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56. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. August 1991 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen gegen B. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG; Begriff des Anstaltentreffens. | |
Sachverhalt | |
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B.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichtes aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung - Schuldigsprechung auch wegen Anstaltentreffens zum unbefugten Ankauf und zur unbefugten Einfuhr von Betäubungsmitteln im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG - an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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Das Gesetz stellt damit Vorbereitungshandlungen qualifizierter Art unter Strafe, die gegeben sind, bevor die Tat die Stufe des Versuchs erreicht hat (BGE 106 IV 74 E. 3; BGE 112 IV 109 E. 3b). Anstalten im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG können folglich nur angenommen werden, solange der Täter mit der Ausführung der strafbaren Handlung nach Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 bis 5 BetmG noch nicht begonnen (vgl. Art. 21 Abs. 1 StGB) und damit jene Tätigkeit noch nicht ausgeführt hat, die nach seinem Plan auf dem Weg zum Erfolg den letzten entscheidenden Schritt darstellt, von dem es in der Regel kein Zurück mehr gibt (BGE 71 IV 211).
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Das Anstaltentreffen gemäss Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG ist abzugrenzen auch vom noch straflosen Verhalten. Ausser Frage steht, dass der blosse Entschluss, eine Tat nach Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 bis 5 BetmG zu begehen, nicht strafbar ist; denn Sache des Strafrechts ist allein die Reaktion auf den geschehenen Rechtsbruch (STRATENWERTH, Allg. Teil I, § 12 N 3; SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, 1. Band, 4. Aufl., S. 270). Dementsprechend erfüllen blosse Absichten und Pläne den ![]() | 5 |
b) Das Bundesgericht hat ein Anstaltentreffen gemäss Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG bejaht:
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- bei einer Täterin, die sich mit der Absicht des späteren Drogenverkaufs nach London begab, dort 1000 LSD-Tabletten erwarb und die Ware anschliessend in die Schweiz schmuggelte, wo sie sie plangemäss portionenweise verkaufen wollte (BGE 104 IV 40 ff.);
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- bei einem Täter, der eine ganze Reihe von Vorkehren traf, um das von ihm geplante Heroingeschäft durchzuführen; er fuhr von der Schweiz nach Deutschland, um die Adresse von Lieferanten ausfindig zu machen; er reiste nach Italien, um mit Abnehmern zu verhandeln; er investierte erheblich viel Zeit und Geld in wiederholten Reisen nach Deutschland, Griechenland, Italien und der Türkei für Unterhandlungen über die Liefer- und Abnahmebedingungen; er nahm bedeutende Geldmittel entgegen und offerierte den türkischen Partnern entsprechende Anzahlungen; schliesslich besichtigte er die in Plastiksäcken verpackte Ware (BGE 106 IV 74 f.);
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- bei einem Täter, der, um seine Schulden abzutragen, mit dem Gläubiger vereinbarte, Haschischhandel zu treiben, die dazu nötigen erheblichen Geldbeträge bereitstellen liess und eine weite Reise an einen ihm vertrauten Platz für Schwarzhandel mit Drogen unternahm (BGE 106 IV 431 ff.);
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- bei einem Täter, der zum Zweck der Abwicklung eines Rauschgiftgeschäfts ein Darlehen aufnahm (BGE 112 IV 47 f.);
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- bei einem Täter, der eine Handlung beging, die unmittelbar dazu bestimmt war, reine Betäubungsmittel zu "strecken" oder schon verschnittene Betäubungsmittel weiter zu verdünnen, um sie so in den Handel zu bringen (BGE 112 IV 106 ff.);
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c) Die Vorbereitung einer Straftat ist im schweizerischen Recht grundsätzlich straflos. In verschiedenen Fällen erfasst das Gesetz jedoch Verhaltensweisen, die der Sache nach Vorbereitungshandlungen sind, in einem besonderen Tatbestand. So stellt es etwa unter Strafe das Sichverschaffen von Geräten zum Fälschen von Geld, um sie unrechtmässig zu gebrauchen (Art. 247 StGB), das Herstellen von Sprengstoffen, die zum verbrecherischen Gebrauch bestimmt sind (Art. 226 StGB), oder die Einfuhr usw. von technischen Geräten, die der Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs dienen (Art. 179sexies StGB). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber bei einer Reihe von Straftaten die Grenze der Strafbarkeit allgemein vor die Schwelle des Versuchs vorverlegt, ohne das strafbare Verhalten dabei zu typisieren, so insbesondere mit dem Erlass des Art. 260bis StGB, der bei bestimmten Verbrechen die Strafbarkeit auf Vorbereitungshandlungen ausdehnt. Hierher gehört auch Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG, der vor dem Versuch liegende Tätigkeiten strafrechtlich erfasst, die auf die Begehung einer der in Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 bis 5 BetmG erwähnten Widerhandlungen ausgerichtet sind.
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d) Die Handhabung von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG bereitet Schwierigkeiten, weil der darin verwendete Begriff der Anstalten weit ist und eine Vielzahl von im einzelnen nicht näher umschriebenen Vorbereitungshandlungen umfasst. Bei einer wörtlichen Auslegung des Begriffs des Anstaltentreffens würden darunter Verhaltensweisen fallen, die mit der gesellschaftlichen Ordnung völlig in Einklang stehen und nicht darauf schliessen lassen, dass der Täter auf die Begehung einer strafbaren Handlung gemäss Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 bis 5 BetmG hinarbeitet. So könnte bereits als Vorbereitungshandlung betrachtet werden, dass jemand in der Absicht, sich zu einem Drogenumschlagsplatz zu begeben und dort Betäubungsmittel zu erwerben, eine Tramfahrkarte löst oder mit ![]() | 14 |
e) Die Verurteilung gemäss Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter Anstalten zu einer der in Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1-5 BetmG genannten Straftaten vorsätzlich getroffen hat. Der Entschluss zur Begehung einer Tat nach Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1-5 BetmG braucht allerdings entgegen der Ansicht der Vorinstanz kein endgültiger zu sein. Auch wer sich vorbehält, beim Auftreten entsprechender Hindernisse von seinem deliktischen Vorhaben Abstand zu nehmen, kann gemäss Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG Anstalten treffen.
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f) Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid (Art. 277bis Abs. 1 BStP) begab sich der Beschwerdegegner auf Anraten des C. in die Türkei, traf sich dort mit dessen Vater und erkundete die Möglichkeit, eine grössere Menge Heroin zu kaufen. Vater C. sah sich nach einer Bezugsmöglichkeit um und nannte ihm konkret einen Preis.
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Das Verhalten des Beschwerdegegners erfüllt den Tatbestand des Anstaltentreffens gemäss Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG. Er suchte gezielt Verbindung zum Drogenmilieu, um sich eine Bezugsquelle für Betäubungsmittel zu erschliessen, und er nahm ein bestimmtes Verkaufsangebot entgegen. Damit führte er Handlungen aus, die nicht ebensogut einem gesetzmässigen Zweck dienen konnten, sondern die Absicht des Kaufs und der Einfuhr von Drogen klar erkennen liessen. Zwar ist einzuräumen, dass er sich um die Finanzierung des Drogenkaufs und um den Transport ![]() | 17 |
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