, vgl. auch Art. 333 StGB). Mit Rücksicht auf die in Art. 53 LMG angedrohte Höchststrafe von 50 Franken Busse fallen als Widerhandlungen von geringer Bedeutung nur ausgesprochene Bagatellfälle in Betracht. Das gilt auch unter Berücksichtigung der erheblichen Geldentwertung seit dem Inkrafttreten des Lebensmittelgesetzes vom 8. Dezember 1905, auf die in der Nichtigkeitsbeschwerde hingewiesen wird. Art. 53 LMG ist objektiv-zeitgemäss auszulegen; massgebend ist demnach, dass heute der Betrag von 50 Franken ein geringer Betrag ist. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der seit dem Jahre 1905 unverändert gebliebene Art. 38 LMG für fahrlässiges Inverkehrbringen gesundheitsschädlicher Lebensmittel etc. immerhin Gefängnis bis zu sechs Monaten und/oder Busse bis zu Fr. 1'000.-- androht. Angesichts dessen dürften auch bei subjektiv-historischer Auslegung von Art. 53 LMG, für die der Beschwerdeführer plädiert, nur ausgesprochene Bagatellfälle als Übertretungen von geringer Bedeutung qualifiziert werden. So war denn auch in den Verhandlungen der Eidgenössischen Räte in diesem Zusammenhang verschiedentlich von Bagatellsachen die Rede (vgl. etwa Sten.Bull. 1905 S. 396, Votum NR Brosi; S. 891, Votum SR Richard). Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Widerhandlungen gemäss Art. 38 LMG sind nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil schon angesichts der hochgradig krebserzeugenden Wirkung von Aflatoxinen, die dem Beschwerdeführer bekannt war, sowie auch unter Berücksichtigung des Ausmasses der in einzelnen Fällen festgestellten Grenzwertüberschreitungen nicht in diesem Sinne von geringer Bedeutung. Es ist insoweit entgegen einem Einwand in der Nichtigkeitsbeschwerde unerheblich, welche Massnahmen die Behörden selber getroffen hatten; massgebend ist vielmehr, dass die Behörden die Importeure und Händler mehrfach dringend baten, der Angelegenheit grösste Aufmerksamkeit zu schenken.
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Abgesehen von den Fällen, welche in die Kompetenz der Lebensmittelinspektoren und der Ortsexperten fallen, werden die Proben (betreffend Waren oder Rohmaterialien, siehe dazu Art. 11 Abs. 1 LMG) mit einem schriftlichen Bericht der zuständigen Untersuchungsanstalt übermittelt, welche der auftraggebenden Amtsstelle von dem Untersuchungsresultat in kürzester Frist Kenntnis gibt (Art. 13 Abs. 1 LMG). Gibt die Untersuchung Anlass zur Beanstandung, dann ist der zuständigen Behörde unter Beilage des Untersuchungsberichts unverzüglich schriftliche Anzeige zu erstatten (Art. 14 Abs. 2 LMG). Bevor die zuständige Behörde auf Grund der Anzeige ihre Verfügungen trifft oder die Anzeige an den Richter weiterleitet, hat sie dem Beteiligten Kenntnis von der gegen ihn erstatteten Anzeige zu geben (Art. 16 Abs. 1 LMG). Dem Beteiligten steht das Recht zu, innert fünf Tagen nach Empfang der Mitteilung Einsprache zu erheben und eine Oberexpertise zu verlangen (Art. 16 Abs. 2 LMG).
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a) Über die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen, die bundesrechtlicher Natur sind und daher Gegenstand der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde sein können, ist erst zu entscheiden, wenn feststeht, dass das Kantonale Laboratorium St. Gallen bzw. der Kantonschemiker nach dem einschlägigen kantonalen Recht nicht die im Sinne von Art. 16 Abs. 1 LMG zur Weiterleitung der Anzeige an den Richter zuständige Behörde war.
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Das Kantonsgericht hat nicht erkannt, dass nach der st. gallischen Vollzugsverordnung zur Gesetzgebung über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen in der im massgebenden Zeitpunkt der Einreichung der Strafanzeige geltenden Fassung neben der örtlichen Gesundheitskommission auch das Kantonale Laboratorium bzw. der Kantonschemiker als die zuständige Behörde qualifiziert werden müsse, von der in Art. 16 LMG die Rede ist. Es geht in seinen Erwägungen im Gegenteil offenbar davon aus, dass nach der kantonalen Vollzugsverordnung in der damals geltenden Fassung in der Tat wohl einzig die örtliche Gesundheitskommission als zuständige Behörde im Sinne von Art. 16 LMG zu betrachten ist. Es vertritt aber die Auffassung, dass Art. 16 LMG die Zulässigkeit der Strafverfolgung wegen Widerhandlungen im Sinne von Art. 38 LMG nicht von der Anzeige bzw. Ermächtigung der in Art. 16 LMG genannten zuständigen Behörde abhängig mache, dass Art. 16 LMG vielmehr einfach eine Anzeigepflicht der dort genannten zuständigen Behörde statuiere, dass aber, da es sich bei den Widerhandlungen im Sinne von Art. 38 LMG um Offizialdelikte handle, das Anzeigerecht nach den allgemeinen Regeln des Prozessrechts jedermann zustehe und damit insbesondere auch dem Kantonschemiker, der gemäss Art. 4 Abs. 1 der kantonalen Vollzugsverordnung in der damals geltenden Fassung den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen "überwachte".
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Es ist demnach vorliegend davon auszugehen, dass nach der vom Kantonsgericht im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung das Kantonale Laboratorium bzw. der Kantonschemiker gemäss der Vollzugsverordnung in der damals geltenden Fassung nicht die zuständige Behörde war, von der in Art. 16 LMG die Rede ist. Abs. 3 von Art. 12 der kantonalen Vollzugsverordnung in der damals geltenden Fassung, der offensichtlich auf Art. 16 LMG Bezug nahm, bestimmte, dass die Gesundheitskommission Strafanzeige erstattet, wenn keine Oberexpertise verlangt oder die Beanstandung durch die Oberexpertise bestätigt wird und eine strafbare Handlung in Frage steht. Demgegenüber ist in Art. 3 und 4 der kantonalen Vollzugsverordnung in der damals geltenden Fassung betreffend die Aufgaben der Untersuchungsanstalt und die Befugnisse des Kantonschemikers von der Erstattung von Strafanzeigen nicht die Rede.
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b) Die Tatsache, dass somit vorliegend die Strafanzeige wegen Widerhandlungen gemäss Art. 38 LMG nicht von der im Sinne von Art. 16 LMG zuständigen Behörde erstattet wurde, hat indessen nach der zutreffenden Auffassung des Kantonsgerichts nicht die Bedeutung, die ihr der Beschwerdeführer beilegt.
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Art. 16 LMG ist im Abschnitt I. A des Gesetzes betreffend "kantonale Aufsicht" enthalten. Er regelt das Vorgehen in Fällen, in denen bei Gelegenheit von Untersuchungen, die im Rahmen der allgemeinen Aufsicht über den Verkehr mit Lebensmitteln vorgenommen werden, Anlass zu Beanstandungen besteht. Aus Art. 16 LMG kann nicht abgeleitet werden, dass ein Strafverfahren wegen Widerhandlung im Sinne von Art. 38 LMG nur dann eröffnet werden dürfe, wenn die im Sinne von Art. 16 LMG zuständige Behörde, welche vom kantonalen Recht bezeichnet wird, die ihr gemäss Art. 14 Abs. 2 LMG unter Beilage des Untersuchungsberichts unverzüglich erstattete "schriftliche Anzeige", dass Anlass zu Beanstandungen besteht, an den Richter weiterleitet. Eine derart erhebliche Einschränkung der Möglichkeiten der Strafverfolgung betreffend Widerhandlungen im Sinne von Art. 38 LMG müsste im Gesetz klar zum Ausdruck gebracht werden (vgl. etwa die Regelung in Art. 302 StGB). Es sind auch keine sachlichen Gründe erkennbar, die dafür sprechen, dass eine Strafverfolgung wegen Widerhandlungen im Sinne von Art. 38 LMG nur auf Anzeige der zuständigen Behörde im Sinne von Art. 16 LMG möglich sein soll. Die in Art. 2 ff. LMG geregelte Aufsicht ist zwangsläufig nicht eine umfassende; es liegt aber im Interesse einer wirksamen Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten, dass jedermann Anzeige wegen Inverkehrbringens gesundheitsschädlicher Lebensmittel etc. im Sinne von Art. 38 LMG einreichen kann. Dafür spricht zudem auch, dass Art. 38 LMG die öffentliche Gesundheit und auch die Gesundheit jedes einzelnen schützen will. Nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz begründet Art. 16 LMG eine Anzeigepflicht der zuständigen Behörde für den Fall, dass nach Ansicht dieser Behörde ein Straftatbestand nach dem Lebensmittelgesetz erfüllt ist, keinesfalls aber ein exklusives Anzeigerecht dieser Behörde.
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c) Es ist sodann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers für die Frage der Rechtmässigkeit des Strafverfahrens und des dieses abschliessenden Urteils auch unerheblich, dass vor der Weiterleitung der Anzeige an den Richter dem Beschwerdeführer keine Kenntnis von der Anzeige gegeben (Art. 16 Abs. 1 LMG) und ihm somit auch nicht die Möglichkeit eingeräumt wurde, innert fünf Tagen nach Empfang der Mitteilung Einsprache zu erheben und eine Oberexpertise zu verlangen (Art. 16 Abs. 2 LMG). Die Unterlassung dieser in Art. 16 LMG beschriebenen Vorkehrungen begründet entgegen einer in ZBJV 61/1925 S. 81 vom bernischen Obergericht vertretenen Auffassung, auf die in der Literatur verwiesen wird (siehe KARL DÜRR, Kommentar zum eidgenössischen Lebensmittelgesetz nebst Verordnungen, Bern 1953, S. 13; WALTER THALMANN, Kompetenzen und Verfahren der Behörden des eidgenössischen Lebensmittelpolizeigesetzes, Diss. Bern 1929, S. 111/112), nicht einen Formfehler, der zur Kassation des Verfahrens führt. Die Durchführung des in Art. 16 LMG beschriebenen Verfahrens, welches seinerseits erst nach Durchführung des in Art. 11 ff. LMG geregelten Verfahrens möglich ist, ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Strafverfahrens wegen Inverkehrbringens gesundheitsschädlicher Lebensmittel im Sinne von Art. 38 LMG (offengelassen in einem Gutachten der Bundesanwaltschaft vom 6./10. Januar 1928, VEB 1928 Nr. 23). So wie die Strafverfolgung wegen Lebensmittelfälschung und Inverkehrbringens gefälschter Lebensmittel, die bis zum Inkrafttreten des Strafgesetzbuches (vgl. Art. 398 Abs. 2 lit. f StGB) in Art. 36 und 37 LMG geregelt waren und nun unter Art. 153 f. StGB fallen, ohne vorgängige Durchführung eines Verfahrens nach Art. 11 ff. LMG zulässig ist (vgl. dazu BGE 72 IV 14), muss auch die Strafverfolgung wegen Inverkehrbringens gesundheitsschädlicher Lebensmittel, das übrigens in echter Konkurrenz zu den Delikten gemäss Art. 153 f. StGB stehen kann (BGE 81 IV 161), ohne vorgängige Durchführung des in Art. 11 ff. LMG geregelten Verfahrens möglich sein. Wollte man anders entscheiden, dann hätte dies unter anderem beispielsweise zur Folge, dass in Fällen, in denen das fragliche Lebensmittel schon vollständig verzehrt worden ist und somit davon keine Probe mehr genommen werden (vgl. Art. 11 Abs. 2 LMG) und demzufolge das Verfahren nach Art. 11 ff. LMG gar nicht mehr durchgeführt werden kann, eine Strafverfolgung wegen Inverkehrbringens gesundheitsschädlicher Lebensmittel im Sinne von Art. 38 LMG gar nicht mehr möglich wäre. Die Strafverfolgung ist bei Vorliegen eines hinreichenden Anfangsverdachts zu eröffnen. Dieser kann durch beliebige Beweismittel, nicht nur durch das Ergebnis einer im Verfahren gemäss Art. 11 ff. LMG durchgeführten Untersuchung, begründet sein. Die modernen Strafprozessordnungen unserer Zeit bieten Gewähr dafür, dass der Angeschuldigte im Strafverfahren seine Rechte wahren und etwa den Beweisantrag auf Einholung einer Expertise oder gar einer Oberexpertise - von der in Art. 16 Abs. 2 LMG die Rede ist - verlangen kann. Ob und inwieweit die Einhaltung des in Art. 16 LMG geregelten Verfahrens eine Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit von administrativen Verfügungen, etwa Verkaufsverboten, ist (vgl. dazu z.B. VEB 1930 Nr. 37), braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Die Einhaltung des Verfahrens gemäss Art. 16 LMG ist nach dem Gesagten entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers jedenfalls keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Strafverfahrens bzw. für die Rechtmässigkeit einer Verurteilung wegen Widerhandlung im Sinne von Art. 38 LMG.
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d) Der Entwurf des Bundesrates zu einem Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (BBl 1989 I S. 893 ff., 992) bestimmt in Art. 30 ("Anzeige und Verwarnung"): Die zuständige Vollzugsbehörde zeigt Widerhandlungen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften der Strafverfolgungsbehörde an (Abs. 1). In besonders leichten Fällen kann die Vollzugsbehörde auf eine Strafanzeige verzichten und den Verantwortlichen verwarnen. In diesem Fall entfällt jede weitere Strafe (Abs. 2). Es wäre wünschenswert, wenn im Gesetz klargestellt würde, welche Bedeutung dieser "Anzeige" der zuständigen Vollzugsbehörde bzw. einem allfälligen Verzicht der zuständigen Behörde auf Erstattung einer Anzeige für die Zulässigkeit der Durchführung eines Strafverfahrens bzw. einer Verurteilung wegen Vergehen (Art. 47 des Entwurfs) und Übertretungen (Art. 48 des Entwurfs) im allgemeinen und bei Vorliegen eines besonders leichten Falles im besonderen - vgl. auch Art. 48 Abs. 3 des Entwurfs, der in Art. 47 des Entwurfs keine Entsprechung findet - zukommen soll.
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3. Der Beschwerdeführer macht schliesslich wie bereits im kantonalen Verfahren geltend, der objektive Tatbestand von Art. 38 LMG sei nicht erfüllt, da die von ihm in Verkehr gebrachten Feigen nicht im Sinne dieser Bestimmung gesundheitsschädlich gewesen seien. Zur Begründung führt er aus, die Frage der Gesundheitsschädlichkeit sei immer und ausschliesslich nach den Anforderungen zu beurteilen, welche das Gesetz im Zeitpunkt des Inverkehrbringens einer Ware stellte, und nicht nach (möglicherweise noch so begründeten) Meinungen und Thesen von Wissenschaftlern und Ämtern. Ein Produkt, bei dem die vorhandenen Mikroorganismen oder Toxine den in den einschlägigen Verordnungen festgelegten Grenzwert nicht erreichen, sei nicht im Sinne von Art. 38 LMG gesundheitsschädlich. Der zur Zeit der inkriminierten Taten geltende Anhang zur damals geltenden Verordnung des EDI vom 14. September 1981 über die hygienisch-mikrobiologischen Anforderungen an Lebensmittel, Gebrauchs- und Verbrauchsgegenstände in der Fassung vom 19. Januar 1983 (AS 1981 1742, AS 1983 197) habe nur bei einzelnen, genau bezeichneten Produkten für den Aflatoxin-Gehalt einen Grenzwert festgelegt; Feigen seien darin nicht aufgeführt; erst durch die neue Verordnung des EDI vom 1. Juli 1987, in Kraft seit 1. August 1987 (SR 817.024), die zur Zeit der inkriminierten Taten noch nicht gegolten habe, seien in deren Anhang für sämtliche Lebensmittel, also auch für Feigen, Grenzwerte hinsichtlich des Aflatoxin-Gehalts festgelegt worden.
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a) Gemäss Art. 38 Abs. 2 LMG ist strafbar, wer gesundheitsschädliche oder lebensgefährliche Lebensmittel etc. feilhält oder sonst in Verkehr bringt. Nach Art. 8a Abs. 1 1. Satz der Lebensmittelverordnung dürfen Lebensmittel etc. Mikroorganismen und mikrobielle Stoffwechselprodukte nur in Mengen enthalten, welche die menschliche Gesundheit nicht gefährden können. Das EDI kann in einer Verordnung hygienisch-mikrobiologische Anforderungen an Lebensmittel etc. festlegen (Art. 8a Abs. 2 LMV). Enthält eine Probe eines Lebensmittels etc. krankheitserregende Mikroorganismen in Mengen, welche die menschliche Gesundheit gefährden, so ist das Warenlos vorsorglich zu beschlagnahmen (Art. 8a Abs. 3 LMV). Die zur Zeit der inkriminierten Taten geltende Verordnung des EDI bestimmte in Art. 1 Abs. 2, dass der Grenzwert die Menge von Mikroorganismen oder Toxinen bezeichnet, bei deren Überschreiten ein Produkt gesundheitsgefährdend, verdorben oder unbrauchbar ist (ähnlich Art. 2 Abs. 1 der heute geltenden Verordnung).
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Es ist unbestritten, dass die zur Zeit der inkriminierten Taten geltende Verordnung des EDI vom 14. September 1981 in der Fassung vom 19. Januar 1983 in ihrem Anhang nur für einzelne, genau bezeichnete Lebensmittel - z.B. Nüsse, Ölsamen, Mais, Cerealien - Aflatoxin-Grenzwerte festlegte, wobei Feigen nicht erwähnt waren; erst im Anhang zur noch heute geltenden Verordnung des EDI vom 1. Juli 1987, in Kraft seit 1. August 1987, wird bestimmt, dass die dort genannten Grenzwerte für alle Lebensmittel gelten. Daraus kann der Beschwerdeführer indessen nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz nichts zu seinen Gunsten ableiten.
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b) Aflatoxine sind durch Schimmelpilze gebildete, stark krebserregende Stoffe. Aflatoxine sind damit jedenfalls in Mengen, die gewisse Grenzwerte überschreiten, gesundheitsschädlich im Sinne von Art. 38 LMG, in welchem Lebensmittel sie auch enthalten sein mögen. Die Feigen waren im Anhang der zur Zeit der inkriminierten Taten geltenden Verordnung des EDI nicht deshalb nicht aufgeführt worden, weil nach dem damaligen Stand der Erkenntnisse Aflatoxine in Feigen als ungefährlich galten, sondern sie waren nach einer plausiblen Bemerkung im angefochtenen Urteil, die in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht angefochten wird, offensichtlich allein deshalb nicht genannt worden, weil damals, zur Zeit des Erlasses jener Verordnung, noch nicht bekannt war, dass die krebserzeugenden Aflatoxine auch in Feigen enthalten sein können. Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, wie es sich in bezug auf den objektiven Tatbestand von Art. 38 Abs. 2 verhielte, wenn die Nichterwähnung der Feigen im Anhang der zur Zeit der inkriminierten Taten geltenden Verordnung des EDI vom 14. September 1981 in der Fassung vom 19. Januar 1983 auf der wissenschaftlichen Annahme beruht hätte, dass Aflatoxine in Feigen nicht gesundheitsschädlich seien. Es sei immerhin aber darauf hingewiesen, dass sich die Gesundheitsschädlichkeit eines Lebensmittels im Sinne von Art. 38 LMG bzw. eines darin enthaltenen Stoffes grundsätzlich nicht nach Vorschriften in Gesetzen und Verordnungen, sondern allein nach den Gesetzen der Natur bestimmt, und dass in den Vorschriften (bestenfalls) nur die von den sie erlassenden Behörden anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Vorschriften zum Ausdruck kommen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die in den gesetzlichen Vorschriften zum Ausdruck kommen, und damit diese Vorschriften selber können aber für die Beantwortung der Frage nach der Gesundheitsschädlichkeit im Sinne von Art. 38 LMG nicht massgebend sein, wenn sie im Zeitpunkt der Ausfällung des Urteils oder gar schon zur Zeit der inkriminierten Taten anerkanntermassen falsch sind.
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c) Der Umstand, dass im Anhang der zur Zeit der inkriminierten Taten geltenden Verordnung des EDI Feigen nicht erwähnt und somit für Feigen keine Aflatoxin-Grenzwerte genannt worden waren, berührt vorliegend somit nicht die Frage der Gesundheitsschädlichkeit und damit den objektiven Tatbestand von Art. 38 LMG, sondern einzig den subjektiven Tatbestand, d.h. die Frage nach der Schuld. Der Beschwerdeführer durfte an sich fürs erste davon ausgehen, dass bei Feigen ein Aflatoxin-Problem nicht bestehe, da Feigen im Anhang der zur Zeit der inkriminierten Taten geltenden Verordnung des EDI nicht aufgeführt waren. Von dem Augenblick aber, als die Behörden, unter anderen das Bundesamt für Gesundheitswesen, die Importeure von türkischen Feigen, unter ihnen auch den Beschwerdeführer, in verschiedenen Schreiben darüber orientierten, dass in türkischen Feigen krebserzeugende Aflatoxine in Mengen festgestellt worden seien, welche die für bestimmte Lebensmittel festgelegten Grenzwerte um ein Vielfaches übersteigen, und die Importeure daher von den Behörden dringend gebeten wurden, dieser Angelegenheit grösste Aufmerksamkeit zu schenken, durfte der Beschwerdeführer nicht mehr davon ausgehen, dass sich bei Feigen kein Aflatoxin-Problem stelle. Es kann in bezug auf die von der Vorinstanz angenommene Fahrlässigkeit auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden, da der Beschwerdeführer in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht geltend macht, dass neben dem objektiven Tatbestand auch der subjektive Tatbestand (in Form von Fahrlässigkeit) nicht erfüllt sei.
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