BGE 117 IV 445 | |||
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77. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Dezember 1991 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen C. und W. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 144 StGB; Hehlerei. |
Art. 181 StGB; Nötigung. |
Keine Androhung ernstlicher Nachteile bildet der Hinweis darauf, es seien für die Wiedererlangung gestohlener Bilder Aufwendungen zu treffen oder darauf zu verzichten mit dem Risiko des endgültigen Verlustes der Bilder (E. 2b). | |
Sachverhalt | |
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei wegen unrichtiger Anwendung von Art. 144 StGB und Art. 181 StGB aufzuheben und die Sache zur Verurteilung von C. und W. wegen Hehlerei und Nötigung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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b) Nach Art. 144 StGB macht sich wegen Hehlerei unter anderem strafbar, wer eine gestohlene Sache erwirbt oder absetzen hilft. Der Grund der Strafbarkeit des Hehlers liegt darin, dass er einen durch das Vordelikt, hier den Diebstahl, geschaffenen rechtswidrigen Zustand fortsetzt und festigt und damit die Wiederherstellung des durch das Vordelikt gestörten rechtmässigen Zustandes erschwert, insbesondere die Wiedererlangung der Sache hindert oder erschwert (GERMANN, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Zürich 1974, S. 250; BGE 114 IV 110). Wie die Vorinstanz verbindlich feststellt, hat der Beschwerdegegner W. den durch den Diebstahl der Bilder geschaffenen rechtswidrigen Zustand nicht fortgesetzt und gefestigt und hat er die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes nicht erschwert, sondern sich um das Gegenteil, nämlich die Wiedererlangung der Bilder bemüht. Damit liegt es auf der Hand, dass er den Straftatbestand der Hehlerei nicht erfüllt hat. Sicher ist es bedauerlich, wenn der Eigentümer die ihm gestohlene Sache nicht unentgeltlich zurückerhält und wenn umgekehrt der Dieb durch eine Transaktion wie die vorliegende für seinen Diebstahl honoriert wird. Doch ist es letztlich Sache des Berechtigten, ob er sich zur Abwendung der Gefahr des völligen Verlustes der gestohlenen Bilder auf einen solchen Handel einlässt. Dadurch, dass der Beschwerdeführer im Rahmen einer solchen Transaktion mithalf, dass die gestohlenen Bilder an den Berechtigten zurückgelangten, machte er sich nicht der Hehlerei strafbar, zumal die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich feststellte, der Beschwerdegegner C. habe ihn in bezug auf den Zeitpunkt der Bilderübernahme angelogen, weshalb er nicht wusste, dass der Beschwerdegegner C. eine blosse Vermittlungsmöglichkeit vortäuschte, obwohl er bereits im Besitze der Bilder war (vgl. BGE 118 IV 441). Ebenso mag es bedauerlich sein, dass so, wie die Transaktion abgewickelt wurde, die Diebe unerkannt entkommen konnten. Doch lässt sich daraus nichts in bezug auf den Tatbestand der Hehlerei, der ein Vermögensdelikt darstellt, herleiten, sondern höchstens auf den hier nicht zur Diskussion stehenden Tatbestand der Begünstigung.
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2. a) Beiden Beschwerdegegnern wird Nötigung vorgeworfen, weil sie anlässlich der Besprechung vom 14. Januar 1988 damit gedroht hätten, dass die Bilder ins Ausland verschwänden, wenn keine Einigung zustande käme. Die Vorinstanz stellt fest, die beiden Zeugen G. und E. seien sich selbst nicht genötigt vorgekommen; sie hätten sich vielmehr frei gefühlt, jederzeit nein zu sagen. Überdies müsse man sich fragen, worin die Androhung ernstlicher Nachteile liege. Denn die Versicherung sei ja vertraglich verpflichtet gewesen, den Schaden für die gestohlenen Bilder zu bezahlen. Wäre der Beschwerdegegner C. mit seinem Angebot nicht an sie herangetreten, wäre sie gleich gestellt gewesen, wie wenn sie den in Aussicht stehenden Rückkauf der Bilder nicht vollzogen hätte.
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Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, dass kein normaler Vertragsabschluss vorlag. Es sei von Anfang an darum gegangen, den Abschluss eines Geschäftes zu erzwingen, das auf diese Weise die Beschwerdegegner nicht gesetzmässig hätten durchführen können, da die Bilder entschädigungslos den Eigentümern hätten zurückgegeben werden müssen. Die Versicherung habe diesen Vertrag nur abgeschlossen, um den ihr bereits entstandenen Schaden um Fr. 400'000.-- zu mindern und um das Verschwinden unersetzlicher Kulturgüter zu verhindern.
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b) Eine Nötigung gemäss Art. 181 StGB begeht, wer jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile nötigt, etwas zu tun. Wie die Vorinstanz zutreffend feststellt, war für die Versicherung vorliegend durch die Bezahlung der Versicherungssumme von Fr. 700'000.-- der Schaden bereits eingetreten. Ohne die Hinweise des Beschwerdegegners C. hatte sie keine realistische Möglichkeit, an das Diebesgut heranzukommen. Der Einwand der Beschwerdeführerin, der Eigentümer habe Anspruch auf entschädigungslose Rückgabe der gestohlenen Sache, schlägt deshalb ins Leere. Denn dieser Anspruch steht so lange auf dem Papier, als der Eigentümer die Sache nicht auffindet. Aufwendungen, die ihm für die Wiedererlangung der Sache entstehen, hat er jedenfalls zunächst selbst zu tragen, unter Vorbehalt des Regresses auf die Diebe. Vor die Alternative gestellt, Aufwendungen für die Wiedererlangung der Sache zu treffen oder auf diese Aufwendungen mit dem Risiko des endgültigen Verlustes der Sache zu verzichten, hat er - oder wie vorliegend die durch die Bezahlung der Versicherungssumme berechtigte Versicherungsgesellschaft - die Entscheidungsfreiheit zwischen den beiden gebotenen Alternativen. Wer nur auf derartige Alternativen hinweist, droht nicht ernstliche Nachteile im Sinne von Art. 181 StGB an. Er schildert nur realistisch die beiden unerfreulichen Alternativen, die sich dem Eigentümer stellen. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdegegner C., der sich offenbar zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitze der Bilder befand, nicht damit gedroht, dass er das weitere Schicksal der Bilder in der Hand habe. Nach dem Gesagten ist also davon auszugehen, dass die Beschwerdegegner höchstens eine realistische Analyse der Situation gegeben, also gegebenenfalls gewarnt, aber nicht gedroht haben. Die blosse Warnung genügt jedoch nicht zur Erfüllung des Tatbestandes der Nötigung (BGE 106 IV 128 E. a).
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