![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
9. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 6. Januar 1992 i.S. U. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 148 StGB; Betrug. |
Art. 110 Ziff. 5, 254 StGB; Unterdrückung von Urkunden. |
Sowohl unechte als auch echte, aber inhaltlich unwahre Urkunden sind Urkunden, wenn sie als Beleg für die Buchhaltung bestimmt und damit Bestandteile derselben sind; dies gilt auch für inhaltlich völlig fiktive Rechnungen. Konkurrenz zwischen Urkundenfälschung und Unterdrückung von unechten/unwahren Urkunden (E. 3). | |
Sachverhalt | |
1 | |
B.- Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde beantragt U., das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache an dieses zurückzuweisen, damit es ihn anstelle des gewerbsmässigen Betruges wegen ungetreuer Geschäftsführung, eventuell Veruntreuung verurteile, von der Anklage der Unterdrückung von Urkunden freispreche, ebenso vom Vorwurf der Urkundenfälschung im Zusammenhang mit den A.-Gesellschaften.
| 2 |
C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt unter Hinweis auf das angefochtene Urteil, die Beschwerde abzuweisen.
| 3 |
Aus den Erwägungen: | |
4 | |
a) Die Vorinstanz geht von folgendem - für das Bundesgericht verbindlichen - Sachverhalt aus: Der Beschwerdeführer war von 1970 bis 1989 bei der geschädigten Firma als kaufmännischer Angestellter beschäftigt, ab 1979 als Prokurist mit Kollektivzeichnungsberechtigung. Ihm oblag die Abwicklung von Finanzgeschäften der Geschädigten und Vornahme der entsprechenden Abrechnungen. Dazu war er über die Bankkonti der Geschädigten kollektivverfügungsberechtigt.
| 5 |
![]() | 6 |
7 | |
a) Wer als Kollektivzeichnungsberechtigter einem Mitzeichnungsberechtigten ein Schreiben zur Zweitunterschrift vorlegt, der erklärt zumindest konkludent, dass die in dem Schreiben enthaltenen Erklärungen in den Rahmen der zulässigen Geschäftsführung fallen, insbesondere dass eine gegebenenfalls mit dem Schreiben ![]() | 8 |
b) Arglist ist nach der Rechtsprechung unter anderem dann gegeben, wenn der Täter nach den Umständen voraussieht, dass der Getäuschte die Überprüfung aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen wird (BGE 107 IV 170 E. 2a mit Hinweisen). Sinn und Zweck der Kollektivunterschrift besteht gerade darin, dass durch die wechselseitige Kontrolle der Kollektivunterschriftsberechtigten Missbräuche verhindert werden sollen. Dieser Zweck wird vereitelt, wenn, wie vorliegend, der Mitzeichnungsberechtigte unbesehen unterzeichnet. Insoweit ist der Einwand des Beschwerdeführers zutreffend, dass vom Mitzeichnungsberechtigten eine gewisse Aufmerksamkeit und minimale Pflichtauffassung gegenüber seinem Arbeitgeber verlangt werden müsse. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass gerade in einem langjährigen Arbeitsteam die Erteilung der Zweitunterschrift häufig auf Vertrauensbasis erfolgt, weil man sich auf die Redlichkeit des Kollegen verlässt. Wer dies wie hier der Arbeitskollege des Beschwerdeführers aufgrund eines uneingeschränkten Vertrauens tut, wird arglistig getäuscht, wenn er unter Ausnützung dieses Vertrauensverhältnisses zur Erteilung einer Zweitunterschrift veranlasst wird.
| 9 |
c) Der Beschwerdeführer rief mit der arglistigen Täuschung bei seinem Bürokollegen auch einen Irrtum hervor. Denn wie die Vorinstanz verbindlich feststellt, ging dieser jeweils davon aus, es handle sich um einen normalen Geschäftsfall. Ein Irrtum setzt nicht voraus, dass sich der Getäuschte jeweils konkrete Vorstellungen über den ihm vorgelegten Vorgang macht. Es genügt, dass er im Sinne eines Mitbewusstseins von der Korrektheit des Vorganges ausgeht (vgl. MAURACH/SCHROEDER/MAIWALD, Strafrecht, Bes. Teil I, 7. Aufl., Heidelberg 1988, S. 422).
| 10 |
d) Wie die Vorinstanz zutreffend annimmt, liegt in der Erteilung der Zweitunterschrift die für den Betrug charakteristische Vermögensverfügung, da damit das Vermögen der Arbeitgeberfirma belastet wurde. Die weiteren Betrugsvoraussetzungen sind unstrittig gegeben. Damit kann offenbleiben, ob die Vorinstanz eine ungetreue Geschäftsführung zu Recht mit der Begründung verneinte, der Beschwerdeführer sei als nur Kollektivunterschriftsberechtigter nicht Geschäftsführer.
| 11 |
![]() | 12 |
b) Nach Art. 254 Abs. 1 StGB macht sich wegen Unterdrückung von Urkunden strafbar, wer eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen darf, beschädigt, vernichtet, beiseite schafft oder entwendet in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen.
| 13 |
aa) In tatsächlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer - dem die Abwicklung der Finanzgeschäfte der Geschädigten und die Vornahme der entsprechenden Abrechnungen oblag und der als Prokurist der Geschädigten die ihm zugewiesenen Geschäfte unabhängig von den anderen Prokuristen besorgte und damit auch für die Rechnungsstellung zuständig war - Urkundenfälschungen dadurch beging, dass er entweder fiktive Rechnungen der Geschädigten schrieb oder Original-Rechnungen der Geschädigten in zwei Rechnungen aufteilte.
| 14 |
Danach ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer zur Vertuschung der von ihm getätigten illegalen Bezüge Urkundenfälschungen im Sinne von Art. 251 StGB begangen hat, wobei offenbleiben kann, ob in der Form des Erstellens unechter Urkunden, gegebenenfalls des Fälschens echter Urkunden oder in der Form des Erstellens zwar echter, aber inhaltlich unwahrer Urkunden (sog. Falschbeurkundung).
| 15 |
bb) Das Argument des Beschwerdeführers, sein Verhalten sei als straflose Spurenbeseitigung zu qualifizieren, deckt sich mit der in der deutschen Doktrin vertretenen Auffassung, wonach ein Falsifikat ![]() | 16 |
cc) Die Streitfrage braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da die Urkundeneigenschaft der vom Beschwerdeführer unterdrückten Schriftstücke jedenfalls mit folgender Begründung zu bejahen ist. Sowohl unechte wie auch echte, aber inhaltlich unwahre Urkunden können Bestandteil einer anderen Urkunde sein. Sind sie - wie hier - als Beleg für die kaufmännische Buchhaltung bestimmt und damit Bestandteile derselben, dann sind sie Urkunden im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB (BGE 115 IV 228). Dies gilt auch für inhaltlich völlig fiktive Rechnungen; denn es ist nicht einzusehen, weshalb nur teilweise unwahre Rechnungen als Urkunden zu bezeichnen wären, völlig erfundene hingegen nicht.
| 17 |
Der Beschwerdeführer hat mit dem Entfernen der von ihm fiktiv erstellten Belastungsbelege einen Bestandteil der Buchhaltung beiseite geschafft; damit hat er eine Urkundenunterdrückung, wenn nicht sogar eine Verfälschung der Urkunde im Sinne von Art. 251 StGB begangen. Da er überdies über die Buchhaltung nicht allein verfügungsberechtigt war, hat er den Tatbestand der Urkundenunterdrückung erfüllt.
| 18 |
c) In der Urkundenunterdrückung liegt eine neue weitergehende Rechtsgutsverletzung, die mit der Bestrafung wegen Erstellung einer unwahren Urkunde nicht erfasst ist. Die Beeinträchtigung der Buchhaltung mit ihren Bestandteilen durch Beseitigung von Buchungsbelegen stellt eine Beeinträchtigung des an der Urkunde Berechtigten und damit ein neues Unrecht dar, das mit der Bestrafung wegen der Erstellung der Falsifikate nicht abgegolten ist. Von einer straflosen Nachtat kann daher nicht die Rede sein.
| 19 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |