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Informationen zum Dokument  BGE 117 IV 165  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. a) Die Beschwerdeführer wenden sich dagegen, dass die Vor ...
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33. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Mai 1991 i.S. X. und Y. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 251 StGB; Falschbeurkundung.  
 
Sachverhalt
 
BGE 117 IV, 165 (165)Im Zusammenhang mit dem Neubau des Bahnhofs und des Postbüros in Luzern wurden Malerarbeiten in der Energiezentrale einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) übertragen. Deren federführendes Mitglied war die X. AG, die unter anderem auch mit der Administration betraut worden war. X. zeichnete für diese Firma verantwortlich. Als Leiter der Administration und der Abteilung Malerei wurde Y. arbeitsvertraglich verpflichtet.
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BGE 117 IV, 165 (166)Vom 9. April bis 31. Mai 1985 erstellte Y. Tagesrapporte (Regierapporte), deren Inhalt nicht den Tatsachen entsprach. Sie wiesen über 950 Arbeitsstunden mehr aus, als tatsächlich geleistet worden waren. Nachdem im August 1985 die Richtigkeit der in Rechnung gestellten Arbeiten seitens der Bauherrschaft und der Bauleitung angezweifelt worden war, änderte Y. die Wochenrapporte (Arbeits- und Stundenrapporte) vom 15. April bis 24. Mai 1985, indem er insgesamt über 950 Arbeitsstunden nachträglich hinzufügte.
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Das Obergericht des Kantons Luzern bestrafte X. und Y. am 15. November 1990 wegen fortgesetzten Betruges und fortgesetzter Falschbeurkundung mit acht bzw. zehn Monaten Gefängnis. Das Bundesgericht heisst von beiden Verurteilten eingereichte eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerden insoweit gut, als sie die Verurteilung wegen Falschbeurkundung betreffen.
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Aus den Erwägungen:
 
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Zu ihrem Schuldspruch gelangte die Vorinstanz unter Hinweis auf die SIA-Norm 118 nur in bezug auf die Regierapporte (Tagesrapporte), nicht aber in bezug auf die Arbeits- und Stundenrapporte. Zu prüfen ist somit, ob die Regierapporte Urkunden im Sinne des Gesetzes darstellen oder nicht.
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b) Die Tatbestände des Urkundenstrafrechts schützen das Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer Urkunde als einem Beweismittel entgegengebracht wird. Mittel zum Beweis kann nur sein, was generell geeignet ist, Beweis zu erbringen. Nach der gesetzlichen Definition sind Urkunden deshalb unter anderem Schriften, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen (Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB; BGE 101 IV 279).
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Die Vorinstanz sprach die Beschwerdeführer der Falschbeurkundung gemäss Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig. Im Gegensatz zur Urkundenfälschung durch Herstellen einer unechten BGE 117 IV, 165 (167)Urkunde, wo die Täuschung durch das Verfälschen des Inhalts einer Urkunde oder das Vorspiegeln eines anderen Ausstellers bewirkt wird, geht es bei der Falschbeurkundung allein darum, dass die in der Urkunde enthaltene Erklärung nicht mit der Wahrheit übereinstimmt.
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Die allgemeine Strafbarkeit der Falschbeurkundung in privaten Urkunden stellt eine Besonderheit des schweizerischen Rechts dar, die auf eine Ergänzung von Art. 251 Ziff. 1 StGB in den parlamentarischen Beratungen zurückgeht. In der Lehre wird zu Recht eine restriktive Anwendung von Art. 251 StGB in der Form der Falschbeurkundung gefordert. STRATENWERTH (Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, § 38 N 45 mit Hinweis auf LOTTNER, Der Begriff der Urkunde und die Abgrenzung zwischen Falschbeurkundung und strafloser schriftlicher Lüge, Diss. Basel 1969 (ungedruckt), S. 70 ff.) erachtet es als unerlässlich, dass die im Verhältnis zur "schriftlichen Lüge" erhöhte Überzeugungskraft der unwahren Urkunde einzig und allein dann angenommen wird, wenn allgemeingültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gewährleisten, wie sie unter anderem in der Prüfungspflicht einer Urkundsperson und in gesetzlichen Vorschriften gefunden werden können, die - wie z.B. die Bilanzvorschriften der Art. 958 ff. OR - gerade den Inhalt bestimmter Schriftstücke näher festlegen. Blosse Erfahrungsregeln hinsichtlich der Glaubwürdigkeit irgendwelcher schriftlicher Äusserungen (z.B. solcher, die dem Erklärenden ungünstig sind) genügen dagegen nicht, mögen sie auch zur Folge haben, dass sich der Geschäftsverkehr in gewissem Umfang auf die entsprechenden Angaben verlässt.
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Auch das Bundesgericht geht in seiner neueren Rechtsprechung davon aus, im Gegensatz zur Urkundenfälschung durch Herstellen einer unechten Urkunde, wo die Täuschung durch das Verfälschen des Inhalts der Urkunde oder das Vorspiegeln eines anderen Ausstellers bewirkt werde, gehe es bei der Falschbeurkundung allein darum, dass die in der Urkunde enthaltene Erklärung nicht mit der Wahrheit übereinstimme. Das Vertrauen darin, dass eine Urkunde nicht verfälscht werde, sei und dürfe grösser sein, als das Vertrauen darauf, dass jemand in schriftlicher Form nicht lüge. Deshalb seien an die Beweisbestimmung und Beweiseignung einer Urkunde bei der Falschbeurkundung hohe Anforderungen zu stellen. Art. 251 StGB sei deshalb restriktiv anzuwenden, soweit es um die Falschbeurkundung gehe (BGE 117 IV 35 mit Hinweisen).
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BGE 117 IV, 165 (168)Gestützt auf diese Überlegungen wurde im soeben erwähnten Fall M. in teilweiser Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung angenommen, einer von einem Garagisten für nicht ausgeführte Arbeiten hergestellten Rechnung komme kein Urkundencharakter zu. In einem weiteren Fall verneinte das Bundesgericht den Urkundencharakter einer zu Handen einer Anlegerin ausgestellten, fingierten Bestätigung, wonach der Aussteller einen von der Anlegerin einem Dritten übergebenen Geldbetrag auf treuhänderischer Basis verwalte und einen bestimmten Jahreszins entrichten werde (unveröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 17. April 1991 i.S. W.).
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c) Die Vorinstanz sprach die Beschwerdeführer in bezug auf die inhaltlich unwahren Regierapporte (Tagesrapporte) der Falschbeurkundung schuldig. Sie verwies dabei auf die SIA-Norm 118 ("Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten", Ausgabe 1977). Diese ist ein privates Regelwerk, das vom Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein herausgegeben wird (vgl. PETER GAUCH, Kommentar zur SIA-Norm 118, Art. 157-190, Zürich 1991, S. 21 ff.). Gemäss Art. 47 der SIA-Norm erstellt der Unternehmer täglich einen von ihm unterzeichneten Rapport, worin Arbeiterzahl, Maschinenstunden, Arbeitsstunden, Materialverbrauch usw. sowie Angaben über die geleistete Arbeit aufgeführt werden; die Bauleitung prüft jeden Rapport unverzüglich und gibt dem Unternehmer die für ihn bestimmte Anzahl Exemplare innert sieben Tagen unterzeichnet zurück; Differenzen über den Inhalt des Rapportes werden von der Bauleitung auf allen Exemplaren unter Angabe ihres Gegenstandes vermerkt und sind innert Monatsfrist zu bereinigen. Die Vorinstanz stellte zu Recht fest, dass den Regierapporten innerhalb der SIA-Norm 118 für die Abrechnung eine wesentliche Bedeutung zukommt.
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Der SIA-Norm als ein privates Regelwerk kommt keine allgemeine Verbindlichkeit im Sinne eines Gesetzes oder einer Verordnung zu (vgl. PETER GAUCH a.a.O., S. 24 Ziff. 2). Dies ändert jedoch nichts daran, dass sie jedenfalls in den Bereichen, in denen sie inhaltlich nicht zu beanstanden ist (vgl. dazu BGE 109 II 452 ff.; SCHUBARTH, ZSR 1987 I 473f.; ENGEL, ZSR 1991 I 48; KRAMER, Berner Kommentar, Art. 19 OR N 270 ff.; ebenso bereits Art. 1 N 173 ff.) für diejenigen, die sich ihr unterwerfen, von ähnlich hoher Bedeutung wie ein Gesetz ist. Da insbesondere den Regierapporten für die Abrechnung zwischen den Vertragsparteien eine grosse Bedeutung zukommt, könnte es sich BGE 117 IV, 165 (169)rechtfertigen, die genannten Rapporte (wie Dokumente, die in die Buchhaltung eingehen) als Urkunden im Sinne des StGB zu behandeln.
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Dagegen spricht jedoch, dass in Art. 47 der SIA-Norm die Rapportpflicht des Unternehmers nicht für sich alleine steht. Ihr gegenüber besteht für den Bauherrn bzw. die Bauleitung (vgl. PETER GAUCH, a.a.O. S. 23 lit. d) die Verpflichtung, jeden Rapport unverzüglich zu prüfen und dem Unternehmer innert sieben Tagen unterzeichnet zurückzugeben. Ein Dokument, das gemäss ausdrücklicher Vorschrift oder Verabredung vom Empfänger geprüft und nach der Prüfung dem Aussteller unterschrieben zurückgegeben werden muss, stellt aber offensichtlich kein qualifiziertes Beweismittel dar. Es ist weder bestimmt noch geeignet, den Inhalt zu beweisen, muss es in dieser Hinsicht doch gerade vom Empfänger überprüft werden. Ist es inhaltlich unwahr, stellt es eine blosse schriftliche Lüge, nicht aber eine Urkunde dar (TRECHSEL, Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, Zürich 1989, N 8 vor Art. 251). Zu Unrecht nimmt also die Vorinstanz an, selbst ohne Kontrolle und Gegenzeichnung der Regierapporte durch die Bauleitung seien diese geeignet, die erbrachten Leistungen zu beweisen.
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Allerdings wurden die Regierapporte von der Bauleitung unterschrieben. Die Vorinstanz verweist denn auch darauf, dass die von beiden Parteien unterzeichneten Regierapporte dem Nachweis dienen können, welchen Umfang der Aufwand des Unternehmers gehabt hat. In diesem Punkt geht der angefochtene Entscheid aber an der Sache vorbei. Dadurch, dass eine Drittperson nachträglich auf einem Dokument, das eine blosse schriftliche Lüge darstellt, ihre Unterschrift anbringt und dadurch sinngemäss behauptet, sie habe den Inhalt geprüft und für richtig befunden, ändert sich für den Aussteller insoweit nichts, als er nach wie vor nur schriftlich gelogen hat. Für die Frage des Urkundencharakters ist im übrigen auch unerheblich, wie schwierig für den Empfänger eine Kontrolle der Angaben auf dem Dokument ist und ob zwischen Empfänger und Aussteller ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht; diese Fragen sind allenfalls für die Prüfung einer Verurteilung wegen Betrugs von Belang, sagen aber über die Urkundenqualität des Dokumentes nichts aus.
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Schliesslich verweist die Vorinstanz auf BGE 103 IV 184, der analog heranzuziehen sei. In diesem Entscheid wurde festgestellt, einem Krankenschein komme strafrechtlich Urkundencharakter zu. Mit einem Krankenschein macht der Arzt gegenüber der BGE 117 IV, 165 (170)Krankenkasse Leistungen für sich oder den Patienten geltend. Im Unterschied zum Regierapport ist beim Krankenschein davon auszugehen, dass der Arzt aufgrund seiner besonderen Stellung zur wahrheitsgetreuen Angabe verpflichtet und er deshalb auch besonders glaubwürdig ist und eine Überprüfung durch die Gegenpartei, die in Art. 47 Abs. 2 der SIA-Norm 118 für den Regierapport ausdrücklich verlangt wird, nicht vorgesehen ist. Krankenschein und Regierapport sind folglich nicht vergleichbar.
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Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz mit ihrer Verurteilung wegen Falschbeurkundung Bundesrecht verletzt.
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