BGE 120 IV 90 | |||
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16. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Februar 1994 i.S. X. AG und Z. gegen N. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 270 Abs. 1 BStP. Legitimation des Geschädigten zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde. | |
Sachverhalt | |
A.- Mit Schreiben vom 17. Oktober 1991 trat N. von einem Vertrag über eine Werbefläche in einer Tennishalle zurück, den seine Ehefrau zwei Tage zuvor mit der X. AG abgeschlossen hatte. Als die X. AG den Rücktritt nicht akzeptierte, kündigte N. ihr mit Schreiben vom 25. November 1991 für den Fall, dass sie auf ihrem Standpunkt beharre, eine Strafanzeige "wegen versuchten und absichtlichen Betruges und Nötigung zur Unterschrift" sowie die Zustellung des ganzen Falles an den "Schweizerischen Beobachter" und an die Fernsehsendung "Kassensturz" an. Er machte im genannten Schreiben geltend, der Vertreter der X. AG, Z., habe "Frau N. absichtlich und bewusst belogen und falsche Tatsachen vorgetäuscht" und sie zudem "vorsichtlich zur Unterschrift genötigt, was absolut strafbar (sei)". Kopien dieses Schreibens sandte N. an den Eigentümer sowie an den Pächter der Tennishalle.
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Am 16. Dezember 1991 reichten die X. AG und Z. gegen N. Strafanzeige wegen Nötigung und Strafantrag wegen Ehrverletzung ein. Sie beantragten, N. sei angemessen zu bestrafen und es sei ihnen eine Genugtuung von je Fr. 500.-- zuzusprechen.
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B.- Das Kantonsgericht St. Gallen sprach N. am 8. Februar 1993 in Gutheissung von dessen Berufung von der Anklage des Nötigungsversuchs und der Ehrverletzung frei.
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C.- Die X. AG und Z. führen in einer gemeinsamen Eingabe eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und N. sei der versuchten Nötigung und der Ehrverletzung schuldig zu sprechen, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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D.- Das Kassationsgericht des Kantons St. Gallen trat am 21. September 1993 auf eine von der X. AG und von Z. erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde nicht ein.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde bestimmt sich vorliegend nach dem neuen Recht, da der angefochtene Entscheid nach dem 1. Januar 1993, also unter der Herrschaft des neuen Rechts, ausgefällt worden ist (BGE 120 IV 46 E. 1).
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aa) Der Kassationshof hat erkannt, dass das Opfer im Sinne des OHG zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein den Angeschuldigten freisprechendes Urteil nur unter der Voraussetzung legitimiert ist, dass es, soweit zumutbar, im kantonalen Verfahren adhäsionsweise eine Zivilforderung geltend gemacht hat. Gegen einen (gerichtlich bestätigten) Einstellungsbeschluss kann es dagegen ungeachtet der Geltendmachung von Zivilforderungen im Strafverfahren eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde erheben. Dies gilt in gleicher Weise für den Geschädigten, der nicht Opfer im Sinne des OHG ist (BGE 120 IV 51 E. 4).
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bb) Allerdings müssen die in Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG respektive Art. 270 Abs. 1 BStP ausdrücklich genannten und die sich aus diesen Bestimmungen ergebenden Legitimationsvoraussetzungen nicht in jedem Fall erfüllt sein. So kann das Opfer die Verletzung von Rechten, die ihm das OHG einräumt (etwa die Verletzung des Rechts, einen Gerichtsentscheid zu verlangen, wenn das Verfahren eingestellt wird, Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG), ungeachtet dieser Legitimationsvoraussetzungen mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde rügen. Sodann kann der Strafantragsteller unabhängig von diesen Legitimationsvoraussetzungen einen Entscheid mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde anfechten, soweit es um Fragen des Strafantragsrechts als solches geht (BGE 120 IV 57 E. 7).
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cc) Sodann ist der Privatstrafkläger ungeachtet der in Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG respektive Art. 270 Abs. 1 BStP genannten Voraussetzungen zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert, wenn andernfalls mangels Beschwerdelegitimation der Anklagebehörden der Rechtsweg allzu stark eingeschränkt wäre und das Bundesgericht daher nicht mehr ausreichend für die einheitliche Anwendung des Bundesrechts sorgen könnte (BGE 120 IV 50 E. 3b).
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dd) Da die Auslegung von Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG und von Art. 270 Abs. 1 BStP sowie die übergangsrechtlichen Fragen in verschiedener Hinsicht einige Schwierigkeiten bereiten, tritt der Kassationshof im Sinne einer übergangsrechtlichen Lösung einstweilen auf die eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerden von Strafantragstellern und Privatstrafklägern, die nach dem alten Recht dazu legitimiert waren, ein, wenn eine Zivilforderung aus der eingeklagten strafbaren Handlung immerhin denkbar ist und der angefochtene Entscheid sich auf deren Beurteilung auswirken kann (BGE 120 IV 58 E. 9).
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b) Im Lichte der vorstehenden Erwägungen ist im vorliegenden Fall wie folgt zu entscheiden.
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aa) Die Beschwerdeführer behaupten nicht und es ist auch nicht ersichtlich, dass sie im kantonalen Verfahren wegen des angeblichen Nötigungsversuchs adhäsionsweise Zivilforderungen geltend gemacht hätten. Keiner der vorgenannten Umstände, unter denen das Opfer respektive der Geschädigte ungeachtet der in Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG respektive Art. 270 Abs. 1 BStP genannten Voraussetzungen (siehe E. 1a/bb und E. 1a/cc) bzw. unabhängig von der Geltendmachung von Zivilforderungen (vgl. E. 1a/dd) zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert ist, ist vorliegend erfüllt. Nötigung ist kein Antragsdelikt. Sie wurde auch nicht im Privatstrafklageverfahren verfolgt.
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Auf die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher nicht einzutreten, soweit sie sich gegen den Freispruch von der Anschuldigung des Nötigungsversuchs richtet.
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bb) Die Beschwerdeführer haben wegen der behaupteten Ehrverletzung vor der ersten Instanz Genugtuungsforderungen geltend gemacht. Die erste Instanz hat nur die Genugtuungsforderung des Beschwerdeführers 2 teilweise, nämlich im Umfang von Fr. 100.--, geschützt.
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Indem der Beschwerdeführer 2 vor dem Kantonsgericht die Abweisung der Berufung des Beschwerdegegners beantragte, hielt er an seiner Genugtuungsforderung, soweit sie von der ersten Instanz geschützt worden war, fest.
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Die Beschwerdeführerin 1 behauptet nicht, dass sie vor dem Kantonsgericht eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, durch welches ihre Genugtuungsforderung abgewiesen worden war, beantragt habe. Es ist daher davon auszugehen, dass sie vor dem Kantonsgericht keine Zivilforderung mehr geltend gemacht hat. Keine der vorgenannten Ausnahmen ist vorliegend gegeben. Es geht nicht um Fragen des Strafantragsrechts als solches. Das Privatstrafklageverfahren fand keine Anwendung, da die Ehrverletzung mit einem Delikt zusammenfiel, das im ordentlichen Verfahren zu untersuchen und zu beurteilen war (siehe Art. 267 StPO/SG; vgl. auch NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des st. gallischen Strafprozessrechts, S. 272). Eine Zivilforderung der Beschwerdeführerin 1 aus der behaupteten Ehrverletzung ist vernünftigerweise nicht denkbar.
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Demnach ist auf die Nichtigkeitsbeschwerde der Beschwerdeführerin 1 auch insoweit nicht einzutreten, als sie die Ehrverletzung betrifft.
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Dagegen ist auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Beschwerdeführers 2 einzutreten, soweit er die Freisprechung des Beschwerdegegners vom Vorwurf der Ehrverletzung anficht. Der Beschwerdeführer 2 hat sich bereits vorher am Verfahren beteiligt, er hat im kantonalen Verfahren eine Zivilforderung geltend gemacht, und der angefochtene Entscheid kann sich auf die Beurteilung seiner Zivilforderung auswirken.
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